Albert Einstein, Aussenseiter, Aussenseiter der Wissenschaft, Deutsche Physik, Einsteins Gegner, Gotthard Barth, Spezielle Relativitätstheorie
Blumen für Gotthard Barth
„Was haben Sie gegen Einstein?“, fragte Inspektor Polt. „Ich weise ihm elementare Rechenfehler nach. Das macht ihn mir mehr als verdächtig. Ob Genie oder nicht.“
So lernt Inspektor Polt, stiller Antiheld einer ganzen Reihe von Kriminalromanen des österreichischen Schriftstellers Alfred Komarek, den Privatgelehrten Dieter Wehdorn kennen. Im Roman nennen ihn die Bauern der Umgebung den „Professor“. In der weniger romantischen Realität ist er bestenfalls der geduldete Zuagraste (österreichisch für „der Zugewanderte“), der „Dichter Bradlei“.
So fand Gotthard Barth als Dieter Wehdorn seine Verewigung im Kriminalroman und dessen Verfilmung. Gotthard Barth hat Alfred Komarek aber nicht nur als Romanfigur interessiert. Im Buch „Weinviertel – Tauchgänge im grünen Meer“ 1998 und in einem Artikel des Diners Club Magazin 1988, „Vergessen wir Einstein“ oder in einem Artikel der Kulturnachrichten aus dem Weinviertel 1994, „Bienen hab’ ich auch“, wird der Aussenseiter Barth erwähnt. In den Tauchgängen schreibt er über Barth:
Über zwanzig Jahre gab er die Zeitschrift „Wissen im Werden“ heraus. Wichtigster Autor, Satz, Druck und Vertrieb: Gotthard Barth. Der erhoffte Erfolg, nämlich eine Revolution der Wissenschaft, blieb aus. Aber die verschworene Gemeinde der Fechter wider Einstein schätzt Barth noch heute als unermüdlichen Feuergeist. Und wer die Namen der Professoren liest, wird zumindest nicht mehr annehmen, es handle sich um einen Haufen Idioten. Auch macht sich ja nach und nach die Erkenntnis breit, dass die Propheten der herrschenden Lehrmeinungen ein wenig selbstherrlich agieren.
Hier irrt Komarek. Barth war die Erkenntnis der Physik versagt und die elementaren Rechenfehler wies er nicht Einstein nach. Es waren die eigenen elementaren Rechenfehler, die er verkündete. So schrieb Gotthard Barth im Mai 1994 an seine Freunde in einer Einladung zum „Gespräch im Garten – Wissen und Denken, Problem eines langes Lebens“:
Mit den betruegerischen Rechnungen von Lorentz komme ich nur muehsam klar.
Gemeint ist die mathematisch wenig anspruchsvolle Lorentztransformation, die Barth bis dahin schon viele Male in seiner Zeitschrift „Wissen im Werden“ z.B. als Dummheit und Betrug an den Pranger gestellt hatte. Aber 1994, zwei Jahre vor seinem Tod, kommt Barth mit ihrem Verständnis nur „muehsam klar“.
Barths Freund der letzten Jahre, Adolf Haider, beschreibt Gotthard Barth als Freidenker, also als einen Menschen, der sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen, frei von jeder religiösen Bindung, orientiert und Barth selbst mag sich tatsächlich als solchen empfunden haben. Barth scheint sein Freidenkertum auch als Befreiung von historischer Verantwortung verstanden zu haben. Zeit seines Lebens erfüllte Barth eine wichtige Brückenfunktion zwischen der „Arischen Physik“ des Dritten Reiches und der neuzeitlichen „Rationalen Physik“. Er versammelte, nicht ohne Stolz, selbst antisemitisch motivierte Kritiker aus der Bewegung der „Arischen Physik“. Der unermüdliche Feuergeist Barth mag ob seines hoch gesteckten Zieles darüber unbeachtet hinweggesehen haben. Der düstere Schatten eines zerstörerischen und menschenverachtenden Regimes ist das bleibende Erbe des Wirkens von Gotthard Barth. Naturwissenschaftlich hat der gescheiterte Aussenseiter nichts zu bieten. Übrig bleibt die komische Burleske, die uns Alfred Komarek in seiner Romanfigur präsentiert.- Diskutiere mit anderen Lesern dazu im Forum Alpha Centauri
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