Trauerrede von Ekkehard Friebe am Begräbnis von Gotthard Barth am 9. April 1996
Das Samenkorn ist nun bereit!
Ein kurzer Rückblick auf das außergewöhnliche Leben unseres lieben Gotthard Barth
Unser lieber Gotthard ist von uns gegangen. Er hat – da werden Sie mir zustimmen – ein außergewöhnliches Leben geführt. Aber außergewöhnliche Leben dauern oft über den Tod hinaus. Auch in diesem Fall wird es so sein, davon bin ich fest überzeugt.
Gotthard hat schon seit seiner Studienzeit mit unermüdlicher Hingabe für die Wahrheit im allgemeinen, aber vor allem in den Naturwissenschaften gekämpft. Er hat als Wissenschaftskritiker oder, wie es manchmal etwas abwertend heißt,als „Aufsenseiter der Wissenschaft“ mit unerschütterlichem Mut gegen alle Anfeindungen der Öffentlichkeit angekämpft und dabei niemals aufgegeben. Viele andere, die mit ihm gemeinsam oder auch parallel zu ihm an der Erneuerung der Naturwissenschaften arbeiteten, haben nach einer längeren oder kürzeren Wegstrecke ihres Lebens den Mut verloren und sich wieder in das bequeme Leben eines autoritätsgläubiqen Bürgers zurückgezogen.
Nicht so unser lieber Gotthard. Er hat immer wieder, und im Laufe der Zeit immer eindringlicher und unüberhörbarer auf die Mißstände im weltweiten Wissenschaftsbetrieb hingewiesen. Es ging da nicht nur um Irrtümer, die trotz klarer Argumentation von verantwortlichen Stellen immer wieder ignoriert wurden, sondern vor altern um bewußte, mathematisch getarnte Irreführungen und handfeste Betrügereien. Schon 1962, d. h. vor mehr als 30 Jahren, hat Gotthard Barth in seinem Buch: „Rationale Physik – Grundlagen einer Wissenschaft“ in drei Unterkapiteln die Anwendungsgrenzen der Mathematik in der Physik ausführlich behandelt und den häufig anzutreffenden Mißbrauch der Mathematik klar herausgestellt. Dieses Buch ist von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet geblieben.
Sie werden fragen: Gehtört etwas so Unerfreuliches Oberhaupt zu einem Lebensrückblick, zu einer Abschiedsrede? Ich sage: JA! Denn es handelt sich ja um die Würdigung der Verdienste des Verstorbenen. Und diese können nur dann richtig verstanden werden, wenn ein kontrastreiches, wahrheitsgetreues Bild der Situation der vergangenen Jahre gezeichnet wird.
Seit kurzem beginnt es sich in der Öffentlichkeit zu regen. Nicht nur Außenseiter als „Hofnarren der Wissenschaft“ trauen sich, die MiBstände beim Namen zu nennen. Presse, Funk und Fernsehen, die an sich die Aufgabe bätten, in unserer so „freiheitlichen Welt“ auf die genannten Mißstände hinzuweisen, haben – besonders in Deutschland – jahrelang geschwiegen oder sich äußerst zurückhaltend geäuBert. Das hat sich in letzter Zeit, besonders nach der sogenannten „Wende“, zunehmend und ganz auffallend geändert. Denn ich beobachte die Situation schon seit mehr als 15 Jahren.
Beispielsweise am 10. Juli 1995 ist in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel erschienen unter dem Titel: „Scharlatane der Erkenntnis – Geschönt, gefälscht und erfunden: Auch in der Wissenschaft sind Betrügereien verbreitet – und nur die wenigsten werden entdeckt“. Dieser Artikel, den ich Gotthard Ende August 1995 noch zuschicken konnte, nennt am SchluB drei neuere Bücher aus USA, Italien und Deutschland, die detailliert auf die genannte Problematik eingehen.
In zunehmendem Maße werden auch Stimmen von einflußreichen Persönlichkeiten laut. In Hannover hat sich am 27. Februar dieses Jahres eine Arbeitsgruppe zusammengefunden, die ihre Veranstaltung unter das Leitmotiv: „Humenistisctie Mathematik“ gestellt hat. Es wird dort – nahezu erstmals – öffentlich anerkannt, daB Mathematik menschlich ist und folglich auch irren kann.
Das von Gotthard Barth vorbereitete Samenkorn – man k6nnte fast sagen, das in dieser vor uns stehenden Holzkiste von ihm und seiner treusorgenden Ehefrau Margaretha heimlich versteckt wurde – wird schon in Kürze aufgehen, dessen bin ich mir sicher. Ihre Aufgabe, meine hochverehrten Damen und Herren, sollte es sein, sein Gedankengut weiterzutragen, damit sich seine Vision einer von Dogmen befreiten Wissenschaft möglichst bald erfüllt!
Zwingendorf, den 9. April 1996.
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[…] ewige Zweite hinter Franz Klammer bei Schiabfahrtsrennen, auf Platz 100 in die Wertung. Eine der Trauerreden zu Barths Begräbnis am 9. April 1996 in Zwingendorf hielt Ekkehard Friebe. Dr. Reinhard Schlögl (links) hier im […]