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Wolfgang Tomischko – Auf den Hund gekommen

von Redaktion am 10. Mai 2013

Am Wochenende vom 12. bis zum 14. April war Wien wieder einmal der Nabel der Esoterikwelt. In der Wiener Stadthalle gab es von der Aurafotografie bis zum esoterischen Zimmerbrunnen alles, was das Esoterikherz begehrte. Die österreichische Tageszeitung „Der Standard“[1], widmete im „Thema“ der Wochenendausgabe diesem Ereignis die ganze Seite 2. Ergänzt wurden Michael Simoners Beiträge durch eine interessante „Leserstimme“ auf Seite 34. Sie ist ein Musterbeispiel der unseriösen Propaganda für esoterischen Unfug.

Nirgendwo sonst in Europa sind Esoterikmessen so beliebt wie in Österreich. 3.000 Besucherinnen und Besucher verzeichneten die Organisatoren diesmal. Unter ihnen der Skeptiker Christoph Baumgartner[2]. Waren die Besucher auch zahlreich, hielt sich die Zahl der Aussteller in Grenzen, berichtete er. Gerade eine kleine Halle des weitläufigen Areals war leidlich besetzt. Die Homöopathen fehlten ganz. Ihnen war die Wald-und-Wiesen-Esoterik zu minder – und zu extrem. Wo Esoterik ist, ist der braune Sumpf nicht weit, titelt Baumgartner. Das Deutsche Reich EXISTIERT war im „Magazin 2000plus“ zu lesen, Hitler hat in Argentinien überlebt! verkündete ein anderes Buch und die Bücher des Nazi-Autors Jan van Helsing[3] durften auch nicht fehlen.

Allein in Wien gibt es über 3.100 gemeldete gewerbliche Energethiker[1] (eine Wortschöpfung aus Energie und Ethik). Der vielleicht bekannteste österreichische Energethiker ist Gerhard Köfer. Der Bürgermeister von Spittal an der Drau in Kärnten setzte seine energethischen Künste bei Frank Stronachs Pferden so erfolgreich ein, dass er mit der Position des Landesparteiobmanns für Kärnten im Team Stronach belohnt wurde. Dafür zeigte er seiner Stammpartei SPÖ die kalte Schulter[4].

Das milliardenschwere Geschäft mit der Esoterik lebt von der Leichtgläubigkeit der Menschen, die auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens für den vielgestaltigen Aberglauben tief in die Tasche greifen. Zu recht fordert Michael Horak im Standard auf Seite 2 „Bildung, Bildung, Bildung“[5], um den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich vor unseriöser Geschäftemacherei zu schützen. Denn, so bringt es der Slogan der Science Busters[6] auf den Punkt, „Wer nichts weiss, muss alles glauben“.

Leserstimme von Wolfgang Tomischko in der Tageszeitung DER STANDARD 13. April 2013 (Abriss)

Leserstimme von Wolfgang Tomischko in der Tageszeitung DER STANDARD vom 13. April 2013

Die findigen Gurus, Schamanen, Hexen, Astrologen und Sektenführer versuchen geschickt und oft erfolgreich, ihren „Produkten“ einen scheinbar seriösen Touch zu verleihen. Mit sogenannten „wissenschaftlichen“ Beweisen, Studien und Gutachten wird da nicht gegeizt. Werden diese pseudo- und parawissenschaftlichen Untermauerungen von Verfechtern der etablierten Naturwissenschaften kritisiert, wird ihnen engstirniges materialistisches Denken und Dogmatismus vorgeworfen. So auch von Wolfgang Tomischko, dem Verfasser der „Leserstimme“ im Standard.

Das beginnt bereits mit seinem Titel und Untertitel: Streitobjekt Esoterik: Gesinnung Gassi führen? – Kursorische Anmerkungen zur „wissenschaftlichen“ Kritik an der Naturphilosophie

Tomischko will die Esoterik also in richtiger Weise als Naturphilosophie bezeichnet wissen. Eine geschickte Schönfärberei, klingt Naturphilosophie doch viel seriöser als Esoterik. Das, was heute unter dem Namen Esoterik daherkommt, hat aber schon lange nichts mehr mit Naturphilosophie zu tun. Die Überschriften Tomischkos machen klar, dass der ganze Leserbrief als Schmähschrift zur Abrechnung mit den etablierten Naturwissenschaften gedacht ist.

Das Verhältnis von Naturphilosophie (im Volksmund nicht ganz korrekt auch Esoterik genannt) und Naturwissenschaft ist komplex und vielschichtig. Die inhärenten Konflikte der beiden Geisteshaltungen reichen viel Jahrtausende bis in die Zeit der neolithischen Revolution zurück.

Das Verhältnis der beiden ist keineswegs komplex. Die Haltung der Naturwissenschaft zur Esoterik ist klar und deutlich. Mit Wissenschaft hat Esoterik nichts gemein. Für die Wissenschaft ist die Esoterik bestenfalls ein Gegenstand des einen oder anderen Studienzweigs. Tomischko phantasiert einen Konflikt herbei um die Esoterik auf eine nicht akzeptable Augenhöhe mit der Naturwissenschaft zu heben. Noch dazu völlig unhistorisch bis zu den ersten zivilisatorischen Gehversuchen der Menschheit zurückreichend. Eine Erkenntnis, die sich ihm vermutlich bei einer Reinkarnationstherapie (auch Rückführung genannt) erschlossen hat.

Problematisch bei diesen von Häme und Überheblichkeit geprägten Annäherungen [der Naturwissenschaft an die Esoterik] ist, dass sie unabhängig von den Tatsachen einsetzbar sind und sich der wissenschaftliche Anspruch der „Skeptiker“ oftmals darin erschöpft, ihre Gesinnung Gassi zu führen.

An dem Satz hat Tomischko gründlich gefeilt, um Kritiker esoterischen Unfugs als Gesinnungstäter zu stilisieren. Der von ihm ausgebreitete Kanon an Unterstellungen, Verleumdungen und Diffamierungen ist nur zu gut bekannt. Mit Arglist wird den Vertretern der Naturwissenschaft das unterstellt, was man selbst wohlfeil praktiziert.

Völlig unverständlich bleibt, warum eine seriöse Tageszeitung wie der „Standard“ einen solchen Leserbrief unkommentiert abdruckt. Gerade in dieser Zeitung darf man erwarten, dass gut und verständlich über die Praktiken der Esoterik aufgeklärt wird. Auch in der Printausgabe, nicht nur im Online-Angebot[1][2][3]. In der Printausgabe wird nur der Form halber ein vermeintlicher Gegenstandpunkt als Alibi eingebracht, um damit trotz allem der eitlen Geltungssucht eines Tomischko eine Plattform zu bieten. Einer Geltungssucht, die sich in einer perfiden abschliessenden Täuschung entlarvt. Wolfgang Tomischko signiert seinen Leserbrief mit Wolfgang Tomischko – Institut für Analytische Chemie der Technischen Universität Wien. Diese Unterschrift und sein Hinweis auf ein Zitat seines Studien-Professors im letzten Absatz vermitteln den Eindruck, als sei er ein akademisches Mitglied des Wissenschaftsbetriebes, das eine profunde Selbstkritik abliefert. Ein Blick in das Personalverzeichnis[7] des Instituts für Analytische Chemie offenbart jedoch, dass er als Institutstechniker tätig ist. Zu einem Abschluss seines Studiums der Elektrotechnik mit Titel scheint er es nicht gebracht zu haben. Das mag der Grund dafür sein, dass er an der Naturwissenschaft kein gutes Haar lässt. Alles in allem ein Lehrstück esoterischer Propaganda.

Apropos Propaganda. Vom 1. bis zum 3. November 2013 ist die Halle E am Vogelweidplatz 14 im 15. Bezirk Wiens schon wieder für die Esoterik reserviert. Wem die Eoterik nicht ernsthaft genug ist, hat es nicht weit bis zur Hauptbibliothek am Gürtel in Wien[8]. Und wem auch deren geistige Nahrung nicht reicht; die angrenzenden Wiener Gemeindebezirke 7, 8 und 15, 16 bieten alles, was der knurrende Magen verlangt.

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3 Kommentare | Kommentar schreiben
 
  1. #1 | Solkar | 15. Mai 2013, 17:09

    Apropos Propaganda. Vom 1. bis zum 3. November 2013 ist die Halle E am Vogelweidplatz 14 im 15. Bezirk Wiens schon wieder für die Esoterik reserviert. Wem die Eoterik nicht ernsthaft genug ist, hat es nicht weit bis zur Hauptbibliothek am Gürtel in Wien[8]. Und wem auch deren geistige Nahrung nicht reicht; die angrenzenden Wiener Gemeindebezirke 7, 8 und 15, 16 bieten alles, was der knurrende Magen verlangt

    Wien im November und das noch nach nem übergrossen Happen Dummsülz mit Lichtnahrungsschlagobers?

    Na, bonjour tristesse!

    Das reisst dann auch die ausgezeichnete Wiener Gastronomie nicht mehr raus.

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  2. #2 | Karl | 15. Mai 2013, 18:38

    Esoterik ist eben eine triste Angelegenheit. Abseits von Esoterik haben die Wiener Parks Anfang November ihren eigenen Charme. Das und ein stimmungsvoller Abschluss am Abend beim Heurigen ist sogar einen Wienbesuch im November wert. 😉

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  3. #3 | Solkar | 16. Mai 2013, 12:04

    Abseits von Esoterik haben die Wiener Parks Anfang November ihren eigenen Charme

    Aber hoalt a Scharrm wie a schene Leich oder a barockes Groabmal.

    Ernsthaft – mir drängten sich immer Passagen von Gryphius ins Bewusstein, wenn ich mal im Herbst/Winter in Wien war – zuviel vanitas auf einmal für meinen Geschmack…

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