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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 18.04.2011, 12:44 Titel: materiell versus real (physikalische Messung) |
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Hallo,
Ich verfolge seit einigen Monaten die diversen Diskussionen zwischen Relativisten und Kritikern (SRT). Besonders interessiert hat mich dabei die Längenkontraktion(und hierbei speziell der Begriff "real"). Nachdem ich mich da schlau gemacht habe, kommt mir das eigentlich
relativ simpel vor (ich kann da keinen Haken entdecken).
Da über dieses Thema aber andererseits relativ häufig (und oft auch sehr hitzig) diskutiert wird, denke ich mir - wahrscheinlich fehlt mir die Übersicht, die richtigen Knackpunkte zu begreifen.
Deshalb entschloss ich mich vor ein paar Tagen mich in drei einschlägigen Foren anzumelden (mahag,alltopic,relativ-kritisch) um andere Meinungen einzuholen.
Mein erster Versuch im mahag-forum ging ziemlich in die Hose. Ich hatte da grösste Probleme zu diskutieren, da es mir nicht möglich war, meine Gesprächspartner davon zu überzeugen, dass ich wirklich über den Begriff "materiell" und "real" diskutieren möchte. Die Auffassung meiner Diskussionspartner war: ich will mich mittels rhetorischer Tricks vor diversen Antworten drücken.
Deshalb vorab meine Frage:
Ich würde gerne meine Auffassung von "real" (im Sinne physikalische Messung) erläutern und danach die Schlussfolgerungen, die ich daraus ziehe.
Interessieren würde mich
1. Ob meine Meinung der allgemeinen Auffassung entspricht.
2. Ob meine Schlussfolgerung der allgemeinen Auffassung entspricht.
Unter "allgemeiner Auffassung" verstehe ich die Auffassung des Mainstreams. Auffassungen von Kritikern interessieren mich (noch) nicht.
Es geht mir ausdrücklich nicht darum, wie funktioniert eine Messung konkret, welche Arten von Messungen gibt es,
wie werden Messungen interpretiert, sondern vorerst lediglich
um die Definition: was ist real. warum ist eine physikalische Messung real usw.
Der Grund für diese relativ lange Einleitung liegt darin, dass ich vorab ausloten möchte, ob man hier willens ist, diese Thematik zu diskutieren, denn ich will mir eine Erfahrung wie im Mahag-Forum eigentlich ersparen (sowas verkürzt nur unnötig die Lebenszeit). |
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M_Hammer_Kruse
Anmeldedatum: 19.02.2006 Beiträge: 1772
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Verfasst am: 18.04.2011, 13:24 Titel: |
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Na, dann als erstes mal willkommen bei relativ kritisch!
Was ist real?
Zunächst mal gibt es da die Begriffsbildungen aus der Software-Entwicklung:
It is there and you see it: It is real
It is not there and you see it: It is virtual
It is there and you do not see it: It is hidden
It is not there and you do not see it: It is gone ...
Als Physiker kann ich da zumindest die erste Klausel unterschreiben: Real ist alles, was vorhanden ist und gemessen werden kann.
Und soweit es um die Längenkontraktion der speziellen Relativitätstheorie geht: Die ist in diesem Sinne real. Auch wenn gewisse "Kritiker" meinen, sie können durch irgendwelche rhetorischen Sprünge a) beweisen, daß sie gar nicht vorhanden sei und b) daß damit auch die Relativitätstheorie falsch sei. Am Ende beweisen sie damit nur a) ihre eigene Borniertheit und b) ihr persönliches Unverständnis.
Gruß, mike |
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Uli
Anmeldedatum: 09.06.2006 Beiträge: 472
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Verfasst am: 18.04.2011, 14:00 Titel: |
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Es ist natürlich auch einfach eine Frage der Definition; man hatte sich entschlossen, das von Einstein vorgeschlagene Rezept zur Messung der Länge eines bewegten Objektes zu akzeptieren; daraus folgt nun, dass Längen bewegter Objekte kontrahiert gemessen werden. Da Realität in der Physik auf Messungen beruht, ist das auch ein realer Effekt.
Würde man sich dagegen darauf einigen, dass die Länge eines Objektes nur in seinem Ruhesystem gemessen werden kann, dann gäbe es keine Längenkontraktion.
So ein Umdenken hat ja bei der relativistischen Massenzunahme tatsächlich stattgefunden: aus guten Gründen wird das Wort "Masse" für das reserviert, was man früher "Ruhemasse" nannte.
Es ist also letzlich eine Frage der Definition von Messvorschriften und Begriffen; man wählt diese am besten so, wie es naheliegend und praktisch ist. Ich finde es müßig, darüber zu debattieren.
Nachtrag: die Analogie zwischen Masse und Länge hinkt freilich etwas, weil eine Länge der Spezialfall eines Abstandes zwischen 2 Punkten ist und nicht unmittelbar mit Objekten zu tun haben muss. So kann man sich 2 Punkte vorstellen, die sich voneinander entfernen; da hätte man dann nicht einmal eine Ruhesystem, um den Momentabstand beider voneinander zu messen. ich denke deshalb, Einsteins Vorschlag ist am praktikabelsten. |
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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 18.04.2011, 14:40 Titel: |
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Wie jetzt speziell gemessen wird, welche Konventionen da getroffen wurden, ist eigentlich erst der nächste Schritt.
Ich verstehe unter "real" folgendes:
Der einzige Weg, etwas über unsere Umgebung herauszufinden, besteht darin, die Umgebung zu beobachten (sprich zu messen). Je mehr/öfter wir messen, umso mehr Informationen gewinnen wir und umso grösser wird unser Verständnis.
Uns ist dabei bewusst:
1. Die Schlussfolgerungen bezüglich der Messung könnten ungenau/bzw verfälscht sein, da wir nicht über alle Informationen verfügen,gewisse (Mess)Einflüsse nicht erkennen, das "Grosse/Ganze" nicht erkennen usw.
Diesen Umstand nehmen wir allerdings mangels Alternativen in Kauf.
Jede Messung (die physikalischen Ansprüchen genügt) betrachen wir als real.
Real bedeutet nicht Richtig oder Falsch, da wir niemals in der Lage sein werden alles zu erkennen - sprich von einem absoluten Wissen ausgehen können (den laplaceschen Dämon hat meines Wissens ja noch keiner kennengelernt).
Real bedeutet nicht: materiell.
"Real" bedeutet nichts anderes als: Gemessen und für würdig befunden.
Aus unserer Sicht ist eine Messung selbstverständlich korrekt.
Ist das in euren Augen Blödsinn - oder würdet ihr mir da zustimmen.
Edit: Es ist mir natürlich klar, dass ich da mit vielen Zeilen wahrscheinlich genau das ausgedrückt habe, was M_Hammer_Cruse mit einem Satz
Zitat: | It is there and you see it: It is real |
meint.
(Eine alternative Herangehensweise wäre die theologische z.B. die vedischen Schriften
1. Wir können nie hoffen alles zu erkennen.
2. Gott weiss alles
3. Gott hat es einigen Auserwählten mitgeteilt
4. Wenn du gewillt bist, Gott zu erkennen, wirst du dieses
Wissen auch erlangen.
Nun ja, auch eine Auffassung, ich persönlich bin allerdings ein Befürworter der Messung, da ich nicht an Gott glaube). |
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Snusmumriken
Anmeldedatum: 27.01.2008 Beiträge: 182 Wohnort: Norddeutschland
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Verfasst am: 18.04.2011, 15:31 Titel: |
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Hi M.S.,
Ich habe deine Geduld bei MAHAG bewundert. Du bist allerdings nicht der erste, der versucht hat, dort sachlich zu diskutieren. Viele andere haben es auch eine Weile ausgehalten, bevor sie entnervt aufgeben mussten oder zu einer anderen Strategie gewechselt sind.
Zum Thema: Real würde ich definieren als: Sich auf eine tatsächliche, das heißt objektiv feststellbare Tatsachen beziehend.
Die Längenkontraktion ist real, weil sie zumindest prinzipiell überprüfbarebare physische Konsequenzen hat.
Die Längenkontraktion eines beschleunigten Objektes ist außerdem materiell.
Gruß,
Snus |
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Snusmumriken
Anmeldedatum: 27.01.2008 Beiträge: 182 Wohnort: Norddeutschland
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Verfasst am: 18.04.2011, 15:41 Titel: |
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Uli hat Folgendes geschrieben: | Es ist natürlich auch einfach eine Frage der Definition; man hatte sich entschlossen, das von Einstein vorgeschlagene Rezept zur Messung der Länge eines bewegten Objektes zu akzeptieren; daraus folgt nun, dass Längen bewegter Objekte kontrahiert gemessen werden. |
Das von Einstein vorgeschlagene Rezept ist aber nichts neues. Es ist lediglich die alte Konvention, dass die Länge eines Objektes (ob bewegt oder ruhend) dem Abstand zwischen Spitze und Ende des Objektes entspricht. Ich sehe keine Alternative.
Abstände sind nun geometrisch definiert und der einzige Unterschied zwischen einem ruhenden und einem bewegten Objekt ist, dass man bei einem bewegten Objekt die Positionen von Spitze und Ende gleichzeitig feststellen muss, während es bei einem ruhendem Objekt egal ist, wann man die Positionen abliest. Sie ändern sich ja nicht.
Gruß,
Snus |
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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 18.04.2011, 15:57 Titel: |
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Snusmumriken hat Folgendes geschrieben: | Hi M.S.,
Ich habe deine Geduld bei MAHAG bewundert. Du bist allerdings nicht der erste, der versucht hat, dort sachlich zu diskutieren. Viele andere haben es auch eine Weile ausgehalten, bevor sie entnervt aufgeben mussten oder zu einer anderen Strategie gewechselt sind.
Zum Thema: Real würde ich definieren als: Sich auf eine tatsächliche, das heißt objektiv feststellbare Tatsachen beziehend.
Die Längenkontraktion ist real, weil sie zumindest prinzipiell überprüfbarebare physische Konsequenzen hat.
Die Längenkontraktion eines beschleunigten Objektes ist außerdem materiell.
Gruß,
Snus |
Danke.
Ich bin ja selbst schuld. Ich habe wirklich viele (fast alle) einschlägigen Diskussionen gelesen. Und ich dachte mir: Warum lassen sich vernünftige,gebildete Menschen derart provozieren, das sie sich auf so ein Niveau herablassen(ich meine jetzt das Niveau einer bestimmten Person). Arrogant wie ich nun mal bin, dachte ich mir: Ha, ich zeige euch jetzt wie man das emotionslos abhandelt.
Das Ergebnis aus meiner Sicht:
1. Ich habe nach nicht mal 1% der Zeit die andere da (früher) investiert haben, das Handtuch geworfen.
2. Ich weiss jetzt, wie sich die Leute bei diesen Diskussionen gefühlt haben.
3. Diesen Fehler werde ich nie wieder begehen.
Bezüglich deiner (von mir fett hervorgehobenen) Antwort.
Entspricht das nicht: "einer physikalischen Messung"
Bezüglich deiner (von mir kursiv hervorgehobenen) Antwort:
Dieser Punkt interessiert mich(ist für mich noch unklar), ich möchte aber zuerst das Thema "real" abschliessen, und danach meine Interpretation der Längenkontraktion zur Diskussion stellen. Genau auf diesen Punkt will ich in letzter Konsequenz eigentlich hinaus. |
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Snusmumriken
Anmeldedatum: 27.01.2008 Beiträge: 182 Wohnort: Norddeutschland
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Verfasst am: 18.04.2011, 16:20 Titel: |
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Hi M.S.
M.S hat Folgendes geschrieben: |
Bezüglich deiner (von mir fett hervorgehobenen) Antwort.
Entspricht das nicht: "einer physikalischen Messung"
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Ja, im Prinzip schon. Sollte auch kein Widerspruch sein, sondern einfach der Versuch einer selbst formulierten Definition. Solche Begriffe sind ja selten einfach. Man halt ein starkes Gefühl dafür, das real ist und was nicht. Aber eine Definition abzugeben ist dann nochmal ganz was anderes.
M.S hat Folgendes geschrieben: |
Bezüglich deiner (von mir kursiv hervorgehobenen) Antwort:
Dieser Punkt interessiert mich(ist für mich noch unklar), ich möchte aber zuerst das Thema "real" abschliessen, und danach meine Interpretation der Längenkontraktion zur Diskussion stellen. Genau auf diesen Punkt will ich in letzter Konsequenz eigentlich hinaus. |
Da bin ich gespannt.
Gruß,
Snus |
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973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
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Verfasst am: 19.04.2011, 08:23 Titel: |
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¨Uber die Frage der Realit¨at haben wohl alle Leute schon nachgedacht, aber trotzdem keine ¨Ubereinstimmung erzielt. Wahrscheinlich gibt es keine, sondern es ist eine Definitionssache. Messbarkeit kann und sollte man offenbar nicht als Kriterium verwenden. Zumindest kann man allerdings ph¨anomenologisch auflisten, was mit der Frage zu tun hat.
Am markantesten ist, dass viele Eigenschaften (oder allgemeiner messbare Groessen) jedenfalls quantitativ, oft sogar qualitativ, beobachterabh¨angig sind. Gerade die RT hat hier zu einem Teil der messbaren Eigenschaften (wie: Orts-, Zeitintervalle, Farbe) eine Klarstellung gemacht.
Die Beobachterabh¨angigkeit kann auch die 'Existenz' selbst betreffen, jenachdem wie man diese zweckm¨aßigkeitshalber definiert. Allgemeiner ausgedr¨uckt, h¨angt scheinbar die 'G¨ultigkeit' von Fakten einschlieslich ihre Meßbarkeit und das Ergebnis dabei vom Verh¨altnis zwischen Objekt und Beobachter ab. Zumindest grob ausgedr¨uckt, gilt also eine Art eingeschr¨ankter Positivismus, also man kann sagen f¨ur jemand existiert etwas, wenn und wie es sich f¨ur ihn bemerkbar und damit prinzipiell auch messbar macht - daher kommt ja das Wort 'wirklich'. Was in der Zukunft oder innerhalb einem schwarzen Loch 'existiert', existiert in diesem Sinne f¨ur uns nicht.
Andererseits erfordert die in unserer Welt erfahrungsgem¨aß fundamental markante und charakteristische Individualisierung, insbesondere die Unterscheidung des Ichs von Anderem und Selbstwahrnehmung, daß eine sinnvolle Auffassung von Existenz und Realit¨at autonom und aus sich heraus zu sein hat, wozu eine Selbsterkennung hinreichend ist. Sie kann nicht von der Frage evtl. Beobachters abh¨angen, inkl schwebend (ob du vielleicht in einigen Jahrmillionen LJ entfernt von jemand noch beobachtet werden wirst, sodas dann endlich deine schwebende Nichtexistenz endet und es dich dann 'reell' gibt bzw nachträglich mal gegeben hat). Sollte es einen Beobachter geben, ist seine Wahrnehmung von dir und ob / wie du fuer ihn existiert, rein f¨ur ihn relevant, nicht f¨ur dich. Nur f¨ur ihn ¨andert dann seine Beobachtung von dir seine Realit¨at, nicht aber f¨ur dich. F¨ur jeden ist sein Eigensystem deshalb ausgezeichnet, und bewirkt autonom eine Art ad hoc gueltige lokale private Realit¨at, die dann durch Kontakt zur Umgebung auch guenstigstenfalls korrigiert aber nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. In dieser existiert du fuer dich selbst insbesondere immer (besonders wenn du darueber nachdenken kannst), wogegen die Existenz fuer dich aeusserer Sachen die bei dir noch nicht gewirkt haben, und umgekehrt deine Existenz fuer jemand wo du noch nicht gewirkt hast, Definitionssache sind. Man koennte beispielsweise definieren, das ein Objekt 'objektiv' existiert, falls es mindestens ein Eigensystem gibt in dem das der Fall ist, oder aber umgekehrt, wenn es kein System gibt in dem es nichtexistent waere also auch in anderen nur scheinbares Resultat einer Nullzerlegung ist.
Gleichzeitig Vor- und Nachteil einer beobachtunsunabhaengigen, inkl. nicht-verifizierbaren Existenz ist ebendiese selbst.
Ungekl¨art ist ausserdem noch, inwieweit zu Eigenschaften komplementaer auch die Veraenderungen (inkl. bereits eine Anbahnung oder Entstehung von etwas) beobachtbare Effekte haben.
Demnach gibt es keine ausgezeichnete absolute Wahrheit außer fuer dich ueber dich selbst. An der Suche danach (und Widerspruechen bei ihrer Annahme) ist ua auch die neuzeitliche Philosophie, der Hinduismus, der Staat bei Versuchen einer Rechtfertigung einer reinen Rechtslehre, usw gescheitert.
Die Physik besch¨aftigt sich haupts¨achlich mit qualitativ beobachtbaren oder noch besser messbaren Eigenschaften, meist (aber nicht immer) bezueglich Reellem iS aller allgemein sinnvollen Definitionen (zBsp 0-Intervalle zwischen Ereignissen), und sie besch¨aftigt sich auch viel mit Abstraktem zBsp Gesetzmaessigkeiten. Wenn man obigen Sachverhalt ber¨ucksichtigt, dann ergeben sich fuer sie auch keine Probleme. Fuer sie ist daneben eine Kl¨arung der Frage oder genaue Definition der 'Existenz' ueberfluessig (aber w¨are in positivistischem Sinne am zweckm¨aßigsten).
Vom Alltag her ist schon klar, das alles anders aussieht jenach Bezug zum Beobachter. Schon von daher sind die 'Probleme' mancher Leute mit der RT unerklärbar. Vorstellbar ist noch ein Krankenwagen, der bei Zu- oder Wegbewegung eine andere Frequenz hat als in Ruhe. Mit der Rotverschiebung vom Licht ist das subjektiv ¨ahnlich (wenn auch aus anderen Gr¨unden - insbesondere ist c konstant). Nehmen wir ein rundes Objekt, etwa eine Uhr, best¨atigt als rund und geeicht bei dir in Ruhe. Wenn es sich aber vor dir schnell seitw¨arts vorbeibewegt, dann erscheint es abgeplattet, und seine Zeitgeschwindigkeit anders. W¨urdest du mit ihm fliegen, w¨are indeß f¨ur dich beides unver¨andert. Das ist f¨ur zum Objekt unterschiedlich bewegte Beobachter zwar unterschiedlich, jedoch nach einer bekannten Regel von der Relativgeschwindigkeit abh¨angig, ferner ist es f¨ur mehrere Beobachter die zusammen stehen gleich. Es ist also ein objektiver und messbarer Effekt. Auch fuer sonstige physikalische Betrachtungen des Beobachters sind diese Effekte reell; zBsp ist die Lebensdauer und die durchlaufene Strecke vor dem Zerfall unstabiler Teilchen sowie Impuls und Energie bei Beschleunigung oder Einfang, nahe der Lichtgeschwindigkeit viel gr¨oßer als bei kleiner Geschwindigkeit.
Sich hier ueber 'Realitaet' streiten zu wollen - etwa zu fragen, ob denn die wirkliche Groesse des Objektes diejenige ist die wir bei ihm sehen w¨urden oder aber die wir beim Vorbeiflug messen, oder ob in einem schwarzen Loch noch eine Masse, ein Feld, oder nur eine Singularit¨at ist - erweist sich als unsinnig, wenn und wann man dort nicht ist. Jeder Beobachter sieht was anderes, und ist auch allein das f¨ur ihn 'wirklich' , wirksame Wahrheit, und relevant; man kann unterschiedlich definieren wie das gemeint sein soll, aber nachpr¨ufbar und relevant ist nur wie das Objekt auf den Beobachter einwirkt (inkl. von ihm ausgesendetes Licht). Wie schon gesagt, gibt es im allt¨aglichen Leben ueberall betrachtungsvariante Eigenschaften, zBsp der Winkeldurchmesser in Grad (umso n¨aher man kommt, unter desto groesserem Winkel erscheint das Objekt), andere Groessen sind weniger betrachtungsabh¨angig , zBsp die Groesse in km; nach dem 'wahren Winkeldurchmesser' oder (sehr genaugenommen) nach der 'wahren Groesse' zu fragen ist unsinnig. Es ist objektiv greifbar und geh¨ort zur Physik und RT zu beobachten und dann zu abstrahieren, wie beobachtbare Eigenschaften egal welcher Herkunft bei unterschiedlichen Beziehungen (Position, Geschwindigkeit, Zeit- oder Raumtrennungen wie Gegenwart oder kinematischer oder geometrischer Horizont, usw) zwischen Objekt und Beobachter aussehen, insbesondere im Vergleich mit derselben Eigenschaft im Ruhesystem des Beobachters also bei ihm.
Nun noch zu einigen Fragen:
Die Messungen der Physik beziehen sich (zumindest der Absicht nach) immer auf irgendwas hoffentlich objektiv messbares. Obwohl diese Frage nebensaechlich ist, sind dies jedenfalls in der RT auch fast immer Eigenschaften von Objekten die in sinnvoller Weise als reell definiert werden koennen.
Die Ueberlegungen der RT sind grundsaetzlich korrekt. Die spezielle RT ist genau an der Realitaet in einer praktisch ueberall objektiv realisierbaren 'naeheren Umgebung' orientiert, und beschreibt sehr genau die Aenderungen von vielen Groessen (Abstaende Zeit / Weg zwischen Ereignissen, oder stattdessen Energie, Impuls) je nach Situation zwischen Objekt und Beobachter, hauptsaechlich deren Relativ-Geschwindigkeit. Die allgemeine RT beschreibt viel mehr, u.a. den allgemeinen (auch globalen) Zusammenhang zwischen den vorgenannten Eigenschaften also Zeit / Weg oder Geometrie oder statische Eigenschaften von Energie / Impuls also Kinematik oder dynamischen Eigenschaften von Raum und Zeit.
Eine quadratische Gleichung hat unvermeidbarerweise zwei Wurzeln, wobei nur Bloede die negative Wurzel fuer reelle Sachen ernst nehmen w¨urden. Die Zusammenhaenge insbesondere der allgemeinen RT sind sehr kompliziert, und es sind viele nicht-reelle Schein-Loesungen der Formeln vorhanden; leider werden diese oft fuer Sensationsberichte irgendwelcher unsinniger Folgerungen oder 'Entdeckungen' benutzt. Meist erfolgt das bösgläubig, oft aber auch aus Fehlinterprätation oder -verständnis. Wichtig ist aber auch beim Leser, gutgläubig und gutwillig sich mit der Materie zu befassen, und Erläuterungen sorgfältig zu lesen und nachzuvollziehen, also etwas zu lernen.
Ausserhalb der gewohnten Alltags-Umgebung, versagen schnell Vorstellungen. In der Physik sollte man sich am formalen Rechen-Verstaendnis inkl. Ueberschlagsrechnungen und Gesp¨ur f¨ur Wesentliches, orientieren. Die SRT ist ein gutes Beispiel dafuer. Der wesentliche formale Gehalt ist gering und unkompliziert. Er ist beispielsweise formal als auch wesenmaessig in einer einzigen Formel ausdrueckbar, die angibt, dass zu einer bestimmten Geschwindigkeit x in Anteilen von c, eine Relativ-Geschwindigkeit (zBsp Bewegung des Beobachters in entgegengesetzter Richtung) nur um 1-x² abgeschwaecht hinzukommt; diese Formel ist die einfachste die ausdrueckt daß effektiv c als Relativgeschwindigkeit nicht ueberschreitbar ist, und dass diese Abschwaechung bei kleinen Geschwindigkeiten erst langsam, dann zunehmend schneller erfolgt -- beides qualitativ und auch sehr genau quantitativ experimentiell bestaetigt, sodaß auch kein Zweifel an der Richtigkeit besteht. Diese Formel kann man in einer Zeile umformen dahingehend dass sich von verschiedenen Beobachtern gemessene Zeit- und Weg-Intervalle zwischen Ereignissen nach c² dt² - dx² = const. transformieren, oder umgekehrt; sozusagen als Integrationskonstante muss man dann noch irgendwie die Gleichzeitigkeit geeignet definieren, falls man statt Intervalle auch einen bestimmten Ort zur Zeit betrachtet. Trotzdem ergeben sich fuer diese formal sehr einfachen Zusammenhaenge sehr vielf¨altige subjektive geometrische Erscheinungen, die nicht ohne Weiteres zu uebersehen sind. Dazu gibt es inzwischen gute berechnete Animationen, und es schadet nichts, die sich anzusehen, wenngleich rein fuer die physikalischen Rechnungen die og Formeln noetig und hinreichend sind.
Die RT behandelt ausdruecklich nicht quantentheoretische Effekte. Die Bezeichnung als 'relativistisch' von Effekten bei denen die QT zumindest reinspielt (angefangen mit gewissen Eigenschaften vom Licht), fuehrt zu Fehlinterpraetationen und vermeintlichen Paradoxonen. |
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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 19.04.2011, 10:09 Titel: |
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@973
Tut mir leid, aber ich verstehe kein Wort.
Die metaphysischen Betrachtungen interessieren mich eigentlich nicht. Ich war vorerst nur daran interessiert, den Begriff real (im Sinne physikalisch real) zu verstehen, um im weiteren Verlauf keine Interpretationsfehler bei Aussagen bzgl. der Längenkontraktion zu begehen .
Der allgemeine Konsens scheint darin zu bestehen, dass "real" eben schlicht und einfach "physikalisch messbar" bedeutet.
Damit kann ich eigentlich ziemlich gut leben.
Dass ein Kant, Wittgenstein und wie sie alle heissen mögen, sich auch darüber Gedanken gemacht haben ist zwar sehr schön, aber in diesem (physikalischen) Kontext meines Erachtens irrelevant (Wie gesagt, ich könnte auch auf die Idee kommen, Gott zu fragen - Glauben kann man so ziemlich alles)
Edit/Nachtrag: Ich habe mir gerade andere Beiträge von dir in diesem Forum angesehen.
Ich ersuchte in meiner Einleitung , dass mich (in diesem Thread) ausschliesslich die Meinung des Mainstreams interessiert. Es geht mir darum, mein Verständnis bzgl. der allgemeinen Lehrmeinung zu vertiefen. Alternative Ansichten interessieren mich (zu diesem Zeitpunkt noch) nicht.
Also - nichts für ungut. |
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973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
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Verfasst am: 19.04.2011, 11:12 Titel: |
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Ggf mehrmals lesen kann da helfen. Gerade weil du wissen wolltest, was man unter real verstehen kann, die ausführliche Antwort. Andererseits, die Erscheinungen der RT sind 'real' in dem Sinne was man normalerweise darunter versteht; wenn du das inzwischen auch so siehst und deine Frage als beantwortet, ist's OK. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 19.04.2011, 12:04 Titel: |
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Hi M.S.
wesentlich für deine Frage erscheint mir auch, dass die Längenmessung vor Einstein wohl vorwiegend ein echtes Abmessen mit Zollstäben oder ähnlichen Maßeinheiten war, während mit Einstein eben die Lichtgeschwindigkeit mit in's Spiel kam, was aber unvermeidlich war. Man stelle sich dazu nur mal vor relativistische Vorgänge (also Vorgänge mit Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit) mit einem Zollstock vermessen zu müssen. Das wird wohl kaum funktionieren . Bleibt noch die Längenmessung über Lichtlaufzeiten, um eine möglichst hohe Zeitauflösung zu bekommen und schon braucht man die spezielle Relativitätstheorie (SRT).
Solltest du noch mehr Mainstream-Meinungen einholen wollen, empfehle ich auch http://www.scienceblogs.de/ zur Lektüre.
Gruß |
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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 19.04.2011, 12:16 Titel: |
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973 hat Folgendes geschrieben: | Ggf mehrmals lesen kann da helfen.
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Besten Dank für diese Information. Das war mir natürlich bis jetzt nicht bekannt.
973 hat Folgendes geschrieben: |
Gerade weil du wissen wolltest, was man unter real verstehen kann, die ausführliche Antwort.
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Eigentlich wollte ich konkret wissen, was die Naturwissenschaft unter dem Begriff "real" versteht. Diese Frage wurde bereits zu meiner vollkommenen Zufriedenheit beantwortet. In deinem (sehr ausführhichen) geistigem Erguss konnte ich eigentlich keinen Sinn erkennen.
973 hat Folgendes geschrieben: |
Andererseits, die Erscheinungen der RT sind 'real' in dem Sinne was man normalerweise darunter versteht
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Und auch besten Dank für diesen überaus informativen Satz.
Wie ein Blitz ist da die Erkenntnis in mich gefahren.
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M.S
Anmeldedatum: 12.04.2011 Beiträge: 22
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Verfasst am: 19.04.2011, 12:26 Titel: |
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Hallo Barney,
Barney hat Folgendes geschrieben: | Hi M.S.
wesentlich für deine Frage erscheint mir auch, dass die Längenmessung vor Einstein wohl vorwiegend ein echtes Abmessen mit Zollstäben oder ähnlichen Maßeinheiten war, während mit Einstein eben die Lichtgeschwindigkeit mit in's Spiel kam, was aber unvermeidlich war. Man stelle sich dazu nur mal vor relativistische Vorgänge (also Vorgänge mit Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit) mit einem Zollstock vermessen zu müssen. Das wird wohl kaum funktionieren . Bleibt noch die Längenmessung über Lichtlaufzeiten, um eine möglichst hohe Zeitauflösung zu bekommen und schon braucht man die spezielle Relativitätstheorie (SRT).
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Frage: Brauche ich die SRT
a) um zu messen,
b) um die Messungen korrekt auszuwerten/bzw zu interpretieren
c) oder benötige ich die SRT für beides ?
(Sorry, wenn das jetzt eine dumme Frage sein sollte, aber sowas beschäftigt mich wirklich. Ich dachte mir eigentlich: b trifft zu).
Barney hat Folgendes geschrieben: |
Solltest du noch mehr Mainstream-Meinungen einholen wollen, empfehle ich auch http://www.scienceblogs.de/ zur Lektüre.
Gruß |
Danke für den Link. scienceblogs.de finde ich auch sehr informativ. Sehr gerne lese ich dort die Beiträge vom Florian Freistetter. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 19.04.2011, 12:53 Titel: |
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M.S hat Folgendes geschrieben: | Ich dachte mir eigentlich: b trifft zu). |
Klar. Antwort b ist natürlich richtig.
Wobei für eine gute Versuchsplanung und -durchführung Kenntnisse der SRT sicher auch nicht schaden .
Gruß |
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