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Google Street View – Zwischen Datenkrake und Datenschutzhölle

von Redaktion am 12. August 2010

Der Internetkonzern Google hat angekündigt, seinen Street View Dienst jetzt auch in Deutschland anzubieten. Bis Ende des Jahres soll der Strassenpanorama-Dienst für 20 deutsche Städte zwischen München und Hamburg starten. Was in anderen Ländern relativ unproblematisch angelaufen ist, hat in Deutschland zu aufgeregten Reaktionen geführt. Am Widerspruch gegen Googles Absicht, auch aus Deutschland detaillierte Geoinformationen zu veröffentlichen, demonstriert sich die ganze Janusköpfigkeit der Interaktion zwischen Individuum und Gesellschaft.

Google weiss alles über Dich! Oder doch nicht?

Google weiss alles über Dich! Oder doch nicht?

Viele Deutsche nutzen Street View für ihre Ferienplanung, sie haben einen facebook-Account, verbreiten Intimstes bei studiVZ, XING oder in anderen beliebten sozialen Netzwerken. Das eigene Heim mögen die alltäglich Enthemmten aber lieber doch nicht im Netz sehen. Gestützt auf das durch das Bundesverfassungsgericht in den Bereich der unveräusserlichen Menschenrechte gehobene Recht auf “informationelle Selbstbestimmung” laufen Datenschützer und Gelegenheitspopulisten Sturm gegen Google. Gemeinden, die ihren Bürgern noch jeglichen Behördengang zum persönlichen Erscheinen vor dem Amtsvorsteher zumuten, haben als oft einzige e-government Dienstleistung das Mustereinspruchsformular online, mit dem der Einspruch zur Verpixelung der Street View Aufnahmen gestellt werden kann.

Deutschlands Politiker haben in Google jenen Quotentreiber erkannt, den BP durch die Ölpest im Golf von Mexiko im globalen Zirkus ausfüllt. Wirklich wichtige Probleme, die das Geschäftsmodell von Google aufzeigt und brandmarkt, verschlafen aber sowohl die verbeamteten Datenschützer, Regierungsmitglieder und die gewählten Repräsentanten des Volkes. Google ist janusköpfig wie das Volk, das sich diesem Unternehmen bereitwillig und bequem ausliefert. Während das Internetunternehmen mittlerweile an der Netzneutralität sägt, stellt es gleichzeitig über Google-Books das Wissen der Welt ins Netz, das angesichts der beschränkten Mittel der öffentlichen Hand in den Bibliotheken verschimmeln würde.

Wer mit dem Datenkraken vernünftig umgehen will, kann sich nicht auf abstrakte Rechtsbegriffe zurückziehen und gleichzeitig seine eigenen Defizite verstecken. Das gilt für die Behörden wie für Privatpersonen gleichermassen. Was 1983 zur letzten deutschen Volkszählung naiv Gestalt erlangte, ist in der offenen, global vernetzten, kommunikativen Welt nicht mehr zeitgemäss. Aber eine Herausforderung an eine intellektuell offene und zukunftssichere Gestaltung der Beziehung zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit.

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3 Kommentare | Kommentar schreiben
 
  1. #1 | Rudolf Uebbing | 12. August 2010, 23:15

    Letzte Volkszählung in Deutschland nicht 1983, sondern 1987 bitte.

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  2. #2 | Redaktion | 12. August 2010, 23:40

    Lieber Herr Uebbing,

    danke für Ihr Engagement. Zur Volkszählung der 1980er Jahre in der BRD können Sie recht viele Daten annehmen. Geplant war diese bereits für 1981. Das im Artikel angesprochene relevante Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 zur „informationellen Selbstbestimmung“ verzögerte die Durchführung bis ins Jahr 1987. Um dieses Urteil ging es in unserem Artikel, nicht um die konkrete Durchführung dieser Volkszählung an sich. Es ist aber wie immer. Die Jünger des Weltuntergangspropheten Otto E. Rössler nehmen es mit den Fakten eben nicht so genau. Schauen Sie mal in den letzten Forumbeitrag zum LHC-Widerstand bei Alpha Centauri. 😉

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  3. #3 | Frank Specht | 13. August 2010, 01:31

    Moin,

    zurück zum Thema: Datensicherheit im Netz

    Ich hatte vor einigen Wochen einen interessanten Fall in meiner Kundschaft, der allem zuwider lief, was sich Firmen, bzw. deren progressive Mtarbeiter gerade von google erhoffen: Gefunden zu werden!

    Also dieser Mitarbeiter, Angestellter einer Firma und u.a. zuständig für die Online-Präsenz der Firma, befahl uns eine SEO (Suchmachinenoptimierung). Wir haben diese in seinem Sinne durchgeführt.

    Und was passierte dann? Das Foto und die Kontaktdaten zu gerade diesem Mitarbeiter wurden plötzlich bei Google-Suche gefunden. Mittlerweile aber war der besagte Mitarbeiter erkrankt und so befahl er, dass er bitte nicht gefunden werden will.

    Das hieß, explizit seine persönlichen Daten bei google auszuschließen. Ob sich andere Suchmaschinen an dieses Ausschlussverfahren halten, ist eine andere Frage.

    Der Punkt ist: Immer mehr Menschen wollen im Netz gefunden werden, aber bitte nicht mit persönlichen Daten.

    Zu welch‘ politischen Diskussionen dies führen kann, zeigte ja jüngst unsere Ilse Aigner: Ein Facebook-Konto mit Klarnamen einrichten, nicht auf die Parameter achten, und schon ist der Teufel los. Als ob man nicht auch anders an Ilse Aigners Daten kommen könnte.

    Natürlich will ich nicht zwingend Jedem meine Adresse verraten. Aber wirklich geheim ist die nun auch nicht. Da hilft es auch nicht, mich gegen ein google-Kamerawagen zu wehren, um meine Millionen zu schützen. Was sieht das Kameraauge denn mehr als meine Nachbarn?

    Im besten Fall die Aufklärung eines Verbrechens 😉
    Siehe: http://www.taz.de/1/netz/artikel/1/google-street-view-gibt-taeter-preis/

    Abgesehen von all meinen Einwürfen: Ich bin bestimmt der letzte Mensch, der google-Streetview nutzen wird. Ich benutze ja nicht mal ein Mobiltelefon! Für mich ist dieser Dienst völlig überflüssig.

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