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Anmeldedatum: 17.05.2006 Beiträge: 912 Wohnort: Heidelberg
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Verfasst am: 26.05.2006, 13:41 Titel: Analyse von "Dissler: XIX. Geistige Invalidität" |
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Wie angekündigt hier eine erste Analyse des Textes:
DISSLER, W. (1971): „Führt der Glaube an Einsteins Relativitätstheorie zu einer gewissen Art geistiger Invalidität?“,
Zeitschrift: „Wissen im Werden“, 1971, Heft 1, S. 62 - 69
Online auf Herrn Friebes Seite unter:
Geistige Invalidität
zu finden.
Ich zitiere jetzt nur kleine Bruchstücke aus diesem Text. Um also das Folgende nachvollziehen zu können, wird der Text von Herrn Dissler benötigt. Sonst wird dieses Post hier einfach zu lang...
Mir liegt inzwischen eine engliche Version des von Dissler erwähnten Einstein Textes vor. Ich muß also u. U. den englischen Text zitieren, wenn er nicht von Dissler schon auf deutsch zitiert wurde.
OK, fangen wir an:
Einstein versucht in seinem Text zu zeigen, dass die Lorentz-Transformation eine sinnvolle Transformation ist, um die Bedingung zu erfüllen, dass die Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem identisch ist. Der Text ist sicher keine strenge Herleitung und erst recht kein Beweis für die Lorentz-Transformation und schon gar nicht dafür, dass die Lorentz-Transformation die einzig mögliche ist. Es geht ja auch nur darum, eine solche dem Leser plausibel zu machen und die Gründe dafür auf zu zeigen, warum man gerade auf eine solche Transformation kommt.
Der große Verständnis-Fehler von Herrn Dissler, der sich durch den ganzen Text zieht, ist gleich am Anfang zu finden. Zugegeben, Einstein erklärt diesen Punkt auch nicht wirklich deutlich und läd so zu diesem Mißverständnis geradezu ein.
Einstein fängt nämlich damit an, dass er zuerst nur einen Lichtstrahl betrachtet, der in positive und später in negative x-Richtung sich ausbreitet. Für einen solchen Strahl gilt (z. B. für postitive x-Richtung) sowohl im System K (ruhend) als auch im dazu mit v=const bewegten System K':
x-ct = 0 und x'-ct' = 0
Und jetzt kommt der Satz von Einsteins Text, den Dissler nicht verstanden hat:
"...Dies (dass die beiden Gleichungen erfüllt sind) wird offenbar der Fall sein, wenn allgemein die Beziehung:
x'-ct' = l(x-ct)
erfüllt ist, ..."
Dieses "allgemein" bedeutet jetzt nämlich, dass diese Beziehung für alle Ereignisse (also für alle x und t und dazu gehörenden x' und t') gilten soll. Er nimmt hier einfach eine lineare Beziehung an, die zumindest schon mal den Fall für einen Lichtstrahl erfüllt, weil hier nämlich die ersten beiden Gleichungen auf jeden Fall erfüllt sein müssen für jedes beliebige l ungleich 0.
Mit anderen Worten: Wir gehen davon aus, dass die ersten beiden Gleichungen, die direkt aus der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit folgen, erfüllt sind und suchen eine Transformation, die diese Randbedingung erfüllt. Die dritte Gleichung ist einfach nur eine Idee, wie man auf eine Transformation kommen könnte, die die beiden ersten Gleichungen schonmal erfüllt, aber nicht nur für einen Lichtstrahl gilt, sondern allgemein auch für alle anderen x, x' und t, t'.
Dissler glaubt aber, dass Einstein immer noch nur von dem Fall eines Lichtstrahls aus geht, der sich in positiver x-Richtung bewegt. Deshalb schreibt er, dass die Gleichung ja unsinnig sei, weil die beiden Seiten so wie so = 0 sind und deshalb der Parameter l (im Original übrigens ein Lambda) ja gar nicht definiert sei. Er behauptet sogar, dass das mathematisch nicht korrekt sei, weil, wenn man die Gleichung nach l auflöse, man ja durch null teilen müsse. Das ist aber mathematisch nicht so. Man darf die Gleichung:
0 = l * 0
jeder Zeit aufstellen. Richtig ist, dass l dann jeden beliebigen Wert annehmen darf, aber es ist mathematisch trotzdem korrekt. Sinnvoll wird es natürlich erst, wenn man das "allgemein" nicht überliest und auch richtig versteht.
Als nächstes betrachtet Einstein den Fall, dass der Lichtstrahl in negative x-Richtung sich ausbreitet. Einstein's gleichung hierfür ist dann:
x + ct = 0 und x' + ct' = 0
was ja auch ganz einfach und logisch ist. c ist ja eine positiv definierte Konstante und wenn t in positive Richtung geht, soll x ja in negative Richtung gehen, was die Gleichung ja auch richtig ausdrückt.
Dissler meint aber, dass man
-x + ct = 0
schreiben müsse, weil es ja in negative x-Richtung ginge. Das ist natürlich völliger Nonsens! Einstein redet ja die ganze Zeit von Koordinaten und nicht von Beträgen (absoluten Längen). D. h., dass eben der Wert der Variablen "x" negativ werden soll. Wenn ich da nochmal ein "-" vorne dran schreibe, dann würde x ja wieder positiv werden und ich hätte wieder einen Lichtstrahl in positive x-Richtung. Dieser Zusammenhang kann doch sicher jeder 7-Klässler erkennen! Ich weiß gar nicht, was man dazu noch schreiben kann...
Dissler schreibt dazu:
"Würde ich für x und c ein verschiedenes Vorzeichen annehmen, dann erhielte ich aus den obigen Gleichungen bei einer Division durch c eine negative Zeit, was natürlich ein Unsinn wäre."
und kam offensichtlich nicht auf die Idee, dass x eben von sich aus schon einen negative Wert haben kann, so dass t=-x/c wieder eine positive Zeit ist.
Im Folgenden macht Einstein aus den Gleichungen in negativer x-Richtung die Überlegung, dass die durch
(x' + ct') = m (x + ct)
erfüllt werden können, wobei im Original das m dann ein Mü ist.
Einstein addiert jetzt die beiden Gleichungen für positive und negative Richtung und führt noch zwei neue Konstanten a und b ein, die sich aus l und m ergeben, so dass er auf eine Transformation der Form:
x' = ax - bct
ct' = act - bx
kommt.
Aber nochmal: Das ganze soll für jeden beliebigen Raum-/Zeitpunkt (Ereignis) gelten, nicht nur für den Fall, dass x = ct ist oder x = -ct.
Einstein betrachtet nämlich als nächstes nur den Fall, dass x' = 0 ist, also dass alle Ereignisse im Ursprung von K' statt finden (so zu sagen gerade den anderen Grenzfall zur Lichtgeschwindigkeit). Dissler geht aber immer noch davon aus, dass x=ct und x'=ct' sein sollen, so dass er natürlich ständig auf Widersprüche stößt. Es lohnt sich eigentlich gar nicht, diese im Einzelnen zu betrachten, weil sie einfach alle auf diesem Fehler beruhen. Exemplarisch vielleicht nur das, was Dissler als Einstein's "wohl schwersten Fehler" bezeichnet:
Einstein ist immer noch im Ursprung von K' und geht von der obigen Transformation aus. Das bedeutet aber, dass x' = 0 sein muß und die erste Gleichung deshalb zu:
0 = ax - b ct
x = (bc/a) * t
wird. Da für den Fall dass x' = 0 ist, x = vt sein muß (K' bewegt sich ja mit der Geschwindigkeit v relativ zu K), kann man die letzte Gleichung natürlich auch:
x/t = bc/a
v = bc/a
schreiben. Dissler meint aber, dass nach der Voraussetzung, dass x=ct sein soll und nicht x=vt, die letzte Gleichung
c = bc/a
sein müsste und deshalb b=a sein sollte. Er hat also einfach nicht mitbekommen, dass wir den Fall x=ct schon lange gar nicht mehr betrachten, sondern eben den Fall x' = 0 und damit x=vt.
Den Rest, der nach dem selben Schema so weiter geht, werde ich mir morgen nochmal anschauen. Aber ich finde es offensichtlich, dass es ein klassischer Fall von "Das, was Einstein schreibt, kann nicht richtig sein. Ich muß jetzt Fehler finden. Ich will gar nicht kapieren, von was Einstein redet, weil es mich ja geistig invalide machen würde!"
Also dann, bis morgen. Da kommt dann der zweite Teil. Kritik und Anregungen zu diesem Teil (und natürlich auch zum Rest) sind herzlich willkommen! Ich würde gerne Verbesserungen/Korrekturen noch gleich in diesen Post einbauen und vielleicht auch diesen ersten Teil dann noch direkt mit dem zweiten ergänzen, wenn der fertig ist, so dass wir einen kompletten Text haben.
Gruß
Marco |
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Verfasst am: 27.05.2006, 19:46 Titel: |
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Hallo!
Hier also der 2. Teil. Ich habe nochmal die Texte gelesen und bin zur Einsicht gelangt, dass ich diesen Teil relativ kurz halten kann. Dissler klammert sich immer noch an die Anfangsbetrachtung von Einstein, dass er nämlich die x/t-Paare der Lichtausbreitung betrachtet, die Dissler als die Anfangsvoraussetzung für alle weiteren x/t in den restlichen Rechnungen Einsteins mißversteht, obwohl Einstein diesen Spezialfall ja nur am Anfang benutzt hat, um eine allgemeine Transformation für alle x und t von zwei relativ bewegten Systemen zu motivieren.
Einstein gelangte so ja zu der Transformation:
x' = ax - bct
ct' = act - bx
und wollte mit zusätzlichen Betrachtungen jetzt noch die Werte für a und b bestimmen.
Dazu definiert er eine Länge als Abstand von zwei Punkten im System K. Er betrachtet diesen Abstand zum Zeitpunkt t = 0, so dass er für jeden der beiden Punkte aus der Transformation:
x' = ax
erhält.
Dazu schreibt Dissler dann eben:
Zitat: |
Bei diesen Ausführungen versucht nun Einstein statt der Lichtwege x jetzt auf einmal reale Maßstäbe in die Rechnung mit einzuschmuggeln, denn nach der anfänglichen Voraussetzung x = ct folgt für t = 0 auch x = 0, und damit wird auch (6a) zu 0 = 0.
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Also wieder die falsche Annahme, dass x immer noch auf x = ct eingeschränkt sei. Unter dieser Annahme betrachtet er auch den Rest, so dass er bei Einsteins endgültigen Transformations-Gleichungen:
x' = (x - vt)/(sqrt(1 - (v²/c²))
t' = (t - (v/c²) x) / (sqrt(1 - (v²/c²))
bemängelt, dass sich ja für v = c jeweils:
ergäbe. Das ist natürlich richtig, für alle Objekte, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, also für die (nur) anfänglich betrachteten Lichtstrahlen, aber eben nicht für die allgemeine Transformation.
Als Abschluß seiner Betrachtung kommt dann dieser Satz:
Zitat: |
Mein Leser möge selbst beurteilen, ob Einsteins Ableitung der Lorentz-Transformation einer ernsthaften Prüfung standhält. Wie aus dieser offensichtlich falschen Rechnung eine richtige Theorie folgen kann, das können wohl nur die „Fachleute“ beweisen.
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Dem möchte ich mich an dieser Stelle, allerdings unter umgekehrten Vorzeichen, anschließen...
Gruß
Marco |
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