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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 22.02.2011, 15:28 Titel: Interferometrische Gravitationswellendetektoren |
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Hi all,
im Nachbarforum ergab sich vor Kurzem eine Diskussion über den Nachweis von Gravitationswellen. Um dabei etwas tiefer in das Thema einzusteigen habe ich mal die Christoffelsymbole ausgerechnet und möchte die zugehörigen Geodätengleichungen hier angeben. Eventuell finden sich im Laufe der Zeit ja geeignete Lösungsmethoden für diese Gleichungen, so dass verschiedene Eigenschaften von Interferenzdetektoren berechnet werden können.
Ich starte dazu bei der bereits bekannten Metrik, die sich unter der Voraussetzung sehr schwacher Gravitationsfelder berechnen läßt. Das Ergebnis entnehme ich einfach dem Buch von T. Fließbach, "Allgemeine Relativitätstheorie". Dort wird der bekannte Ansatz
\[g_{\mu \nu} = \eta_{\mu \nu} + h_{\mu \nu}\]verwendet und in die einsteinschen Feldgleichungen eingesetzt. Für eine kohärente Gravitationswelle in Richtung der z-Koordinate ergibt sich dann mit c=1 die Lösung:
\[
h_{\mu \nu}(z,t) = \left(
\begin{array}{cccc}
0&0&0&0\\
0&e_{11}&e_{12}&0\\
0&e_{12}&-e_{11}&0\\
0&0&0&0
\end{array} \right) \cos \left[ k(z-t) \right]
\]Aufgrund der Voraussetzung $h_{\mu \nu} \ll 1$ dürfen Indizes mit der Minkowski-Metrik $\eta _{\mu \nu}$ herauf- und heruntergezogen werden. Die Berechnung der Christoffelsymbole zweiter Art ergibt damit vierzehn Symbole ungleich Null und die frei parametrisierte Geodätengleichung lautet schließlich:
\[
\begin{array}{lclclclcl}
\frac{d^2t}{d\lambda ^2} &=&1/2h_{11,t}\left(\frac{dx}{d\lambda}\right)^2&+&h_{12,t}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&-&1/2h_{11,t}\left(\frac{dy}{d\lambda}\right)^2&&\\
\frac{d^2x}{d\lambda ^2} &=&h_{11,t}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dx}{d\lambda}&+&h_{12,t}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&+&h_{11,z}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}&+&h_{12,z}\frac{dy}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}\\
\frac{d^2y}{d\lambda ^2}&=&h_{12,t}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dx}{d\lambda}&-&h_{11,t}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&+&h_{12,z}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}&-&h_{11,z}\frac{dy}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}\\
\frac{d^2z}{d\lambda ^2} &=&-1/2h_{11,z}\left(\frac{dx}{d\lambda}\right)^2&-&h_{12,z}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&+&1/2h_{11,z}\left(\frac{dy}{d\lambda}\right)^2&&
\end{array}
\]Die Bedeutung des Parameters $\lambda$ ergibt sich über die zusätzliche Bedingung, dass es sich um eine lichtartige Geodäte handeln soll:
\[
ds^2 = dt^2 + (h_{11} - 1) dx^2 + 2 h_{12} dxdy - (h_{11} + 1) dy^2 - dz^2 = 0
\]Im Limes, wo die Frequenz der Welle gegen Null geht, verschwinden alle Christoffelsymbole zweiter Art und die Geodätengleichung kann sehr leicht berechnet werden. Das zugehörige Ergebnis läßt sich mit Hilfe einer variablen Lichtgeschwindigkeit deuten und kann in dem oben verlinkten Nachbarthema nachgelesen werden.
Hier sollen im Folgenden jedoch verschiedene Lösungsmöglichkeiten der oben aufgeschriebenen Geodätengleichungen diskutiert werden. Eine erste Vereinfachung des genannten Gleichungssystems für die Trajektorie einer elektromagnetischen Welle ergibt sich z.B. durch die Auswertung der Ableitungen nach t und z zu:
\[
\begin{array}{lclclclcl}
(k\sin \left[ k(z-t) \right])^{-1}\frac{d^2t}{d\lambda ^2} &=&1/2e_{11}\left(\frac{dx}{d\lambda}\right)^2&+&e_{12}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&-&1/2e_{11}\left(\frac{dy}{d\lambda}\right)^2&&\\
(k\sin \left[ k(z-t) \right])^{-1}\frac{d^2x}{d\lambda ^2} &=&e_{11}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dx}{d\lambda}&+&e_{12}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&-&e_{11}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}&-&e_{12}\frac{dy}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}\\
(k\sin \left[ k(z-t) \right])^{-1}\frac{d^2y}{d\lambda ^2}&=&e_{12}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dx}{d\lambda}&-&e_{11}\frac{dt}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&-&e_{12}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}&+&e_{11}\frac{dy}{d\lambda}\frac{dz}{d\lambda}\\
(k\sin \left[ k(z-t) \right])^{-1}\frac{d^2z}{d\lambda ^2} &=&1/2e_{11}\left(\frac{dx}{d\lambda}\right)^2&+&e_{12}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}&-&1/2e_{11}\left(\frac{dy}{d\lambda}\right)^2&&
\end{array}
\]Zum Schluß sei noch erwähnt, dass die verwendeten Koordinaten (t,x,y,z) nur bei verschwindender Gravitationswellenamplitude kartesische Koordinaten darstellen. Für alle anderen Fälle wurden die Koordinaten so gewählt, dass kleine Testmassen in der Gravitationswelle auf konstanten Koordinatenwerten ruhen. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 24.02.2011, 00:05 Titel: |
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Durch Einsetzen verifiziert man die Gleichung $z=\pm t - t_0$ unmittelbar als Lösung des obigen Gleichungssystems. Elektromagnetische Wellen parallel zur Gravitationswelle werden von dieser also nicht beeinflußt. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 27.02.2011, 07:33 Titel: |
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Interessanter sind natürlich Lichtstrahlen, die senkrecht zu der Gravitationswelle verlaufen. Dazu kann die Gleichung ds=0 nach dt aufgelöst werden:
\[
\frac{dt}{d\lambda} = +\sqrt{(1-h_{11})\left(\frac{dx}{d\lambda}\right)^2-2h_{12}\frac{dx}{d\lambda}\frac{dy}{d\lambda}+(1+h_{11})\left(\frac{dy}{d\lambda}\right)^2+\left(\frac{dz}{d\lambda}\right)^2}
\]Das Vorzeichen der Wurzel bestimmt dann, in welcher Richtung die Geodäte durchlaufen wird. Diese Gleichung kann dann in die drei Geodätengleichungen für die Koordinaten x,y,z eingesetzt werden, was auf ein nichtlineares Differentialgleichungssystem führt, das numerisch berechnet werden kann. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 10.09.2013, 21:33 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Durch Einsetzen verifiziert man die Gleichung $z=\pm t - t_0$ unmittelbar als Lösung des obigen Gleichungssystems. |
Bin heute wieder über dieses Thema gestolpert und möchte der Vollständigkeit halber noch hinzufügen, dass in diesem Fall x=const. und y=const. zu setzen sind.
Zusätzlich kann man vielleicht noch darauf hinweisen, dass die ganz oben angegebene Metrik eine xy-Symmetrie aufweist und damit auf zwei linear unabhängige Killing-Vektoren in dieser Ebene führt. Der Kenner weiß, dass man damit weitere hilfreiche Gleichungen für Geodäten bekommt, die auch etwas übersichtlicher sind, als die hier bisher aufgeschriebenen.
MfG |
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pauli
Anmeldedatum: 13.06.2007 Beiträge: 1551
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Verfasst am: 12.09.2013, 00:53 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Barney hat Folgendes geschrieben: | Durch Einsetzen verifiziert man die Gleichung $z=\pm t - t_0$ unmittelbar als Lösung des obigen Gleichungssystems. |
Bin heute wieder über dieses Thema gestolpert und möchte der Vollständigkeit halber noch hinzufügen, dass in diesem Fall x=const. und y=const. zu setzen sind.
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ah, ok, hab mich schon gewundert ... |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 15.09.2013, 22:59 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Bin heute wieder über dieses Thema gestolpert |
Hier (Link) noch der Auslöser. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 08.09.2014, 23:32 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Aufgrund der Voraussetzung $h_{\mu \nu} \ll 1$ dürfen Indizes mit der Minkowski-Metrik $\eta _{\mu \nu}$ herauf- und heruntergezogen werden. |
Dem muss man wohl hinzufügen, dass das nicht für normale Indizes gilt, sondern im speziellen nur für die Formel zur Berechnung der Christoffelsymbole. Die Metrik mit kontravarianten Indizes würde ich eher als $g^{\mu\nu} = \eta^{\mu\nu} + h^{\mu\nu}$ aufschreiben. Wegen $g^{\mu\alpha}g_{\alpha\nu} = \delta^{\mu}_{\nu}$ gilt dann $h^{\mu\nu}=-\eta^{\mu\alpha}h_{\alpha\beta}\eta^{\beta\nu}$
Ferner kann man die beiden Killing-Vektoren in der xy-Ebene scheinbar dazu nutzen, das DGL-System so weit analytisch und in erster Ordnung in h zu integrieren, dass man ein DGL-System erster Ordnung mit drei Integrationskonstanten erhält. Die Integrationskonstanten können dabei durch physikalische Parameter ausgedrückt werden. |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 20.09.2014, 21:04 Titel: |
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Wie der erste Beitrag zeigt, kann man die erste und vierte Geodätengleichung zu $\ddot{z} = \ddot{t}$ zusammenfassen, also:
\[
\frac{dz}{d\lambda} = \frac{dt}{d\lambda} + c_3
\]mit der Integrationskonstante $c_3$. Zusammen mit den beiden Erhaltungsgleichungen für die beiden Killingvektoren
\[
\xi_{\mu}\frac{dx^{\mu}}{d\lambda} = const_i
\]mit i = 1,2 erhält man damit in erster Ordnung in h die folgenden drei Gleichungen für die Bewegung eines Lichtstrahles, der bei t=t0, x=x0, y=y0, z=z0 in Richtung der $\pm$x-Achse startet.
\[
\begin{array}{rclc}
\frac{dx}{dt}&=&\pm(1 + 1/2h_{11}(z,t))&\quad (1)\\
\frac{dy}{dt}&=&\pm(h_{12}(z,t)-h_{12}(z0,t0))&\quad (2)\\
\frac{dz}{dt}&=&1/2(h_{11}(z,t)-h_{11}(z0,t0))&\quad (3)
\end{array}
\]Der Betrag der rechten Seite der zweiten, bzw. dritten Gleichung ist für beliebige Werte von t und z immer kleiner oder gleich $2e_{12}$, bzw. $e_{11}$. Es gilt also $|y(t)|\leq 2e_{12}t$, bzw. $|z(t)|\leq e_{11}t$. Ferner treffen wegen (1) die Maxima und Minima der Welle (je nach Beeinflussung durch die G-Welle) in ihrem Ziel zu unterschiedlichen Systemzeiten ein und verursachen dort die gesuchte Interferenz.
Alle drei Gleichungen liefern im Vergleich zu numerischen Berechnungen gute bis sehr gute Ergebnisse. Die größten Abweichungen ergeben sich bei Gleichung zwei, wo bei einer Stichprobe der Exponent um eine Einheit verfehlt wurde. Für eine Abschätzung der Funktionsweise des Interferometers kann man die Abweichungen des Lichtstrahles von der y und z-Achse aber sowieso vernachlässigen und lediglich die "Streckung" des Strahles in x-Richtung betrachten.
Ein vielversprechender Kandidat als Quelle für Gravitationswellen ist laut Wikipedia aktuell HM Cancri - ein extrem enger Doppelstern aus zwei Weißen Zwergen, die sich in etwas mehr als fünf Minuten umkreisen. Leider liefert auch dieses System lediglich Wellen, die knapp über den prinzipiellen Nachweismöglichkeiten eines Laserinterferometers liegen (s. oben erwähntes Buch von T. Fließbach).
Die Näherungsgleichungen zeigen ferner, dass die Länge der Arme des Interferometers auf die Frequenz der Welle abgestimmt werden muss. Es ist dabei keineswegs so, dass man mit der Größe auch die Empfindlichkeit des Interferometers beliebig steigern kann. |
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