9/11 aus meiner Sicht

 
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pauli



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 13:29    Titel: 9/11 aus meiner Sicht Antworten mit Zitat

Ich war zu dem Zeitpunkt mit mehreren Kollegen bei den Stadtwerken in Hannover in der IT beschäftigt, als mich ein Anruf eines Kollegen erreichte. Da der Handyempfang in dem Betonklotz zu schlecht war, musste ich auf die Straße, nach und nach kamen andere Kollegen raus, die ebenso ungläubig am Handy hingen.

Ein Riesenproblem war, dass nur ein einziger PC für Internet freigeschaltet war, kein Radio, nichts. Endlich kam der Projektleiter mit PC-Zugang, sofort bildete sich eine Traube von 10 - 12 Leuten um den Bildschirm.

In Absprache mit dem Kunden ging das Team gegen 13:00 Uhr auseinander, wieder in HH gleich vor TV, ein Freund kam noch vorbei, zusammen saßen wir bis 6:00 morgens vor dem Fernseher, rauchten dabei sicher 3 Schachteln Zigaretten und tranken mehrere Liter Kaffee.


Man kann zum resultierenden US-Einsatz im Irak stehen wie man will, was mich aber ungemein angekotzt hat war das Verhalten von Gerhard Schröder:
Noch vor dem offiziellen Statement von George Bush hat Schröder den Anschlag öffentlich im TV als "Kriegserklärung an die westliche Welt" bezeichnet und später, opportunistisch wie es seine Art war, den Irak-Einsatz, ganz im Einklang mit dem herrschenden pauschalen Anti-Amerikanismus, verurteilt.
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Also ich erinnere mich auch noch recht genau - kurz nach 15 Uhr hat jemand gesagt, ein Flugzeug sei ins WTC geflogen. Wir haben ihn ausgelacht, doch als wir dann plötzlich mehr Infos bekamen, ist das Lachen rasch vergangen. In cnn.com kam man nicht mehr hinein, auch die Schweizer Zeitungen im Internet waren überlastet, doch ich kam ausgerechnet bei bild.de ins Internet, später bei einer Lokalzeitung, wo meine Eltern wohnen.

Die Stimmung war total unheimlich: die einen versuchten, ins Internet zu kommen, andere riefen per Handy ihre Familie zuhause an, die das ganze am Fernsehen mitbekamen; andauernd gab es neue Informationen, sowieso hat niemand mehr gearbeitet, irgendwie war das alles so unfassbar, so unreal …

So unreal ist es mir auch bis heute geblieben.

Zum ersten "Jahrestag" bin ich über Mittag in Zürich in eine Kirche gegangen, mein Chef hatte mir freigegeben; ich war der einzige dort.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Miriam



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 14:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ich erinnere mich auch noch recht gut an den Tag vor sechs Jahren, ich war damals gerade auf dem Heimweg als ich im Radio die erste Durchsage hörte, dass ein Flugzeug in einen Turm des WTC geflogen sei. Ich weiß noch, dass ich mit einem Schulfreund erst noch diskutiert habe, was das denn für ein unglaublicher Fehler des Piloten gewesen sei, in ein solches Gebäude zu steuern. Kurz darauf kam dann die Nachricht von dem zweiten Einschlag, damit war dann schlagartig klar, dass es sich eben nicht um einen Unfall handeln konnte...

Den restlichen Nachmittag habe ich dann komplett vor dem Fernseher verbracht...


@Pauli: Deine Einschätzung bezüglich Schröder teile ich, der erste Jahrestag fiel ja genau in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs 2002 und dieser gnadenlose Populismus des damaligen Kanzlers hat mich förmlich abgestoßen.
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as_string



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo pauli!

Das war bei mir so ähnlich. Ich habe damals in einer Neue-Medien-Firma gearbeitet und hatte noch eine alte TV-Karte in meinem Rechner (war mein privat PC). Als wir das im Internet mitbekamen, holte ich die Zimmerantenne, die wir im Konfi stehen hatten, und habe meinen PC kurzerhand zum TV-Gerät erklärt. So hat sich binnen Minuten auch vor meinem Monitor eine Menschentraube eingefunden.
Ich dachte ja nach dem ersten Flugzeug-"Einsturz" noch vehement an einen Unfall. Zwar völlig unerklärlich, wie so was passieren können soll, aber einen Anschlag hielt ich für noch viel unerklärlicher. Diese Hoffnung, wenn man es so nennen kann, wurde dann aber durch die folgenden Ereignisse jäh widerlegt...

Ich hatte damals Kontakt zu einem Amerikaner per E-Mail. Wir kannten uns über eine Mailing-List (damals waren Internet-Foren dieser Form noch nicht so verbreitet) und hatten uns dann auch öfter mal unabhängig von der Mailingliste persönlich gemailt. Ich war mir gar nicht sicher, wo genau er wohnt, hatte mir aber Sorgen gemacht, dass ihm oder seiner Familie vielleicht etwas passiert sein könnte. Ich hatte ihm dann gleich eine Mail geschrieben, allerdings war er wohl am 11. September doch recht weit von den entsprechenden Orten entfernt. Bei ein paar anderen Bekannten war ich mir sicher, dass sie zu dieser Zeit in Florida waren, also auch ziemlich weit von NY und Pentagon entfernt.

Insgesamt musste ich aber an mir selbst in erster Linie eine Sensationsgier feststellen, für die ich mich in der Folgezeit eigentlich schäme, nachdem mir selbst das bewusst wurde. Da hängt man stundenlang vor der Glotze, und sicherlich nicht nur, weil man sich Sorgen um die vielen Menschenleben und die Konsequenzen aus der Ereignissen macht, sondern besonders aus dieser großen Entfernung auch einfach aus Sensationslust. Ich denke, dass das auch der Hauptgrund für die Verschwörungstheorie rund um 9/11 ist, aber dieses Thema sollte vielleicht nicht schon wieder aufgewärmt werden.

Zu den politischen Dimensionen: Ich denke, dass jeder verstanden hat, warum gegen die Taliban in Afghanistan vorgegangen wurde, aber eine Verbindung zum Irak war ja offensichtlich konstruiert. Außerdem wurden ja eigentlich die - nicht vorhandenen - Massenvernichtungsmittel als Grund dafür angeführt, wenn das auch anscheinend den US-Bürgern nicht richtig bewusst war, wie man in vielen Umfragen in der Folgezeit feststellen konnte. So weit ich mich erinnern kann, wurde der Afghanistan-Einsatz ja schon unterstützt und da war der Anti-Amerikanismus auch noch nicht so groß. Ich persönlich denke schon, dass die Bush-Regierung eine gewisse Mitschuld an dem Anti-Amerikanismus hatte, der sich besonders in der Folgezeit aufgebaut hat.

Allerdings gebe ich Dir recht, dass man über Irak sicherlich geteilter Meinung sein kann. Ich denke einfach, dass man schon noch Alternativen zu einem militärischen Vorgehen gehabt hätte, aber da liegen mir sicherlich auch nicht genug Informationen vor, um so etwas beurteilen zu können. Im Nachhinein hat sich das Vorgehen sicherlich aber als Fehler heraus gestellt.

Gruß
Marco
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Chlorobium



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ich war damals auf einem Workshop an der ETH in der Schweiz. Das Gebäude,
in dem wir untergebracht waren, lagt schön ruhig am See und war von diesen
hohen Berg umrahmt. Die beteiligten Personen waren alle guter Stimmung. Bis
eines Morgens dieser Schwede (hab seinen Namen vergessen) mit einem Aus-
druck aus dem Internet in die Pausenecke kam. Es gab für uns keinen Zugang
zu TV, Radio oder Internet. Alle starrten auf diesen Ausdruck und dachten an
einen Unfall.

Nach und nach kamen im verlauf des Tages immer mehr Informationen zu uns
durch. Das Gefühl, da stimmt etwas nicht, machte sich immer mehr unter den
Leuten dort breit. Am Abend hab ich es dann nicht mehr ausgehalten und bin
mit dem Bus in die Stadt, um dort am Bahnhof mit meiner Freundin und meinen
Eltern zu telefonieren. Erst als ich deren Stimmen hörte wurde mir der ganze
Schrecken dieser Geschichte klar. So hat mein Vater mir beschrieben wie dort
einige Menschen vor laufender Kamera aus den Fenstern gesprungen sind, nur
um nicht in den Flammen zu verbrennen. Dieses Telefongespräch werde so wohl
nie vergessen.

Sicher hat Schröder damals die Situation für seinen Wahlkampf kompromislos
ausgenutzt. Aber von Rückratlosigkeit könnte man nur dann sprechen, wenn
er nach dem Wahlkampf umgefallen und auf den Kurs der Amerikaner einge-
schwenkt wäre. Ist er aber nicht. Er ist seinem Kurs zumindest an diesem Punkt
treu geblieben. Wenn man aber an diesem Punkt Schröder schon vorwürfe macht,
dann sollten aber bitte auch all die anderen Schreihälse mal erwähnt werden.

Wo sind denn jetzt all die Industrie- und Handelsvertreter, die damals bei Schrö-
ders Kurs in jeder Talkshow von den möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen
für ihr Unternehmen sprachen, wenn Deutschland den Kurs der USA nicht folgt?

Wo sind sie? Meinem Eindruckt nach hätten diese Leute sofort das Leben einiger
Deutscher Soldaten für ein Geschäft in den USA geopfert.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an die Aussagen von Peter Scholl-Latour
vor dem Begin des 2. Irak-Kriegs erinnern. Sinngemäß sagte er:

Was glauben die Amerikaner im Irak mit all seinen religiösen und politisch unter-
schiedlichen Strömungen zu erreichen? Selbst Israel mit einer der am besten aus-
gerüsteten und trainierten Armee der Welt befindet sich seit jahrzehnten in einem
blutigen Kampft gegen die Palästinenser, ohne daß sich ein Sieg in diesem Krieg
überhaupt abzeichnet.

Auch wenn ich P. Scholl-L. als ein arrogantes A... empfinde, aber der Mann weiß
an diesem Punkt halt wovon er spricht. Und die Zeit hat ihm aus meiner Sicht
leider recht gegeben.
_________________
mfg
Chlorobium (der Farbe wegen)
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 11.09.2007, 18:59    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

pauli schrieb am 11.09.2007 13:29 Uhr:
was mich aber ungemein angekotzt hat war das Verhalten von Gerhard Schröder:
Noch vor dem offiziellen Statement von George Bush hat Schröder den Anschlag öffentlich im TV als "Kriegserklärung an die westliche Welt" bezeichnet und später, opportunistisch wie es seine Art war, den Irak-Einsatz, ganz im Einklang mit dem herrschenden pauschalen Anti-Amerikanismus, verurteilt.



Hallo pauli,

also ich sehe hier keinen Widerspruch und das stundenlange Abtauchen des US-Präsidenten ist damals ja von manchem kritisiert worden. Ich denke, es war richtig, dass der Bundeskanzler etwas dazu gesagt hat. Ich weiss nun nicht mehr, wie die anderen Staatschefs (z.B. Frankreich, Grossbritannien oder Russland) reagiert haben, aber ich denke, Schröder hat angemessen reagiert.

Und ich möchte auch Präsident Bush - trotz meiner Dissonanz zu ihm - nicht kritisieren: Der Schlag ging gegen die USA, es waren "seine" Landsleute, für die er ja irgendwie verantwortlich ist, betroffen und der Schlag war ja so was von unfassbar, dass es uns hier aus der Ferne nicht zusteht, das Verhalten der Amerikaner die ersten 24 Stunden "danach" zu beurteilen, ich denke, man muss es ihnen zubilligen, dass die Nation unter Schock stand.

Dass Schröder dann später konsequent gegen den Irak-Krieg war, hat ihm übrigens meine Stimme eingebracht, ich hätte sonst jemanden anderes gewählt.

Freundliche Grüsse, Ralf
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