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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 15.05.2008, 16:41 Titel: |
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Hi Erik,
Ich sehe aber immer noch einen wesentlichen Unterschied. Die Kraft ist ein Vektor, der durch die Differenzierung des Impulsvektors nach der Zeit entsteht. Der elektrische Strom ist dagegen die durch ein Fläche strömende Ladung. Hier kommt die Vektoreigenschaft aus der Flächennormalen, bei der der maximale Strom auftritt. Formal ist das dann auch dL/dt, aber es ist eben physikalisch nicht das selbe.
dp/dt ist eine Impulsänderung
dL/dt ist ein Ladungsstrom, der noch mit dem Richtungsvektor zu multiplizieren ist um einen Vektor zu bekommen.
Auch ist es ja so, dass die Ladungen sich tatsächlich in eine Richtung bewegen. Bei der Impulsänderung wird der Impuls größer oder kleiner, oder er ändert seine Richtung. Es geht tatsächlich kein Strom durch irgendeine Fläche. Dazu müsste man tatsächlich irgend einen Skalar bilden, für den wie bei der Ladung ein Erhaltungssatz gilt und der bei Impulsänderung aufgenommen oder abgegeben wird.
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 15.05.2008, 16:45 Titel: |
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Oder um es kurz auszudrücken:
Erik hat Folgendes geschrieben: |
Und dies führt zu einer "Impulstrennung" (analog Ladungstrennung) $ \Delta p_{Auto} = - \Delta p_{Erde} $.
Ist doch gar nicht so falsch, oder?
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Was wird denn da getrennt? Enthält jeder Körper lauter positive und negative Impulsquanten?
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Erik
Anmeldedatum: 28.03.2006 Beiträge: 565
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Verfasst am: 15.05.2008, 19:20 Titel: |
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Joachim hat Folgendes geschrieben: | Hi Erik,
Ich sehe aber immer noch einen wesentlichen Unterschied. Die Kraft ist ein Vektor, der durch die Differenzierung des Impulsvektors nach der Zeit entsteht. Der elektrische Strom ist dagegen die durch ein Fläche strömende Ladung. Hier kommt die Vektoreigenschaft aus der Flächennormalen, bei der der maximale Strom auftritt. Formal ist das dann auch dL/dt, aber es ist eben physikalisch nicht das selbe.
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Der Unterschied ist eigentlich nur, daß es sich um die Dichten und Ströme von Größen
unterschiedlicher Tensorstufe handelt:
Bei der Ladung haben wir (alles nichtrelativistisch) eine "skalarwertige" Nullform, (also
ein Skalarfeld) $ \rho $, die Ladungsdichte, und eine "skalarwertige" 1-Form
(also eine 1-Form) $ j = j_x dx + j_y dy + j_z dz $.
Unter Ladungs-Strom verstehe ich die Zahl, die entsteht, wenn ich j in eine 2-Form
verwandle $ *j = j_x dy\wedge dz + j_y dz\wedge dx + j_z dx\wedge dy $ und über eine
Fläche integriere. Handelt es sich um eine geschlossene Fläche ist das genau die
zeitliche Änderung des Volumenintegrals von $ *\rho = \rho dx\wedge dy\wedge dz $
Das folgt aus der Kontinuitätsgl.
\[ {\partial\over \partial t}*\rho = d*j =: \text{"div"} j \]
und dem Satz von Stokes
\[
{d\over dt}\int_V *\rho = \int_V \text{"div"}j = \int_V d*j = \int_{\partial V} *j
\]
(Satz von Stokes im letzten Schritt.) War jetzt nichts neues, ich weiß, diente nur
zur Vorbereitung:
Beim Impuls ist es nun nämlich vollkommen analog, nur erhöhen sich die Tensorstufen um eins und ich habe
da als Dichte eine vektorwertige Nullform (also Vektorfeld), sagen wir $ \vec{\epsilon} $, und eine
vektorwertige 1-Form (also ein Tensor der Stufe (1,1)) \[ \pi_{k}^{i}\vec{e}_i dx^k = \vec{\pi}_kdx^k=\vec{\pi} \].
Nun ist der Impulsstrom durch die Fläche A definiert als der Vektor
\[ \vec{\Pi} := \int_{A} *\vec{\pi} = \int_{A} \vec{\pi}_xdy\wedge dz + \vec{\pi}_{y} dz\wedge dx + \vec{\pi}_{z}dx\wedge dy. \]
Da es auch hier, wegen der Impulserhaltung, eine Kontinuitätsgl. gibt, nämlich
\[ {\partial \over \partial t } *\vec{\epsilon} = d*\vec{\pi} \]
ist dieser Impulsstrom durch eine geschlossene Oberfläche gleich der zeitlichen Änderung des Volumenintegrals
über die Impulsdichte, also
\[ \vec{\Pi} = {d\over dt} \int_V \vec{\epsilon}\].
\)
Das Volumenintegral über die Impulsdichte ist einfach der Impuls
\(
\[ \vec{p} = \int_V \vec{\epsilon} \]
Also ist der Impulsstrom durch eine geschlossene Oberfläche gleich der zeitlichen Änderung des Gesamtimpulses
im eingeschlossenen Volumen.
\[ \vec{\Pi} = {d\over dt}\vec{p}. \]
Also ist in diesem Sinne Kraft=Impulsstrom.
Zitat: |
Erik hat Folgendes geschrieben: |
Und dies führt zu einer "Impulstrennung" (analog Ladungstrennung) $ \Delta p_{Auto} = - \Delta p_{Erde} $.
Ist doch gar nicht so falsch, oder?
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Was wird denn da getrennt? Enthält jeder Körper lauter positive und negative Impulsquanten?
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Naja, deswegen ist es eine Analogie und keine Identität. Der eine Körper bekommt
Impuls p der andere -p. Genauso wie die eine Kondensatorplatte die Ladung Q bekommt, und die
andere -Q. Mehr muß man da nicht hineininterpretieren.
Zuletzt bearbeitet von Erik am 15.05.2008, 20:02, insgesamt 7-mal bearbeitet |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 15.05.2008, 19:31 Titel: |
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El Cattivo hat Folgendes geschrieben: | Da hast du grad mein Interesse geweckt. Kann sein, das ich einfach andere Begriffe für hab. Vektordiagramme? Du meinst vermutlich das gleiche, was ich unter Zeigerdiagramme in der komplexen Ebene verstehe... |
In der Tat, das gleiche. In der Schnelle habe ich mich etwas ungenau ausgedrückt. Ich hatte die (erweiterten) Zeigerdiagramme im Auge. Gerade in Starkstromnetzen mit Drehstromverteilung sowie bei Netztransformatoren mit ohmisch-induktiver Last sind diese eine ausgezeichnete Bemessungshilfe. Bekannt im Zusammenhang ist auch das "Kappsche Dreieck".
Unter der "symbolischen Methode" (der Ausdruck geht meines Wissens auf Steinmetz zurück) ist einfach nur die komplexe Wechselstromrechnung - jedem El.-Ing. ein Begriff - zu verstehen. Wie man vor Steinmetz komplexe Wechselstromnetzwerke berechnet hat, ist mir noch immer ein Rätsel.
Diese "symbolische Methode" benutze ich, wenn Zeigerdiagramme unübersichtlich werden wie z.B. bei komplizierteren Schaltungen aus Reaktanzen und Wirkwiderständen, um die Impedanz bzw. den einpoligen Kurzschlußstrom zu bestimmen. Anstelle von Zeigern und deren Drehungen und Streckungen in der komplexen Ebene komme ich so (mit dem Taschenrechner) in der Regel schneller voran.
Je nach Ansatz habe ich also zur freien Verfügung:
- Zeigerbilder
- Gaußsche Form: z = a + jb
- Trigonometrische Form: z = r(cosφ + jsinφ)
- Eulersche Form: z = r * e^(jφ)
Es gibt im Kontext (Elektro- und Regelungstechnik) noch weitere Hilfsmittel (nicht alle sind jedem gleichermassen bekannt) wie Smith-Diagramm, Bode-Diagramm, Nyquist-Diagramm und Ortskurven.
p.s.
Vom Typ her bin ich mehr Geometer als Algebraiker. Jeder sollte in praxi diejenigen Mittel und Methoden anwenden, die ihn bei einer bestimmten Aufgabenstellung am Einfachsten zum Ziel führen. Alles andere ist unnötiges Beiwerk.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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El Cattivo
Anmeldedatum: 22.04.2007 Beiträge: 1556
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Verfasst am: 15.05.2008, 20:29 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: | - jedem El.-Ing. ein Begriff - |
Hallo Zeitgenosse
Naja, ein Begriff nicht, ich kann nur mit rechnen... Danke für die knappe Ausführungen.
mfg |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 16.05.2008, 00:30 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: | Die Absicht Maurers und seiner Komparsen ist zwar lobenswert; aber ob sich die Didaktik der Physik damit wesentlich verbessern lässt (oder ob die Konfusion damit nicht noch zunimmt), ist in meinen Augen eher eine Sache des persönlichen Standpunktes. |
Wir wollen aber nicht aus voreiligem Urteil ungerecht sein!
Von Prof. Maurer (gelernter Mechaniker und später Diplomphysiker - Hut ab!)
https://home.zhaw.ch/~mau/
habe ich bei mir zu Hause doch nichts gefunden (also las ich seinen Artikel seinerzeit lediglich in der "Technischen Rundschau", behielt diesen aber immerhin in guter Erinnerung). Hingegen habe ich von Prof. Hermann (mit dem Maurer ja über den "Karlsruher Physikkurs" verbandelt ist) ein paar Blätter in einem meiner diversen Hängeregister aufgespürt.
Gerade sehe ich, dass es dabei auch um eine Streitfrage ging, die ich mit dem damaligen BMS-Physiklehrer (BMS = Berufsmittelschule) meiner Tochter austrug (ein Wägelchen, das auf einer Tischplatte an einem Seil mit Umlenkrolle und Gewicht horizontal beschleunigt wird). Wir wurden uns wohl nicht völlig einig in der Sache. Der Lehrer war aber immerhin um Konzilianz bemüht und schrieb mir u.a.:
Zitat: | Der "Karlsruher Physikkurs" (siehe Beilagen) hat Anstrengungen unternommen, die Physik von sog. Altlasten [darunter D'Alembert, Anm. zg] zu befreien, Analogien zwischen den verschiedenen Physikbereichen aufzuzeigen und eine klarere Struktur und Symbolik der Physik einzuführen. Physiker der FH Winterthur (ZHW) [darunter vermutlich auch Prof. Maurer, Anm. zg] haben diese Philosophie übernommen und versuchen ihrerseits eine systemdynamische Physik zu vermitteln...
"Unsere Physik" (eben auf der Idee des Karlsruher Physikkurses aufgebaut) arbeitet mit mengenartigen Grössen (extensive Grössen) wie z.B. Impuls oder Entropie und Niveaugrössen (intensive Grössen) wie z.B. Geschwindigkeit oder Temperatur. Dabei gilt, dass die mengenartigen Grössen die Eigenschaft des Fliessens und damit eine Stromstärke besitzen ... |
Was bei einem mechanischen Impuls "fliesst", blieb mir zwar bisher verborgen, mehr als eine Analogie konnte es kaum sein. Einen Rückfall in die Physik des 18. Jahrhunderts (wo die Wärme durch das "Phlogiston" erklärt oder die Elektrizität als "Fluidum" verstanden wurde) hatten die Herren mit Sicherheit nicht im Sinn.
Dieser Philosophie folgend haben die Didaktiker u.a. definiert:
I_P --> Impulsstromstärke dp/dt (nichts anderes als Kraft)
I_W --> Energiestromstärke dE/dt (nichts anderes als Leistung)
I_S --> Entropiestromstärke dS/dt
Klassische Begriffe wie z.B. der "Kraftstoss" (Impulsänderung) sind mir lieber.
Meine etwas sarkastische Antwort (ihr kennt mich ja in dieser Hinsicht bereits) an den Physiklehrer lautete:
Zitat: | Besten Dank noch für Ihr ergiebiges Statement...Die an der FH-Winterthur propagierte "systemdynamische Physik" ist mir natürlich seit Längerem bekannt (und ebenso ein Dorn im Auge, weil ich diese Notation für praxisuntauglich taxiere). [...] Der angehende Student wird damit lediglich einer die Ratio überflutenden Begriffsvielfalt ausgesetzt, an welcher kein nutzbringender Aspekt erkennbar ist. In mutatis mutandis: NIcht alle Lehrpersonen teilen in dieser Sache Ihren ausgesprochenen Optimismus... |
Anders wäre es womöglich (das will ich nicht ausschliessen), wenn an allen Bildungseinrichtungen einheitlich nach dem Modell des "Karlsruher Physikkurses" unterrichtet würde. So aber herrscht eine gewisse Willkür in der Wahl der Begriffe. Selbst habe ich mich immer an der historischen Entwicklung orientiert, um ein stufenweises Erkenntnisschema in meinem Bewusstsein zu fördern.
Bei der Lösung der "Wägelchen-Aufgabe" schrieb der Lehrer dann hinzu:
F = m1 * a ; m1: Wagenmasse
Aussagekräftiger - in meinen Augen - wäre:
F = (m2 - μ*m1)g = (m1 + m2)a
m2: Masse des Gewichtsteins
μ: Gleitreibungsbeiwert (unabhängig von der Gleitgeschwindigkeit)
Nun, es gibt natürlich auch einige positive Aspekte beim KPK, wovon sich jeder selbst ein Bild machen kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karlsruher_Physikkurs
Sehr gut empfinde ich z.B.:
Zitat: | Eines der für den Karlsruher Physikkurs erarbeiteten Konzepte besteht darin, auf die Einführung von überholten Atommodellen wie dem Bohrschen Atommodell zu verzichten. Stattdessen wird ein an modernen Erkenntnissen orientiertes Modell gelehrt. |
Mir behagt einzig die Strömungs-Analogie nicht. Das kommt möglicherweise auch von daher, dass ich zu meiner Zeit einen völlig anderen Zugang zu Physik und Technik vermittelt bekam, als sie es an der ZHW sowie in Karlsruhe lehren:
http://www.pegaswiss.ch/
http://www.systemdesign.ch/
Oder sind deutschstämmige Völker einfach in gewissen Dingen weiter fortgeschritten als "Vierteljuden" aus dem Stamm Manasse wie ich es einer bin (nach Grossvaters Recherchen jedenfalls)? Na ja, das war jetzt etwas Polemik unter die Gürtellinie.
Ob dieses moderne didaktische Konzept für die Mechatronik-Ausbildung (auch Systemtechnik genannt) von Vorteil ist, wage ich allerdings nach wie vor zu bezweifeln. Für die Elektrotechnik bzw. Elektrodynamik sehe ich noch weniger Nutzen. Auf mich mich wirkt vieles irritierend; denn gerade in der Elektrodynamik (Poynting-Vektor) als auch in der ART (Energie-Impuls-Tensor) versteht man unter einem "Impulsstrom" resp. dessen Dichte nicht unbedingt dasselbe wie die genannten Didaktiker mit Höherem Lehramt.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 16.05.2008, 07:23 Titel: |
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Erik hat Folgendes geschrieben: |
Naja, deswegen ist es eine Analogie und keine Identität. |
Eben darum geht es mir. Es sind einfach nur analoge mathematische Ausdrücke. Sie beschreiben aber physikalisch völlig verschiedene Vorgänge.
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Karl Site Admin
Anmeldedatum: 14.02.2006 Beiträge: 1457 Wohnort: Zürich, Schweiz
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Verfasst am: 16.05.2008, 11:06 Titel: |
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Hallo,
dass im Allgemeinen die Darstellung der Kraft als Impulsstrom von Vorteil ist, bezweifle ich erst mal. Möglicherweise für dynamische Systeme. Für Systeme, die sich im Gleichgewicht befinden, ist eine Darstellung mittels Impulsstrom aus meiner Sicht kein Vorteil. Auch didaktisch nicht, da der Impulsstrom in diesem Fall überall Null ist. Maurer unterscheidet jedoch zwischen einem "äußeren" Impulsstrom, der durch Wechselwirkung eines festen Körpers mit seiner Umgebung zustande kommt, und einem "inneren" Impusstrom, der durch die Wechselwirkung des festen Körpers mit dem Gravitationsfeld zustande kommt (https://home.zhaw.ch/~mau/Horror/rotBS.htm). Da läuft es darauf hinaus, dass die einzelnen Komponenten sauber dargestellt werden, egal ob als Impulsstrom oder als Kraft. Dass eine Verwendung von Impulsströmen nicht verhindert, dass es zu "unsauberen" Darstellungen kommt, zeigt Maurer selbst mit seiner Analyse des Federwaagebeispiels: https://home.zhaw.ch/~mau/Horror/Heywang38K.htm Abb. 3. Dort fehlt zu jedem dargestellten Impulsstrom der entsprechende gegenläufige Impulsstrom.
Ob die Verwendung von Impulsströmen didaktische Vorteile bringt? Der Impuls selbst ist schon ein Massestrom, d.h., dass der Impulsstrom eine Massestromänderung ist. Für mich auch nicht anschaulicher als ein Kraftvektor.
LG,
Karl _________________ „Wo ist meine kleine gelbe Chinalackdose?“ Der ganz normale Wahnsinn |
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Erik
Anmeldedatum: 28.03.2006 Beiträge: 565
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Verfasst am: 16.05.2008, 12:13 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: |
Auf mich mich wirkt vieles irritierend; denn gerade in der Elektrodynamik (Poynting-Vektor)
als auch in der ART (Energie-Impuls-Tensor) versteht man unter einem "Impulsstrom" resp.
dessen Dichte nicht unbedingt dasselbe wie die genannten Didaktiker mit Höherem Lehramt.
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Nicht? Ich kann zwar nicht für die Didaktiker mit Höherem Lehramt sprechen, aber
zumindest ich habe es genauso verstanden. Wie meinen sie es denn?
Joachim hat Folgendes geschrieben: |
Erik hat Folgendes geschrieben: |
Joachim hat Folgendes geschrieben: |
Was wird denn da getrennt? Enthält jeder Körper lauter positive und negative Impulsquanten?
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Naja, deswegen ist es eine Analogie und keine Identität.
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Eben darum geht es mir. Es sind einfach nur analoge mathematische Ausdrücke. Sie beschreiben
aber physikalisch völlig verschiedene Vorgänge.
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Ja, aber was soll mir das sagen? Natürlich ist der Strom von Impuls etwas anderes als der
Strom von Ladung, sind ja auch verschiedene physikalische Größen.
Und das ganze hat übrigens mit Quanten überhaupt nichts zu tun. Ladungsströme und Dichten
sind auch in der klassischen Feldtheorie mit kontinuierlich verteilten Ladungen kein Problem. Und
in dieser rechnet man seit jeher auch mit Impulströmen und -dichten.
Karl hat Folgendes geschrieben: |
dass im Allgemeinen die Darstellung der Kraft als Impulsstrom von Vorteil ist, bezweifle ich
erst mal. Möglicherweise für dynamische Systeme.
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Also daß man jedes System aus Massepunkten so behandeln muß, will ich nicht sagen.
Das ganze kommt halt aus der Feldtheorie. In Hydrodynamik und Elastizitätstheorie ist
es unerläßlich. Zum Bsp. ist die Kontinuitätsgl. für Impulsdichte $ \vec{\epsilon} = \rho\vec{v} $
und Impulsstromdichte $ \pi^{i}_{k} = -\rho v^i v_k - \delta^i_k p $
\[ {\partial\over\partial t} *\vec{\epsilon} - d*\vec{\pi}=0 \]
nichts anderes als die Euler-Gleichung.
Auf Punktmassen angewendet tut man dem ganzen Formalismus natürlich etwas Gewalt an, indem
man delta-förmige Dichten einführt, aber das kennt man an der Schnittstelle von Fedtheorie
und Massenpunkten in der Elektrodynamik sowieso schon. Und die Ströme selbst sind ja auch
harmlos, nur die Dichten nicht mehr.
Zitat: |
Für Systeme, die sich im Gleichgewicht befinden, ist eine Darstellung mittels Impulsstrom
aus meiner Sicht kein Vorteil. Auch didaktisch nicht, da der Impulsstrom in diesem Fall
überall Null ist.
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Na und? Gilt doch für die Kraft auch. Also weder Vor- noch Nachteil.
Zitat: |
Ob die Verwendung von Impulsströmen didaktische Vorteile bringt? Der Impuls selbst ist
schon ein Massestrom, d.h., dass der Impulsstrom eine Massestromänderung ist.
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Das ist aber nicht in allen Systemen so. |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 17.05.2008, 02:31 Titel: |
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Erik hat Folgendes geschrieben: | Ich kann zwar nicht für die Didaktiker mit Höherem Lehramt sprechen, aber zumindest ich habe es genauso verstanden. Wie meinen sie es denn? |
Im Rahmen der ART? - Keine Ahnung. Meinen tun sie es vermutlich schon richtig. Mir selbst sind aber geometrische Zugänge (Vektoren und Tensoren) viel angenehmer als irgendwelche konzeptionelle Stromflüsse.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 17.05.2008, 02:42 Titel: |
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Interessant war der Exkurs alleweil.
Im Rahmen des KPK soll die Impulsstromstärke mit etwas Fliessendem assoziiert werden. In Wirklichkeit fliesst da aber nichts, es ist nur ein didaktisches Konzept. Dass dieses der klassischen Behandlung von Kräften überlegen sein soll, ist bisher nur eine Vermutung. Ansonsten wären alle Ingenieure von Gestern ziemliche Idioten gewesen.
Wie gesagt bin ich nicht gegen eine Modernisierung der Begriffe, z.B. halte ich die von D'Alembert eingeführten "virtuellen Verrückungen" (als historisch geprägten Ausdruck) für antiquiert, nicht jedoch das zugrunde liegende Prinzip. Hingegen betrachte ich die zunehmende Begriffsvielfalt für ein und denselben Gegenstand als bedenklich, weil solches dem Erlernen physikalisch-technischer Sachverhalte eher abkömmlich ist. Dazu muss ich anmerken, dass ich selbst - wenn auch nur im Nebenamt - als technischer Dozent an höheren Bildungseinrichtungen tätig war und deshalb die Debatte in etwa kenne.
Ein weiteres Präzedenzbeispiel begrifflicher Unsicherheiten ist die Entropie (vom griech. εντροπία = Hineinwendung, Umwandlung). Clausius (1864) führte diesen Begriff erstmals in die Thermodynamik ein als:
dS = ∂Q/T
Dadurch wird die Entropie(differenz)messung auf Wärmemengen- und Temperaturmessungen zurückgeführt. Sie gibt damit auch ein Maß für die 'Adiabatische Erreichbarkeit' an.
Aus dem Expansionsversuch von Gay-Lussac lässt sich zudem ableiten:
dS = (p/T)dV
In der statistischen Physik stellt die Entropie ein Maß für das vom System erreichbare Phasenraumvolumen dar (siehe dazu Fließbach, Statistische Phsik).
Boltzmann lieferte eine mikroskopische Definition der Entropie (äusserst schade übrigens, dass er seinem Leben vorzeitig ein Ende setzte):
S = k ln(Ω)
k Boltzmann-Konstante
Ω Anzahl der zugänglichen Mikrozustände (Multiplizität)
Historische Anmerkung:
Nebst Boltzmann hat auch Maxwell einen nicht unerheblichen Anteil zur statistischen Physik (kinetische Gastheorie) beigetragen; bezüglich der Flüssigkeiten ein Gebiet, das auch Einstein (im Sinne von Gibbs) in seinen Berner Jahren befruchtend inspirierte.
Später hat Shannon (1948) den Entropiebegriff in abgewandelter Form auf Informationssysteme ausgedehnt. Dort ist die Entropie ein Maß für den mittleren Informationsgehalt (Informationsdichte) eines Zeichens, das in einer Informationsfolge enthalten ist:
H = Σ p * ld p ; p Wahrscheinlichkeit
Vollkommen richtig in dieser Sache ist, was auch der KPK betont, dass die Entropie eine "extensive Grösse" ist. Sie ist auch eine Zustandsgrösse. Viele Schüler bekunden damit bekanntlich erhebliche Mühe. Im Volksmund kursieren darüber unterschiedliche Vorstellungen der Entropie als "Maß für Unwissenheit" oder "Maß für Unordnung" (wobei Unordnung hier nicht mit "Chaos" verwechselt werden darf).
Solches mag Triebfeder beim Entwickeln moderner Didaktikmodelle gewesen sein. Dagegen bin ich überhaupt nicht. Mit der Entropie kann ich gedanklich ein "Fliessen von Wärme" verbinden; insofern auch, als viele thermodynamische Prozesse durch Fluide stattfinden. In diesem Sinne lohnt es sich zweifellos, sich das Skript von Prof. Hermann zur Thermodynamik zu Gemüte zu führen (Thermodynamik ist in meinen Augen viel anspruchsvoller als Mechanik):
http://www.physikdidaktik.uni-karlsruhe.de/skripten/thermod.pdf
Als El.-Ing. lernt man das nur am Rande, als Maschinenbauer (Mechatroniker) bereits etwas mehr, als Physiker sollte man einigermassen darüber Bescheid wissen. Letztlich stellt sich mir immer die Praxisfrage: Wie kann ich dieses Wissens im Rahmen technischer Systeme umsetzen?
Wissen nur des Wissens wegen halte ich nämlich für eitel. In diesen Dingen halte ich es gerne mit Leibnitz:
Theoria cum praxi !
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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Erik
Anmeldedatum: 28.03.2006 Beiträge: 565
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Verfasst am: 17.05.2008, 10:51 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: | Erik hat Folgendes geschrieben: | Ich kann zwar nicht für die Didaktiker mit Höherem Lehramt sprechen, aber zumindest ich habe es genauso verstanden. Wie meinen sie es denn? |
Im Rahmen der ART? - Keine Ahnung.
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Natürlich nicht im Rahmen der ART. Also ich habe es so verstanden, daß sie mit Impulsdichte, Impulsstromdichte
etc. dasslebe meinen, wie in der (nichtrelativistischen) Feldtheorie. Das sind im Prinzip dieselben wie in der
ART, nur da ist eben das ganze relativistisch.
Zitat: |
Meinen tun sie es vermutlich schon richtig. Mir selbst sind aber geometrische Zugänge (Vektoren und Tensoren) viel angenehmer als irgendwelche konzeptionelle Stromflüsse.
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Das ist dasselbe. Die Stromdichten etc. sind genauso Tensoren. Der Unterschied ist nicht geometrisch/ungeometrisch,
sondern eher Feldtheorie/Punktmechanik. |
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Erik
Anmeldedatum: 28.03.2006 Beiträge: 565
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Verfasst am: 17.05.2008, 11:05 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: |
Wie gesagt bin ich nicht gegen eine Modernisierung der Begriffe, z.B. halte ich die von D'Alembert eingeführten "virtuellen Verrückungen" (als historisch geprägten Ausdruck) für antiquiert, |
Naja, Hauptsache ist doch, daß es zumindest sinnvoll präzisierbar ist. Und das ist bei
"virtuellen Verrückungen" ja der Fall. Es sind ja im wesentlichen nur Tangentialvektoren
an den momentanen Konfigurationsraum. Trotzdem hast du recht, der Begriff ist etwas
unglücklich.
Viel sinnloser finde ich aber, daß offenbar zwei verschiedene Sachen als D'Alembert-Prinzip
bezeichnet werden, wovon eine nur eine vollkommen triviale Umstellung vom 2. Axiom ist
\[ F- m\ddot{r} = 0. \]
Wozu braucht man das? Der Name "Prinzip" ist dafür doch eigentlich ein Witz. Nichttrivial
ist hier nur die Aussage über die virtuelle Arbeit von Zwangskräften. |
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Uli
Anmeldedatum: 09.06.2006 Beiträge: 472
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Verfasst am: 17.05.2008, 11:20 Titel: |
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Erik hat Folgendes geschrieben: |
...
Die Stromdichten etc. sind genauso Tensoren. Der Unterschied ist nicht geometrisch/ungeometrisch,
sondern eher Feldtheorie/Punktmechanik. |
Ich finde es allerdings "überdimensioniert" und überhaupt nicht didaktisch, auf diese Terminologie zuzugreifen, um beispielsweise die Bewegungsgleichung einer Rakete aufzustellen bzw. zu lösen.
Den von Maurer kritisierten Artikel zur Rakete im Gerthsen
https://home.zhaw.ch/~mau/Horror/Gerthsen28.gif
finde ich allerdings ebenfalls nicht gut: die "Impulsbilanz" ((1.59) dort) gilt ja immer nur im momentanen Ruhesystem der Rakete, welches nicht-inertial ist. Da es den Autoren allerdings nicht wirklich darum geht, die Bewegungsgleichung der Rakete aufzustellen und zu lösen (d.h. x(t) zu erhalten), sondern nur um die Abhängigkeit der Raketenmasse von der erreichten Geschwindigkeit, reicht dieses Verfahren. Ich finde, das wäre schon eine Bemerkung wert gewesen. 2 Fehler, die sich gegenseitig aufheben (wie von Maurer kritisiert) sehe ich allerdings auch nicht.
Maurer hat Folgendes geschrieben: |
Wer bei der Rakentengleichung zwei Fehlüberlegungen kombiniert, bekommt das richtige Schlussresultat
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aus
https://home.zhaw.ch/~mau/Horror/Gerthsen28K.htm
Oder was habe ich da nicht verstanden ?
Aber immerhin schreibt Maurer seine Impulsbilanz - im Gegensatz zum Gerthsen - "sauber" für das (inertiale) Startsystem der Rakete hin: ein Ansatz, der auch geeignet wäre, nun die Bewegungsgleichung aufzustellen und zu lösen.
Gruß,
Uli |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 17.05.2008, 19:00 Titel: |
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Uli hat Folgendes geschrieben: | Oder was habe ich da nicht verstanden ?i |
Immerhin ist Maurer zu einer glücklichen Erkenntnis gelangt:
Zitat: | Wer bei der Rakentengleichung zwei Fehlüberlegungen kombiniert, bekommt das richtige Schlussresultat. |
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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