Der LHC-Widerstand, die Anti-Atomkraftbewegung und „Der Standard“
Der Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf ist für so manches Märchen gut. Und auch für so manche skurrile Protagonisten des LHC-Widerstands, die „auszogen, sich und anderen das Fürchten zu lernen“. Und wie in Grimms Sammlung stiess einer der Maschinenstürmer, der ewige Doktorand der Philosophie, Markus Goritschnig, mit seinem Ansinnen seit mehreren Jahren ins Leere.
Er nächtigte mit Otto E. Rössler unter dem Fallbeil aus Mini Black Holes, Antimaterie und Dunkler Materie. Auch nachdem sich der furchtlose junge Mann bereits 2008 der rechtspopulistischen Sammlungsbewegung „Rettet Österreich (RETTÖ)“ gegenüber aufgeschlossen zeigte und mit dem „falschen Professor“ Adrian Hollaender eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichte, um der Welt par ordre du mufti das Fürchten zu verordnen, gruselte es aber immer noch niemand. Die angestrebte Fatwa blieb aus und überall dort, wo der auf seiner Mission erfolglose Wiener auftrat und er eine kalte Dusche erhielt, wollte sich immer noch niemand ausser ihm vor dem LHC fürchten.
Schliesslich versiegte das Rinnsal der Aufmerksamkeit und der irrlichternde Philosoph war allein mit sich und seinem Vorhaben. „Wie kann ich der Welt doch noch das Fürchten lehren“, fragte sich Markus Goritschnig und es kam ihm ein genialer Einfall: „Begib dich in ein Spukschloss, in dem sich bereits viele fürchten“, sagte er sich, „und teile deren Gruseln“. Der grösste Teilchenbeschleuniger der Welt sei fortan ein „subnuklearer Reaktor“, orakelte Goritschnig. Denn vor Reaktoren fürchten sich die Menschen, seit Tschernobyl und Fukushima umso mehr.
So entschied sich Markus Goritschnig mit seinem zur one man show degenerierten Auftritt „LHC-Kritik“, sich unter die neu aufgeflammten Anti-Atomkraftproteste nach dem 11. März zu mischen.
Im beschaulichen Staate von „Felix Austria“ gelangen ausgewiesene Versager und gehässige Demagogen nicht nur in politische Ämter. Auch auf den unteren Rängen ist noch Platz, wie Goritschnigs Auftritt bei der SciCom10 andeutete. Bei halbherzigem Debunking, praktiziert auf der diesjährigen GWUP-Konferenz in Wien, sind es dann nur noch ein paar kleine Schritte, um auch im liberalen und seriösen „Standard“ mit einem Gastkommentar unterzukommen.
Legen wir den Beitrag Goritschnigs, „Ars Electronica | Eine unkritische Kooperation mit CERN“, eine um Ecken verfasste Replik auf unseren Artikel Ars Electronica und CERN – „origin | wie alles beginnt“, einmal ins Säurebad. Den Organisatoren von „Ars Electronica“ wird zunächst einmal vorgeworfen, mit CERN eine „unkritische Kooperation“ eingegangen zu sein. Nun, das klärt der Wiener Philosoph am besten mit der Projektleitung selbst, sofern er sich das traut. Ebenso wie den Vorwurf, das Linzer Festival habe sich „naiv wie bedenklich“ zu einer „Propagandaplattform gemacht“. Die Begründungen bleiben im weiteren spärlich und intellektuell nicht besonders anspruchsvoll. Goritschnig hat offensichtlich die Lektion von Otto E. Rössler gelernt: Dagegenhalten ist alles!
Der Large Hadron Collider bei Genf ist nach dem Wiener Maschinenstürmer ein „Monsterprojekt“, „mehr als fragwürdig“ und „höchst umstritten“. Der LHC ist dazu da, um nach „Signaturen vom Zerfall von Schwarzen Löchern und „Strangelets““ zu suchen. Ansonsten empfiehlt sich der Philosophenanwärter bereits für mehr.
Die Grundlagenforschung am CERN sei „unter derzeitigen weltwirtschaftlichen Umständen“ erklärungsbedürftig und „politisch eigentlich kaum vorstellbar“. Da erinnert man sich nicht nur an den gescheiterten Versuch des ehemaligen Wissenschaftsministers und heutigen EU-Kommissar Johannes Hahn, die österreichischen Beiträge zum CERN einzustellen. Hier holt Goritschnig offenbar die populistische Gemeinsamkeit mit „RETTÖ“ ein, sein Eintrittsgeld für eine weiterführende Karriere. In dieselbe populistische Falle gerät Goritschnig weiter, wenn er wirklich gut aufgesetzte Projekte zur Wissenschaftskommunikation, wie die „Weltmaschine“, als „Propaganda-Ausstellung“ und als „rein affirmative Selbstbeweihräucherung“ zu beschädigen versucht. Es wäre, angesichts der technischen und physikalischen Defizite der Maschinenstürmer, sicherlich sinnvoll, wenn sie sich in dieser Wanderaustellung einmal beraten lassen würden. Dazu wird es aber nicht kommen. Grösseres steht auf dem Programm! Im Einklang mit der Besetzung des „Spukschlosses“ nach Japans nuklearem Beben „philosophiert“ der Wiener über die ihn „mitunter beschleichende Stimmungslage der letzten Tage der Menschheit“. Die „Atomforschung“ (sic!) dürfe im Gegensatz zur Kunst nicht „besonders innovativ, revolutionär und […] besonders extrem sein“. Goritschnigs finaler Angriff auf die Grundlagenforschung darf sich dagegen offensichtlich alles erlauben. Möglichst beliebige Dummheiten, Inkompetenz und Unmündigkeit inbegriffen. Solange es keiner mitbekommt, geht auch ein solcher Furor noch durch.
Immerhin funktioniert bei ihm offenbar noch die „Feindbeobachtung“ einigermassen. Das geniale easter egg bei „Ars Electronica“, das „T-Shirt mit der simulierten „Signatur“ des erwarteten Zerfalls eines (hypothetischen) Mikro Schwarzen Loches“ hat er sich noch mal eben aus unserem Artikel geklaut. Und das ist gut so! Hauptsache er trägt das Shirt auch in der Öffentlichkeit.
Die zuständigen Redakteure des „Standard“ müssen sich dafür ebenso wie die Kollegen von Telepolis die Frage gefallen lassen, wie man diesen intellektuell primitiven und wissenschaftsfeindlichen „Gastkommentar“ durchwinken konnte. Dieselbe Frage geht an die Verantwortlichen von oekonews.at, bei denen Goritschnigs Beitrag zwei Tage später online ging.
Nachtrag: Auch Florian Freistetter macht sich seit heute Vormittag seine Gedanken zur Anti-LHC-Propaganda im Standard.
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Na immerhin ist mein Gehirn noch nicht zu sehr verkalkt: 9/9 im beiliegenden Test.
Hallo zusammen,
vielleicht noch als Ergänzung zu den Strangelets diesen Link; im 2.Kommentar hatte ich damals auch noch die beiden Sicherheitsanalysen genannt.
Freundliche Grüsse, Ralf
Ja, 9pt.
Aber 60s Lebenszeit drauf verschwendet.
Hallo Solkar,
mein Browser ist leider nicht so schnell …
Freundliche Grüsse, Ralf