Was bedeutet Energieerhaltung in der ART ?

 
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 24.03.2006, 20:39    Titel: Was bedeutet Energieerhaltung in der ART ? Antworten mit Zitat

Im Astroforum habe ich Ende Januar mit Dilaton eine kleine Erörterung, was eigentlich Energieerhaltung in der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) bedeutet. Dilaton beschreibt, dass die Antwort nicht trivial sei und in der Regel die Spreu vom Weizen trennt, was die Leute angeht die ART wirklich verstanden haben und die, welche nur meinen sie verstanden zu haben.
Also warum widerspricht die Urknall Theorie nicht der Energieerhaltung?

Ich habe damals zu diesem Thema einen eigenen Thread eröffnet, aus dem ich auch hier zitiere (http://www.astronews.com/forum/showthread.php?t=589).
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Urknall und Energieerhaltung:

Als erstes sei angemerkt, dass Erhaltungsätze keine Postulate darstellen sondern aus einer Theorie abgeleitet werden können.

Dazu dient das so genannte Emmy Noether Theorem, das besagt:

Zu jeder Erzeugenden einer Symmetrie des Wirkungsfunktionals existiert genau ein Viererstrom j dessen kovariante Viererdivergenz verschwindet.

Das räumliche Integral über die Nullkomponente dieser Viererdivergenz stellt eine Erhaltrungsgröße dar. Genau hier liegt das Problem der ART:
Über welche 3D Hyperfläche muss ich integrieren?
Nun man muss das Integral so ansetzen, dass man letztlich eine Größe hat die Teil eines Tensors ist, dessen Stufe gegeüber j um eins erniedrigt ist.

Welche Symmetrie liegt der Energie - Impuls - Erhaltung zu Grunde:

Translationsinvarianz

-> Verschiebungen bezüglich vier Koordinaten - > vier Erzeugende
-> ein Energiestrom und drei Impulsströme = Energie Impulstensor
-> vier Erhaltungsgrößen (Energie und drei Impulse)


Die kosmologischen Friedmann Modelle sind aus den Einsteinschen Gleichungen abgeleitet wurden.
Aus jeder Feldtheorie auf dem Hintergrund einer Friedmann Raumzeit lassen sich vier Erhaltungsströme und vier Erhaltungsgrößen, auf der Basis der Translationsinvarianz ableiten*. Ob man diese Erhaltungsgrößen nun Energie und Impuls oder Meier und Schulze nennt ist Geschmackssache.
Interssant sind die Hyperflächen über die man letzlich integriert hat.
Diese können in hochrelativistischen Raumzeiten schon recht seltsame Formen annehmen.

* Aufgrund dessen, dass in allgemein kovarianten Feldtheorie die Metrik als dynamische Größe enthalten ist variiert man einfach die Wirkung nach der Metrik, um die allgemeinrelativistischen Noetherströme zu erhalten.
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Freundliche Grüsse, Ralf
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Erik



Anmeldedatum: 28.03.2006
Beiträge: 565

BeitragVerfasst am: 28.03.2006, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

ralfkannenberg schrieb am 24.03.2006 19:39 Uhr:
Im Astroforum habe ich Ende Januar mit Dilaton eine kleine Erörterung, was
eigentlich Energieerhaltung in der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) bedeutet.
Dilaton beschreibt, dass die Antwort nicht trivial sei und in der Regel die Spreu
vom Weizen trennt, was die Leute angeht die ART wirklich verstanden haben und die,
welche nur meinen sie verstanden zu haben.




Ich bin zwar in Sachen ART eher Spreu als Weizen, aber ich kann mal versuchen wiederzugeben, was ich so aufgeschnappt habe. Ist aber ohne Gewähr. Es stellt gewissermaßen einen Gegenstandpunkt zu Ralfs Meinung dar.


Zitat:


Also warum widerspricht die Urknall Theorie nicht der Energieerhaltung?




Ich glaube die korrekte Antwort ist, daß sie das sehr wohl tut. In der ART gilt im allgemeinen keine Erhaltung der Gesamtenergie. Sie ist nur lokal erhalten in dem Sinne, daß in jedem Ereignis ein Bezugssystem gefunden werden kann (lokales Inertialsystem), so daß das Intergral der Energiedichte über ein hinreichend kleines Volumen sich nur durch Energie-Strom durch die Randflächen ändert. Bei hinreichend großem Volumen, geht diese Eigenschaft aber verloren.

Der Grund ist, daß es nicht möglich ist eine lokale Energie-Impuls-Dichte des Gravitationsfeldes zu definieren. Im allgemeinen gilt, daß der Energie-Impuls-Tensor der Materie nur kovariant erhalten ist

D_m T^mn = 0,
d.h.

d_m T^mn =
Gamma-Terme.


Gamma-Terme sind hier die Terme, die die Zusammenhamngskoeffizienten des Paralleltransports
enthalten und stellen den Einfluß der Gravitation dar. Aus dem Satz von Gauß folgt dann aber (mit den üblichen "gutmütigen" Randbedingungen) für den Vierer-Impuls


P^m(nachher) - P^m(vorher) = int d_m T^mn d4x = int D_m T^mn d4x +
Gamma-Integral = Gamma-Integral.

Der Viererimpuls ist also nur bis auf ein Integral über die Gamma-Terme zeitlich konstant.

Der Fall sieht zunächst analog zur E-Dynamik aus, in der für den Energie-Impulstensor des elektromagnetischen Feldes


d_m T^mn = 1/2 g^mk F_kl j^l
gilt.


Allerdings kann man anders als hier die Gamma-Terme nicht einfach als Austausch von Energie/Impuls des Gravitationsfeldes mit der Materie deuten, denn sie hängen nicht wie Tensorkomponenten von der Wahl des Bezugssystems ab. In lokalen Inertialsystemen sind alle Zusammenhangskoeffizienten (an einem Punkt) null, und es gilt lokal


D_m T^mn = d_m T^mn = 0,
also für kleine Volumina

d P^m/dt = 0, wenn T^mn = 0 am Rand des Volumens.

Eine global erhaltene Energie läßt sich nur für bestimmte Lösungen der Feldgleichungen konstruieren, in denen ein Koordinatensystem existiert, so daß die Metrik g_mn zeitunabhängig ist. Technisch bedeutet dies, daß ein zeitartiges Killing-Vektorfeld existiert, Zeittranslationen also
Isometrien von g_mn sind.

Dies ist im kosmologischen Standardmodell aber nicht möglich, da sich das Universum ausdehnt. Deswegen gilt keine Erhaltung der Gesamtenergie des Universums (obwohl lokale Erhaltung nach wie vor gegeben ist). Man sieht dies z.B. daran, daß die Hintergrundstrahlung
immer stärker rotverschoben wird, ohne daß dieser Energieverlust der Photonen in anderer meßbarer Form wieder auftaucht.


Zitat:


[...]
Die kosmologischen Friedmann Modelle sind aus den Einsteinschen Gleichungen abgeleitet wurden.
Aus jeder Feldtheorie auf dem Hintergrund einer Friedmann Raumzeit lassen sich vier Erhaltungsströme und
vier Erhaltungsgrößen, auf der Basis der Translationsinvarianz ableiten*.




Ströme ja, aber diese eignen sich im allgemeinen nicht zur Konstruktion von globalen Erhaltungsgrößen.

Erik
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