Fehlerkatalog: D7

 
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 19.04.2007, 18:41    Titel: Fehlerkatalog: D7 Antworten mit Zitat


Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f
D: Zeit / Fehler Nr. 7
Der Atomuhren-Transport von Hafele / Keating 1972 soll eine Zeitverzögerung bewiesen haben
Der Transport von 2 Paaren von Atomuhren um die Erdkugel in Düsenflugzeugen, in Ost-West- und in West-Ost-Richtung, insgesamt fünf Tage lang, hat nach dem Bericht von Hafele und Keating 1972 folgende Ergebnisse gebracht (kritische Zusammenfassung nach Louis Essen 1978): die Autoren haben nicht alle Daten mitgeteilt, haben statt Einzeldaten nur Durchschnittswerte für eine Durchschnittsuhr angegeben und nur eine nichtdefinierte Auswahl der Daten verwendet; es wurden jeweils Paare von Uhren transportiert, um Gangunterschiede zu erkennen: diese betrugen bis zu ca. 300 Nanosekunden zwischen den einzelnen Uhren eines Paares (also auf demselben Flug!);



Hier liegen mir andere Daten vor, siehe "Weisse Zwerge – Schwarze Löcher" von R.Sexl / H.Sexl, vieweg studium, 1979:

Seite 24, Tabelle 3: Vorhersage relativistische Zeitunterschiede

Zitat:

Gravitationsbedingte Zeitdilatation auf Ostflug: 144 ns, Toleranz: +/-14 ns
Geschwindigkeitsbedingte Zeitdilatation auf Ostflug: -184 ns, Toleranz +/-18 ns
Gravitationsbedingte Zeitdilatation auf Westflug: 179 ns, Toleranz: +/-18 ns
Geschwindigkeitsbedingte Zeitdilatation auf Westflug: 96 ns, Toleranz +/-10 ns

Das ergibt:
Zeitdilatation auf Ostflug: -40 ns, Toleranz: +/-23 ns
Zeitdilatation auf Westflug: 275 ns, Toleranz: +/-21 ns



Zitate aus (2), Seite 25, Tabelle 4: Meßresultate von Hafele und Keating

Zitat:

Uhr mit Seriennummer 120 auf Ostflug: -57 ns
Uhr mit Seriennummer 361 auf Ostflug: -74 ns
Uhr mit Seriennummer 408 auf Ostflug: -55 ns
Uhr mit Seriennummer 447 auf Ostflug: -51 ns
Mittel für Ostflug: -59 ns, Toleranz +/- 10 ns
Theorie für Ostflug: -40 ns, Toleranz +/- 23 ns

Uhr mit Seriennummer 120 auf Westflug: 277 ns
Uhr mit Seriennummer 361 auf Westflug: 284 ns
Uhr mit Seriennummer 408 auf Westflug: 266 ns
Uhr mit Seriennummer 447 auf Westflug: 266 ns
Mittel für Westflug: 273 ns, Toleranz +/- 7 ns
Theorie für Westflug: 274 ns, Toleranz +/- 21 ns



Der von G.O.Mueller genannte Gangunterschied von ca. 300 ns auf demselben Flug kann ebenso wenig wie die genannten “Durchschnittswerte für eine Durchschnittuhr“ nicht nachvollzogen werden und ist auf einen Recherchierungsfehler seitens G.O.Mueller zurückzuführen.



Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
die von Hafele / Keating mitgeteilten Rohdaten für eine Durchschnittsuhr betrugen einen Zeitverlust von 132 Nanosekunden auf der West-Ost-Reise und einen Zeitgewinn von 134 Nanosekunden auf der Ost-West-Reise.



Erneut stellt sich die Frage nach den von G.O.Mueller verwendeten Quellen; die mir bekannten Quellen zitieren andere Werte, nämlich die oben genannten.


Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
Nach Korrekturberechnungen von Hafele / Keating soll die Durchschnittsuhr 59 Nanosekunden auf dem Flug nach Osten verloren und 273 Nanosekunden auf dem Flug nach Westen gewonnen haben und sich damit in enger Übereinstimmung mit den vorhergesagten Werten befinden.



Das Wort “Korrekturberechnung“ ist irreführend; vielmehr werden zwei Phänomene addiert, nämlich dasjenige der gravitationsbedingten Zeitdilatation, welches sich aus dem Äquivalenzprinzip, also der Allgemeinen Relativitätstheorie, ergibt sowie dasjenige der geschwindigkeitsbedingten Zeitdilatation, welches sich aus dem Relativitätsprinzip, also der Speziellen Relativitätstheorie, ergibt. Während ersteres (gravitationsbedingte Zeitdilatation) mehr oder weniger konstant bleibt hängt zweiteres (geschwindigkeitsbedingte Zeitdilatation) von der Richtung des Fluges ab.


Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
L. Essen beurteilt das Ergebnis als nicht aussagekräftig,



R.Kannenberg beurteilt das Ergebnis als aussagekräftig.



Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
weil die mitgeteilten Messwerte nur Durchschnittswerte sind und obendrein geringer sind als die Gangunterschiede der Uhrenpaare.
Nach Galeczki / Marquardt 1997, S. 114-115, haben Hafele / Keating ihre Uhren während der Reise persönlich justiert und synchronisiert: ihre Daten sind deshalb völlig wertlos und fallen unter die Kategorie des wishful thinking (nach Wesley 1983, S. 171-172).



Soweit also weitere kritische “Expertenmeinungen“.


Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
J. P. Wesley diskutiert den Zweck des Experiments: Hafele / Keating nahmen an, daß die Geschwindigkeit der Reise eine Wirkung auf die Uhren hat im Sinne der behaupteten Zeitdilatation der SRT; die Autoren haben jedoch keine theoretische Rechtfertigung geliefert für die Annahme, daß die relative Geschwindigkeit der Uhren in Bezug auf die Erdoberfläche ihren Gang einmal verlangsamt und einmal beschleunigt.



Das ist unzutreffend: Die eingeforderte theoretische Rechtfertigung beruht auf der Erddrehung; hierin unterscheiden sich ja die beiden Messungen auf dem Ostflug und auf dem Westflug.



Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
Unklar ist im übrigen die Geltung jeglicher Ergebnisse eines Atomuhren-Transports um die Erde: die mehrtägige Reise ist keine geradlinig-gleichförmige, sondern durch die Flugbahnkrümmung ständig beschleunigte Bewegung, fällt also nicht in das definierte Gebiet der SRT (wofür das Ergebnis jedoch angeblich entscheidend sein soll!); die mehrtägige Reise durch das ungleichmäßige Gravitationsfeld der Erde und durch das ungleichmäßige Magnetfeld der Erde könnte allenfalls in die Zuständigkeit der ART fallen, von der eine Interpretation in der kritischen Literatur nicht erwähnt wird.



Das ist auch ein Grund, warum man die Rohdaten so umständlich umrechnen musste. Selbstverständlich gelten die Phänomene der Speziellen Relativitätstheorie auch für beschleunigte Systeme, indes ist die Berechnung dieser Phänomene in beschleunigten Systemen komplizierter.



Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
Der von Hafele / Keating behauptete Unterschied in beiden Reiserichtungen kann in der SRT auch deshalb keine Erklärung finden, weil nach dem Relativitätsprinzip die Richtungen der relativen Bewegungen keine Rolle spielen.



Dieser Einwand ist unzutreffend: G.O.Mueller vermutet hier irrtümlich eine Relativität zwischen den beiden Flügen, in Wirklichkeit aber sagt das Relativitätsprinzip für jeden Flug eine geschwindigkeitsbedingte Zeitdilatation voraus. Diese kann man messen und dann mit den vom Äquivalenzprinzip vorhergesagten gravitationsbedingten Zeitdilatationen verrechnen.


Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
Wenn zwei überzeugte Relativisten ein Experiment allein und unkontrolliert durchführen können, so muß die offizielle Schul-Physik um das Ergebnis des Experiments eigentlich nicht bangen. Die Nicht-Bekanntgabe sämtlicher relevanten Einzeldaten, die Zusammenfassung zu Durchschnittswerten von "Durchschnittsuhren" (wo, bitte schön, gibt es eine Durchschnittsuhr?) und vor allem das eigenhändige Weg-Justieren der Gangunterschiede der Uhrenpaare sollten dafür sorgen, daß der Relativistik nichts Böses zustößt. Aber alle Vorsichtsmaßnahmen haben nichts genutzt: Hafele / Keating haben immer noch zuviel erzählt.



Wie oben dargelegt sind diese Schlussfolgerungen G.O.Muellers unzutreffend.



Zitat:

G.O.Mueller schrieb im buch.pdf auf Seite 72f (Fortsetzung)
Wenn man weiß, wer Louis Essen war, dann liest man seinen Bericht geradezu mit Vergnügen: er ist der "Vater" (oder einer der Väter) der Atomuhr und durchschaut, was die Experimentatoren mit "seinen" Uhren angestellt haben.



Wie nachfolgender Abschnitt zeigt, hat keineswegs jeder seinen Bericht mit Vergnügen gelesen:

Zitat aus wikipedia: (http://en.wikipedia.org/wiki/Louis_Essen)

Zitat:

In 1971 he published The Special Theory of Relativity: A Critical Analysis in which he questioned Einstein's theory, which apparently was not appreciated by his employers.




Freundliche Grüsse, Ralf
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rmw



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BeitragVerfasst am: 19.04.2007, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Ralf!

Zum Häfele Keating Experiment gibt es von A.G. Kelly einen durchaus sachlichen Komentar: http://www.cartesio-episteme.net/H&KPaper.htm
Das Experiment dürfte einer nüchternen Überprüfung wohl nicht standhalten.

Das Essens Arbeitgeber mit seiner Kritik zur RT keine Freude hatten ist bekannt, und das ihm dadurch Nachteile entstanden sind ist typisch für Inntoleranz der RT Befürworter. Ich denke das trotzdem Essen der ungleich kompetendere Mann war was Zeit und Zeitmessung betrifft.

Grüße
rmw
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 19.04.2007, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo rmw,


Zitat:

rmw schrieb am 19.04.2007 19:07 Uhr:

Zum Häfele Keating Experiment gibt es von A.G. Kelly einen durchaus sachlichen Komentar: http://www.cartesio-episteme.net/H&KPaper.htm
Das Experiment dürfte einer nüchternen Überprüfung wohl nicht standhalten.





Ich habe mir den Kommentar von A.G. Kelly mal durchgelesen. Er ist durchaus sachlich, aber wenig überzeugend. Dieser Kommentar ist es, der einer nüchternen Überprüfung nicht standhält.

Hafele und Keating hatten vier Uhren mitgenommen, damit festgestellt werden kann, bei welchen Uhren Änderungen der Zählrate auftreten, so dass die Uhrenfehler korrigiert werden konnten. Durch diese fortgeschrittene Auswertemethode war es möglich den Fehler durch die bekannten zufälligen Änderungen der Uhrenraten auszugleichen. Kelly schlägt in diesem Kommentar vor, man solle bei der Datenauswertung die Information zu den Uhren ignorieren und so tun, als gäbe es keine Änderungen der Uhrraten. Dabei kommt dann natürlich nichts sinnvolles heraus. Kellys Vorschlag ist unsinnig, warum sollte man auf die Auswertung wichtiger Messwerte verzichten?

Gruß,
Joachim
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galileo2609
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BeitragVerfasst am: 21.04.2007, 22:56    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

rmw schrieb am 19.04.2007 19:07 Uhr:
Zum Häfele Keating Experiment gibt es von A.G. Kelly einen durchaus sachlichen Komentar: http://www.cartesio-episteme.net/H&KPaper.htm
Das Experiment dürfte einer nüchternen Überprüfung wohl nicht standhalten.



Hallo Robert,

diese Legende passt in die gefällige Methode der Geschichtsfälschung, deren sich 'kritiker' wie 'G.O. Mueller', Ekkehard Friebe und Anhang offenbar mit Vorsatz bedienen. Sie greifen halbwissend unverstandene Zitate auf und verbreiten diese ungehemmt in selbstkonditionierender Weise. Und wenn sich die 'Kritiker' noch so oft gegenseitig zitieren, wird daraus kein belastbarer Beleg.

Nehmen wir das Beispiel des pensionierten irischen Ingenieurs 'Alphonsus G. Kelly', einer der vielen englischsprachigen 'cranks', die in der 'Natural Philosophy Alliance (NPA)' assoziiert sind. Der am 30.07.2005 verstorbene Kelly hatte auch das Ziel, zu seinem Lebensabend mal eben den Einstein zu widerlegen. Ich gebe Ihnen mal einen Kommentar von 1996 zur Lektüre:

Zitat:

Irish engineer Alphonsus Kelly believes he has disproved Einstein's
90-year-old theory of special relativity.
Dr Kelly, a retired emplyee of Ireland's Electricity Supply Board, has
spent more than five years on research aimed at challenging Einstein.
Twelve months ago, he said Einstein was wrong on the part of his
theory about twins - the one that says if a twin was sent into orbit
at the speed of light he would return to Earth younger than his
brother.
Now Dr Kelly has come up with more evidence to back his point, after
studying 25-year-old internal documents from the United States Naval
Obsertvatory relating to the performance of atomic clocks that were
placed on aircraft travelling in opposite directions.
He says his research has established that time and space are absolute,
and that light is affected by Earth's gravity.
Dr Kelley's paper is to be published by the Institute of Engineers in
Ireland.
Asked about the implications of his discovery, he replied: "I showed
it to one engineer and he said he was gobsmacked."



(Hervorhebung durch galileo2609)

Ich schließe mich dem an, da bin ich auch baff erstaunt! Die Geschichtsfälscher um 'G.O. Mueller' führen den Kelly in ihrem 'dokumentarischen Gedankenexperiment' übrigens doppelt. Soviel zu deren Kompetenz bez. Quellenarbeit.

Grüsse galileo2609
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