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Miriam
Anmeldedatum: 26.07.2006 Beiträge: 3072
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 28.07.2010, 16:10 Titel: |
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Hallo zusammen,
ich finde dieses Projekt macht wirklich einen guten und hoffnungsvollen Eindruck. Allzu gerne erinnert man sich an die letzten Meldungen vom LEP und die damit verbundene Hoffnung das Higgs vergleichsweise preisgünstig nachzuweisen. Auch angesichts der unsinnigen Schlammschlacht rund um den LHC, die vielleicht lediglich durch ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis genährt wird, möchte man hoffen, dass mit dem ILC die Elementarteilchenphysik wieder einen entscheidenden Schritt weiterkommt, wenn auch erst im nächsten Jahrzehnt.
Beinahe möchte man darüber spekulieren, was passieren würde, wenn man einen großen Teil der finanziellen und technischen Kapazitäten des LHC diesem Projekt zuordnen würde. Aussgehend von dem verlinkten ScienceBlog scheint auch die EDV-technische Auswertung am ILC deutlich schlanker und effektiver zu sein, was dem Image dieses Projektes sehr zuträglich ist.
MfG |
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Benni
Anmeldedatum: 26.06.2010 Beiträge: 205
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Verfasst am: 28.07.2010, 18:36 Titel: |
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Ich denke nicht, dass man den ILC detailliert planen sollte bevor endlich LHC Resultate da sind.
Der Elektronen Positronen Kollider ILC hat gegenüber dem LHC natürlich den Vorteil präzisere Analysen machen zu können. Im Wesentlichen wäre der ILC Interessant, wenn man supersymmetrische Partnerteilchen zu den bereits bekannten Elementarteilchen am LHC finden würde, die man alle genau vermessen muss. Das ist aber aufgrund der enormen theoretischen Probleme die bei der Brechung der Supersymmetrie auftreten, sehr unwahrscheinlich.
Findet der LHC dann nur ein Higgs oder schlimmstenfalls auch gar nichts, dann sollte man den nächsten Beschläuniger gleich mit weit höherer Energie bauen, als sie der ILC bietet.
Das wäre dann das CLICK Konzept des Cern, das aber noch in weiter ferne liegt.
So wie es aber aussieht, sollte man dringend auf LHC Resultate warten.
Mit einem Beschleuniger zur Vermessung der Supersymmetrie kann man nichts anfangen, wenn es keine Supersymmetrie gibt. |
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nomad
Anmeldedatum: 09.01.2009 Beiträge: 117
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Verfasst am: 09.08.2010, 10:45 Titel: |
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Benni hat Folgendes geschrieben: | Ich denke nicht, dass man den ILC detailliert planen sollte bevor endlich LHC Resultate da sind.
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Die typischen Vorlaufzeiten für Hochenergie-Teilchenbeschleuniger bei höchsten Energien sind inzwischen weit mehr als 20 Jahre (erste Planungen bis Baubeginn). Die technischen Planungen sind extrem kompliziert und man würde unnötig Zeit verschwenden, wenn man mit den Detailplanungen warten will, bis LHC-Ergebnisse vorliegen. Man muss aber natürlich mit einer Bauentscheidung warten, das ist klar. Niemand will eine Maschine haben, die von vornherein keine interessanten Ergebnisse liefern wird.
Zitat: |
Der Elektronen Positronen Kollider ILC hat gegenüber dem LHC natürlich den Vorteil präzisere Analysen machen zu können. Im Wesentlichen wäre der ILC Interessant, wenn man supersymmetrische Partnerteilchen zu den bereits bekannten Elementarteilchen am LHC finden würde, die man alle genau vermessen muss. Das ist aber aufgrund der enormen theoretischen Probleme die bei der Brechung der Supersymmetrie auftreten, sehr unwahrscheinlich.
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Das ILC-Physikprogramm beruht nicht auf SUSY. Man würde den ILC (oder einen anderen Lepton-Collider) in erster Linie für das Higgs selber brauchen. Der LHC wird das Higgs finden, wenn es existiert. Aber wenn man das Higgst hat, dann fängt die Arbeit erst an: Quantenzahlen bestimmen (Spin, Parität,etc.), Masse präzise messen, wieviele Higgse gibt es überhaupt (SUSY braucht mindestens 5), und am allerwichtigsten: den Higgs-Mechanismus zur Massengeneration nachweisen. Dazu muss man die Kopplungen des Higgs an die bekannten massiven Fermionen und Bosonen präzise bestimmen, d.h. die Verzweigungsverhältnisse der Higgs-Zerfälle messen. Nur wenn die in Relation zu den Massen der Teilchen stehen, ist der Higgs-Mechanismus existent. Und der LHC kann das so nicht.
Und dann gibt es natürlich noch jede Menge anderer interessanter Physik: Top-Quarks (die gibt es ja definitiv), extra dimensions, andere exotische Theorien BSM (beyond the standard mode), etc.
Zitat: |
Findet der LHC dann nur ein Higgs oder schlimmstenfalls auch gar nichts, dann sollte man den nächsten Beschläuniger gleich mit weit höherer Energie bauen, als sie der ILC bietet.
Das wäre dann das CLICK Konzept des Cern, das aber noch in weiter ferne liegt.
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Sicher wird die Entscheidung ob ILC oder CLIC oder meinetwegen auch der Muoncollider die nächste wichtige Maschine wird von den LHC-Ergebnissen abhängen. Den ILC könnte man sofort bauen, CLIC in 20 und den Muoncollider in 40 Jahren.
Zitat: |
So wie es aber aussieht, sollte man dringend auf LHC Resultate warten.
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Tut man ja.
Zitat: |
Mit einem Beschleuniger zur Vermessung der Supersymmetrie kann man nichts anfangen, wenn es keine Supersymmetrie gibt. |
Logisch richtig, die sachlichen Grundlagen sind so aber falsch.
nomad. |
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Benni
Anmeldedatum: 26.06.2010 Beiträge: 205
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Verfasst am: 09.08.2010, 18:48 Titel: |
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Zitat: | Dazu muss man die Kopplungen des Higgs an die bekannten massiven Fermionen und Bosonen präzise bestimmen, d.h. die Verzweigungsverhältnisse der Higgs-Zerfälle messen. Nur wenn die in Relation zu den Massen der Teilchen stehen, ist der Higgs-Mechanismus existent. Und der LHC kann das so nicht.
| Ist der LHC tatsächlich derart unpräzise dass er selbst damit Probleme hat? (als Theoretiker hat man von sowas ja keine Ahnung....)
Zitat: | extra dimensions, andere exotische Theorien BSM | Von sowas reden in der Regel nur Exis welche die schlecht begründeten Arbeiten in denen sowas propagiert wird nicht gelesen oder verstanden haben. Sogar das Higgs ist weil es formal irgendwie nicht so zu den bisherigen teilchensorten "passt" eine ziemlich gewagte Hypothese ("Weinberg's toilet" nennt es Sheldon Glashow gar), die man nur nimmt, weil alle anderen Versuche Mechanismen zur elektroschwachen Symmetriebrechung zu finden Probleme machten. |
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nomad
Anmeldedatum: 09.01.2009 Beiträge: 117
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Verfasst am: 10.08.2010, 09:05 Titel: |
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Benni hat Folgendes geschrieben: | Ist der LHC tatsächlich derart unpräzise dass er selbst damit Probleme hat? (als Theoretiker hat man von sowas ja keine Ahnung....)
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Allerdings. Und wenn Sie, wie Sie jetzt selbst zugeben, keine Ahnung haben, dann sollten Sie mit Ihren Statements etwas vorsichtiger umgehen.
Zitat: | Von sowas reden in der Regel nur Exis welche die schlecht begründeten Arbeiten in denen sowas propagiert wird nicht gelesen oder verstanden haben.
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Kennen Sie das hier?
http://ilcdoc.linearcollider.org/record/6321/files/ILC_RDR_Volume_2-Physics_at_the_ILC.pdf
Vielleicht kennen Sie ja selbst den einen oder andern Author. Ich bin sicher, die Mehrheit derer würde Ihnen gerne helfen Ihre etwas naiven Ansichten über Kompetenzen von Kollegen (so Sie denn schon einer sein sollten) auf die reale Achse zu bringen.
Zitat: |
Sogar das Higgs ist weil es formal irgendwie nicht so zu den bisherigen teilchensorten "passt" eine ziemlich gewagte Hypothese ("Weinberg's toilet" nennt es Sheldon Glashow gar), die man nur nimmt, weil alle anderen Versuche Mechanismen zur elektroschwachen Symmetriebrechung zu finden Probleme machten. |
Eben. Deswegen muss man ja auch präzise Überprüfen, ob was immer man am LHC auch für ein Higgs-ähnliches Gebilde finden sollte, auch tatsächlich das Higgs ist. Und das wird mit dem LHC sicher nicht gelingen.
nomad. |
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Benni
Anmeldedatum: 26.06.2010 Beiträge: 205
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Verfasst am: 10.08.2010, 19:19 Titel: |
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Zitat: | Vielleicht kennen Sie ja selbst den einen oder andern Author. Ich bin sicher, die Mehrheit derer würde Ihnen gerne helfen Ihre etwas naiven Ansichten über Kompetenzen von Kollegen (so Sie denn schon einer sein sollten) auf die reale Achse zu bringen. | Das verlinkte pdf handelt sich um ein typisches Exi dokument.
Um zu sehen, wie naiv die Modelle mit Extradimensionen, Supersymmetrie etc sind, reicht eben sowas nicht aus. Da müssen sie schon die theoretischen Modelle intensiv selbst studieren.
Ich würde allen Exis dringend raten, das zu tun.
Die Theoretiker bewerben ihre Ideen zuweilen Agressiv. Und ein Exi, der dann ein Papier über grosse Extradimensionen bekommt, in dem ein Zerfallsmuster beschrieben wird, dass Messbar ist, denkt dann viel zu schnell daran, dass er da was tolles nachmessen könnte. Wie unmotiviert diese Modelle sind merkt man erst dann, wenn man die eigentlichen theoretischen Arbeiten selber liest.
Was Modelle mit großen Extradimensionen anbelangt, reicht es die entsprechenden Originalarbeiten von Randall und Arkani-Hamed zu lesen.
Randall Sundrum
http://arxiv.org/abs/hep-th?papernum=9906064
http://arxiv.org/abs/hep-ph?papernum=9905221
Arkani-Hamed
http://arxiv.org/abs/hep-ph/9803315
http://arxiv.org/abs/hep-ph/9804398
(Besonders bei Arkani Hamed frage ich mich immer, was der eigentlich raucht, um solche Phantasien zu produzieren)
für Supersymmetrie empfehle ich zunächst:
http://arxiv.org/abs/hep-ph/9709356
Und dann Steven Weinberg, Quantum theory of fields, volume 3
Supersymmetrie
http://www.amazon.de/Quantum-Theory-Fields-Supersymmetry/dp/0521670551/ref=pd_sim_eb_13
(wenn man dann sieht, wie Hilflos versucht wird, diese Symmetrie zu brechen, dann wird vielleicht auch ein exi merken, dass es da nichts zu messen gibt, weil diese Theorien unrealistisch sind.
Für Stringtheorie empfehle ich zuerst den Becker, Becker Schwarz, Superstringtheory and M Theory, a modern introduction
http://www.amazon.de/String-Theory-M-Theory-Modern-Introduction/dp/0521860695
Da lernt man dannn schon in den ersten Kapiteln, wie das Tachion in der Stringtheorie "weg-geeicht" wird (es verschwindet auch mit Supersymmetrie nicht, man braucht dann eine weitere art "Eichung)
Und danach Polchinski, String theory vol 1+2.
http://www.amazon.de/String-Theory-Introduction-Bosonic/dp/0521672279/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1281463289&sr=1-1
http://www.amazon.de/String-Theory-II-Superstring-Beyond/dp/0521672287/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1281463289&sr=1-2
Bei Polchinski lernt man schon im ersten Volumen, was ein Dilaton ist, und warum dieses Feld praktisch beliebig gewählt werden kann und die Theorie dann jedesmal komplett anders aussieht. Auch steht schon am Anfang, dass die relativistische Kovarianz der Stringtheorie in der gekrümmten Raumzeit nur erreicht wird, in dem man nicht kovariante Terme im Limit unter die Nachweisbarkeitsgrenze bringt....
Falls sie mit der Mathe Probleme haben (Differentialgeometrie, Gruppentheorie etc.): Nakahara hat ein ganz nettes Mathebuch geschrieben:
http://www.amazon.de/Geometry-Topology-Physics-Graduate-Student/dp/0750306068/ref=pd_sim_eb_3
Aber manche Exis haben leider sogar mit einfacher qft Probleme. Da empfehle ich:
Erst ben Peskin Schröder, An introduction to quantum field theory durchlesen:
http://www.amazon.de/Introduction-Quantum-Theory-Frontiers-Physics/dp/0201503972/ref=pd_sim_eb_4
Dann die beiden Bücher von Weinberg, the quantum theory of fields:
http://www.amazon.de/Quantum-Theory-Fields-Foundations/dp/0521670535/ref=pd_sim_eb_2
http://www.amazon.de/Quantum-Theory-Fields-Modern-Applications/dp/0521670543/ref=pd_bxgy_eb_img_b
Für Stringtheorie wäre noch ART wichtig. Als Startbuch wäre das Buch A first course in general relativity von Schutz geeignet:
http://www.amazon.de/First-Course-General-Relativity/dp/0521887054/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1281463827&sr=1-1
Danach kann man mit dem Buch von Wald, General relativity beginnen:
http://www.amazon.de/General-Relativity-Robert-M-Wald/dp/0226870332/ref=pd_sim_eb_3
Meines Wissens haben aber nur wenige Exis eine solche Bildung. Daher können sie die intrinsischen Probleme dieser Theorien nicht selber beurteilen. Die Lesen dann nur ein Phänomenologie Papier wo eine Idee beworben wird, alle Probleme unter den Teppich gekehrt werden, und ein Streuquerschnitt oder ein Zerfallsschema drinsteht, und dann wollen die Exis gleich losmessen, ohne genau zu wissen, was sie da überhaupt studieren wollen. |
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ralfkannenberg
Anmeldedatum: 22.02.2006 Beiträge: 4788
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Verfasst am: 10.08.2010, 19:52 Titel: |
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Benni hat Folgendes geschrieben: | typisches Exi dokument
(...)
Ich würde allen Exis dringend raten, das zu tun.
(...)
Und ein Exi
(...)
manche Exis
(...)
Meines Wissens haben aber nur wenige Exis eine solche Bildung.
(...)
und dann wollen die Exis gleich losmessen, ohne genau zu wissen |
Hallo Benni,
ich will ja nicht unnötig den Moralapostel heraushängen lassen, aber ich finde Deine abschätzigen Bezeichnungen über Experimentalphysiker reichlich deplatziert. Ich als Mathematiker bewundere regelmässig deren Ideenreichtum, ein hochkomplexes Projekt in die Tat umzusetzen und überdies über doch ausgezeichnete theoretische Kenntnisse zu verfügen, auch wenn Du das anders sehen magst.
Zumal Du ja offen - was ich sehr sympatisch finde - einräumst, dass Du auch nicht allwissend bist:
Benni hat Folgendes geschrieben: | Ist der LHC tatsächlich derart unpräzise dass er selbst damit Probleme hat? (als Theoretiker hat man von sowas ja keine Ahnung....) |
Letzteres wurde vor einiger Zeit einmal näher erläutert, so dass diejenigen, die regelmässig mitlesen, das inzwischen wissen; ich habe den Link dazu zwar gesucht (ich vermute, das war auf astronews), konnte ihn aber nicht mehr finden.
Freundliche Grüsse, Ralf |
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Benni
Anmeldedatum: 26.06.2010 Beiträge: 205
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Verfasst am: 10.08.2010, 20:32 Titel: |
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Zitat: | aber ich finde Deine abschätzigen Bezeichnungen über Experimentalphysiker reichlich deplatziert. | Es ist leider nicht abschätzig.
Da wollen immerhin Exis Sachen wie Supersymmetrie oder Extradimensionen im Millimeterbereich nachmessen. Und das, obwohl diese Modelle extreme intrinsische Probleme haben (aber die werden natürlich nicht in Phänomenologie papers, wo alles nur auf Zerfallskanäle rausläuft, diskutiert), oder nicht bis schlecht motiviert sind (also ein Unwahrscheinliches Szenario wird mit großer Mühe so hingedreht, dass es bisherigen Beobachtungen nicht direkt widerspricht so dass es publiziert werden kann).
Der LHC dient dazu, Hinweise zu finden, dass der Higgs-Kibble-Mechanismus für die elektroschwache Symmetrie Brechung korrekt ist. Und mehr ist nicht realistisch.
Diese Anti-LHC Propaganda der Crackpots, Künstler und verschiedener Sorten Leute wäre nie entstanden, wenn es nicht tatsächlich Leute gäbe, welche Arbeiten zu grossen Extradimensionen ernst nehmen, welche die Produktion von Raumzeitstrukturen die schwarzer Löchern ähnlich sehen, bei nur wenigen TEV bedingen
Wenn ich sage, dass in einer Stunde ein rosa Elefant bei euch am Fenster vorbeifliegt, nimmt das auch niemand ernst. Für die Annahme, dass grosse Extradimensionen existieren, gibt es keine Begründung. Ausser dass dann ein paar Autoren ein weiteres Papier in ihrem CV auflisten können.
Leider kann man nur dann Beurteilen, ob diese Vorhersagen wahrscheinlich zutreffen oder nicht, wenn man die entsprechenden Theorien im Detail studiert hat.
Ein solches Studium würde aber meistens zur zwingenden Erkenntnis führen, dass es wenig Sinn macht, Modelle mit Supersymmetrie oder grossen Extradimensionen ernsthaft nachzumessen.
Diese Modelle haben alle viel zu grosse intrinsische Probleme als dass sie wahrscheinlich existieren könnten. |
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galileo2609 Site Admin
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 6115
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Verfasst am: 10.08.2010, 21:09 Titel: |
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Benni hat Folgendes geschrieben: | Diese Anti-LHC Propaganda der Crackpots, Künstler und verschiedener Sorten Leute wäre nie entstanden, wenn es nicht tatsächlich Leute gäbe, welche Arbeiten zu grossen Extradimensionen ernst nehmen, welche die Produktion von Raumzeitstrukturen die schwarzer Löchern ähnlich sehen, bei nur wenigen TEV bedingen [...]
Diese Modelle haben alle viel zu grosse intrinsische Probleme als dass sie wahrscheinlich existieren könnten. |
Das muss man, denke ich, so akzeptieren. Die 'konkreten' Voraussagen z. B. der Produktion von MBH am LHC ist ohne diese fahrlässige Überinterpretation des bisherigen Stands der Stringtheorie(n) nicht denkbar. Diese setzen eine reduzierte Planck-Skala voraus, die ein MBH ja erst in die Reichweite der heutigen Beschleuniger-Energien bringen. Insofern wird der Nichtnachweis solcher Gebilde am LHC auch dazu dienen, bestimmte Zahlen und Grössen von möglichen Extradimensionen auszuschliessen. Und damit auch einen indirekten Test für das Potential der Stringtheorie(n) liefern.
Das nicht alles an dieser Theorieentwicklung falsch ist, sondern sie brauchbare Werkzeuge entwickelt und bereitgestellt hat, präsentierte Jörg Rings übrigens gestern wieder einmal auf 'Diax's Rake': Ping Pong an Schwarzen Löchern hilft bei Hochtemperatur-Supraleitern.
Grüsse galileo2609 |
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973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
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Verfasst am: 10.08.2010, 22:12 Titel: |
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Man muß bedenken, daß relevante Unzulänglichkeiten der Theorie sich lange andeuten. Die QT und RT sind nicht plötzlich oder okkult bei Nacht und Nebel entstanden, vielmehr lagen seit ca. 300 Jahren bereits offensichtliche Beobachtungen vor, die 'normal' nicht zu erklären waren, was sich dann letztendlich nicht nur durch Anzeichen auf einem sondern allen Gebieten der Physik so zugespitzt hat, daß es einerseits nicht mehr vermeidbar war an festgefahrenen Anschauungen etwas zu ändern, andererseits aber auch die Richtung der Lösung immer offensichtlicher wurde.
Heutzutage existieren in verschiedenen bereichen der Physik Erfahrungen, die einer Klärung bedürfen. In anderen dagegen nicht.
Raumartige Extra-Dimensionendie sich über die Größe von (sagen wir einmal großzügig) Atomen oder gar mm bemerkbar machen, gibt es sicherlich nicht. Es gibt nicht nur keine damit erklärbaren langjährigen Erfahrungen o.g. Art; so etwas ist sogar auszuschließen.
Insbesondere aber scheint das Konzept sehr fraglich, inwieweit es überhaupt Sinn macht, von 'raumartigen', 'zeitartigen' usw weiteren Dimensionen zu sprechen. Verschiedene Dimensionen sollten wirklich wesentlich verschieden und nicht irgendwie durcheinander ersetzbar, allenfalls formal zusammenfaßbar sein. Die Zeit ist wesenmäßig etwas anderes als der Raum; im 3D-Raum, etwa eine Kugel betrachtet, ist die radiale Richtung eine andere Dimension als zBsp die tangentiale -- und nie die eine durch die andere global vollständig ersetzbar und überflüssig. Zwar beobachten wir gerade beim Raum Ähnlichkeiten der verschiedenen Richtungen, wonach sowohl faktisch als in vielen rechnungen auch formal, die zweite und dritte Richtung als gleichwertig und meist auch beide wiederum mit der ersten ansehbar sind, aber dafür ließen sich noch sehr naheliegende Erklärungen finden (wie, daß Zeit, Ausdehnung, restliche beide Raumrichtungen auf 1, 2, 4 ... Informationen beruhen). Im Allgemeinen jedoch wird man bei neuen Dimensionen davon auszugehen haben, daß sie sich nicht durch bestehende ersetzen lassen, selbst so entstandene ähnliche Komponenten entarteter Dimension nicht (da senkrecht zueinander) sondern allenfalls vergleichen. Allgemein macht es wenig Sinn, zu sagen, die Dimension der Zeit macht sich im Größenbereich von 1 Meter bemerkbar. Daher sind m.E. keine neuen raumartigen Dimensionen die sich in den bisherigen 'in bestimmten Größenbereichen bemerkbar' machen, zu erwarten. Neue Dimensionen wären wesentlich andersartig als Raum und Zeit. Ob Dimensionen 'aufgerollt' oder ziemlich 'eben' sind, also die Form, ist dagegen sekundär, und hängt nur von ihrem metrischen Koeffizienten ab.
Was die Grundlagen der ART angeht, hauptsächlich die Gravitation, ist es doch so, daß keinerlei der anfangs angemerkten Vorzeichen beobachtet würden, die eine durchgreifende Änderung erfordern würden. Selbst in kleinen, etwa atomaren, Skalen ist die Gravitationstheorie nicht falsch, also wirkt auch da etwa ~ 1/r^2 , es kommen nur daneben andere Kräfte vor, die etwa in der Bewegung größere Änderungen in Ort bzw. Beschleunigungen hervorrufen. Ob es nun sinnvoll und möglich ist, diese Naturkräfte und -effekte mehr als formal zu 'vereinen', also anzunehmen daß sie wesentlich durcheinander ersetzbar wären, ist schon deswegen fraglich, weil sie mit verschiedenen ebensowenig durcheinander ersetzbaren Dimensionen zusammenhängen; und ob das durch die Einführung von noch weiteren Dimensionen besser wird, ist erst recht zu bezweifeln. Diese Kräfte und Dimensionen sind mE , gerade wegen ihrer wesenmäßigen Unabhängigkeit voneinander, auch formal nicht in 1. ordnung mischbar; Wechselwirkungen wie Nichtlinearitäten allenfalls in 2. ordnung vorhanden.
Man wird sich wohl damit abfinden müssen, daß es in der Natur verschiedene voneinander unabhängige Fakten und Kräfte gibt, die nicht durcheinander ersetzbar sind. Aber das ist überhaupt nichts Schlechtes, sondern garantiert gerade die Vielfalt und immer wieder neue Richtung der Entfaltung der Natur, also ihre Funktion. |
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galileo2609 Site Admin
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 6115
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Verfasst am: 10.08.2010, 23:04 Titel: |
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Hallo 973,
973 hat Folgendes geschrieben: | Was die Grundlagen der ART angeht, hauptsächlich die Gravitation, ist es doch so, daß keinerlei der anfangs angemerkten Vorzeichen beobachtet würden, die eine durchgreifende Änderung erfordern würden. |
das 'Verblüffende' ist ja, dass gerade die ART jeden noch so hochgezüchteten Test bravourös besteht. Diese Prinzipientheorie desavouiert damit z. Zt. noch alle Kandidaten, die für ihre Nachfolge bereitstehen. Dennoch wissen wir, dass der ART etwas fehlt. Und ich bin wirklich neugierig, ob ich diese Ergänzung bzw. Erweiterung noch erleben werde.
Grüsse galileo2609 |
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973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
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Verfasst am: 11.08.2010, 02:38 Titel: |
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Ja. Ich glaube nicht, daß an der ART etwas fehlt in dem Sinne, wofür sie gedacht ist. Oft mus man erst mal etwas trennen um es dann wieder andersartig zusammensetzen. Die wirklich primären Naturkräfte gehen mE nicht zu vereinen. Die anderen sekundären Naturkräfte gingen zu vereinen, weil sie sowieso schon eine Mischung der 0., 1., 2. primären Kräfte sind, und dadurch Redundanzen enthielten (am deutlichsten zu sehen zBsp an Elektrizität und Magnetismus). Die ART ist dagegen die einzige, in der auch die 3. (also die Krümmung und Begrenzung des Ortsraumes, sozusagen die statische Gravitation) drin ist, deswegen ist es auch nicht verwunderlich, daß sie mit den anderen nicht vereinigbar ist.
Sag mir doch mal einer von den Vereinigern, wo denn sonst noch die Gravitation drin wäre - also was den 3D-Ortsraum mit seiner Krümmung produziert, und wo G formal auftaucht. In der QT ? Nein. ED/EMagn. ? nein. Kinematik/SRT ? Nein. Umgedreht ist die Wirkung/sukzessive kausale Bewirkung in allen anderen, die Zeit und der nichtgekrümmte Raum (ohne der Gravitation) in allen auser der reinen Wirkung/Bewirkung enthalten.
Das einmal hingenommen, daß da nichts zu vereinen ist, macht die ART genau was sie soll.
Insbesondere in großen Skalen, allerdings auch in kleinen. Und weil das mit bei kleinen Wirkungsmengen relevanten grundsätzlich anderen Kräften nicht 'vereinbar' ist (was mE aus oben genannem grund sowieso nicht zu erwarten war), deswegen will man makroskopisch alles umkrämpeln und solchen Kram wie Branen einführen ???? Nach der durch falsche Interprätation der QT entstandenen Multiversen-Theorie, müsten jeden Augenblick fast unendlich viele gerade eben noch mit gewisser Wahrscheinlichkeit existent gewesenen Parallelversen kollabieren ... Solche Konzepte sind schlicht und einfach unadäquad.
Wovon kommt das ? Weil zuviel Schemas - früher der Harmonie der Sphären, heute der Gruppentheorie - aufgezwängt werden, wo es nicht adäquat ist. Eine Beobachtung gibt eine Beobachtung, eine zweite eine Theorie, eine dritte eine Ausnahme der Theorie. Gerade weil man 6 Teilchen hat, die in ein Schema passen, meint man, die ganze Welt müsse in solche Schemen passen ...
Daher soll man die Gravitation in Ruhe lassen, die wird schon gut genug durch die ART beschrieben.
Man kann nun versuchen, soweit wie je nach Fall möglich, verschiedenes formal zusammenzufassen, so wie man es ja auch oft tut. Aber daran mus man mit der richtigen Einstellung gehen, insbesondere sich immer vergegenwärtigen, daß verschiedene (primäre) Naturkräfte, ebenso wie verschiedene Dimensionen, aber wesentlich unterschiedlich, eigenständig, nicht durcheinander ersetzbar sind. |
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ralfkannenberg
Anmeldedatum: 22.02.2006 Beiträge: 4788
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Verfasst am: 11.08.2010, 07:28 Titel: |
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Benni hat Folgendes geschrieben: | Es ist leider nicht abschätzig. |
Hallo Benni,
Du magst das nicht so empfinden, das heisst aber nicht notwendig, dass dem nicht so ist. Ich denke, es geht auch ohne solche Seitenhiebe auf der persönlichen Ebene.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Da wollen immerhin Exis Sachen wie Supersymmetrie oder Extradimensionen im Millimeterbereich nachmessen. Und das, obwohl diese Modelle extreme intrinsische Probleme haben |
Das ist doch sehr gut so. Was hast Du gegen Experimente ? Auf der einen Seite heisst es, die Theoretiker produzieren zuviele Theorien, und wenn jemand da mal was nachmessen will, um das zu verifizieren oder auszuschliessen, ist es auch wieder nicht recht.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Diese Anti-LHC Propaganda der Crackpots, Künstler und verschiedener Sorten Leute wäre nie entstanden, wenn es nicht tatsächlich Leute gäbe, welche Arbeiten zu grossen Extradimensionen ernst nehmen, welche die Produktion von Raumzeitstrukturen die schwarzer Löchern ähnlich sehen, bei nur wenigen TEV bedingen |
Ich denke, zumindest im deutschsprachigen Raum ist das anders gelaufen: Da hat Professor Rössler erkannt, dass er mit einer "cleveren" Beweislastumkehr sein rund 10 Jahre zuvor von der Fachwelt verworfenes Gothic-R-Theorem erneut an den Mann bringen kann. Dazu hat er dann noch äusserst vage Skizzierungen von Mini-Quasaren/Kleiner-Attraktoren und dieser angeblichen gravitativen Superfluidizität beigefügt und fertig war das Internet-Paper über die Gefahr seitens des LHC.
Dass er nun noch auf dem Ungeladenheits-Postulat herumreitet ist auch nur ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, doch die - hier stimme ich mit Deiner Wortwahl überein - "Crackpots, Künstler und verschiedener Sorten Leute" merken das im Gegensatz zu den Autoren der beiden Sicherheitsanalysen nicht.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Ausser dass dann ein paar Autoren ein weiteres Papier in ihrem CV auflisten können. |
Du weisst vermutlich besser als ich, wie wichtig das heutzutage ist. Ich wollte einmal einen Artikel im Spektrum der Wissenschaft verfassen, das wurde mit dem Hinweis, dass ich keine Referenzen habe, ungelesen wieder zurückgeschickt.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Leider kann man nur dann Beurteilen, ob diese Vorhersagen wahrscheinlich zutreffen oder nicht, wenn man die entsprechenden Theorien im Detail studiert hat. |
Wenn es um die Sicherheit der Erde geht, sollte man das Wort "Wahrscheinlichkeit" vermeiden. Auch wenn beispielsweise der Herr Uebbing das immer wieder einfordert. Es ist besser, per Abschätzung und nicht per Wahrscheinlichkeit zu argumentieren.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Ein solches Studium würde aber meistens zur zwingenden Erkenntnis führen, dass es wenig Sinn macht, Modelle mit Supersymmetrie oder grossen Extradimensionen ernsthaft nachzumessen. |
Meines Wissens hat zumindest die Supersymmetrie in der Wissenschaftsgemeinde nicht einen derartig schlechten Ruf.
Benni hat Folgendes geschrieben: | Diese Modelle haben alle viel zu grosse intrinsische Probleme als dass sie wahrscheinlich existieren könnten. |
Sagen wir es einmal so: Man sollte einerseits Experimente durchführen, man muss natürlich auch auf das Budget achten. Wenn aber ein "Exi" eine Idee hat, ein kostenintensives Experiment durch ein kostengünstiges Experiment zu ersetzen, dann sollte man diese Ideen durchaus fördern, auch wenn man damit nur etwas ausschliessen kann. Das ist ja damals bei den Messungen des Ätherwindes auch schon passiert: Einstein beklagte sich, dass wieder "herumgemillert" wird - damit bezog er sich auf die teuren MM-Experimente von D.C.Miller auf dem Mount Wilson, während G.Joos vorschlug, alternativ den Trouton-Nobleschen Kondensatorversuch in grosser Höhe durchzuführen.
Freundliche Grüsse, Ralf |
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ralfkannenberg
Anmeldedatum: 22.02.2006 Beiträge: 4788
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Verfasst am: 11.08.2010, 07:35 Titel: |
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973 hat Folgendes geschrieben: | Daher soll man die Gravitation in Ruhe lassen, die wird schon gut genug durch die ART beschrieben. |
Hallo Werner,
ich bin der Meinung, dass man das ruhig versuchen soll. Vielleicht wurde ja noch etwas übersehen.
973 hat Folgendes geschrieben: | Man kann nun versuchen, soweit wie je nach Fall möglich, verschiedenes formal zusammenzufassen, so wie man es ja auch oft tut. Aber daran mus man mit der richtigen Einstellung gehen, insbesondere sich immer vergegenwärtigen, daß verschiedene (primäre) Naturkräfte, ebenso wie verschiedene Dimensionen, aber wesentlich unterschiedlich, eigenständig, nicht durcheinander ersetzbar sind. |
EInverstanden, aber möglicherweise hat man sich in der Einschätzung über diese wesentlichen Unterschiede geirrt - nicht zuletzt auch deswegen, weil man es eben noch nicht besser wusste.
Freundliche Grüsse, Ralf |
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