Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 08.08.2010, 15:05 Titel: LT für Fußgänger |
|
|
Hallo zusammen,
als Freund der speziellen Relativitätstheorie stolpert man ja immer wieder mal über die Lorentz-Transformationen und manch einer mag sich dabei auch fragen, wie man diese Transformationen eigentlich am besten herleitet. In manchen Büchern werden diese Transformationen schlicht vorausgesetzt oder einfach aufgeschrieben und verwendet. Zwei Herleitungen kann man z.B. in dem zugehörigen Wikipedia-Artikel nachlesen, aber diese setzen meiner Meinung nach schon ein gewisses physikalisches Grundwissen voraus, das man vielleicht nicht immer abrufbereit hat. So entsteht schnell die Frage nach einer Herleitung, die sich hauptsächlich auf die Grundpostulate der SRT stützt. Eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Herleitung also, die möglichst genau die logischen Schlüsse bei der Herleitung der Lorentz-Transformation zeigt.
Eine Herleitung dieser Art befindet sich auch in Wilhelm Westphal, ''Die Relativitätstheorie - Ihre Grundtatsachen und ihre Bewährung als Wegweiser der Forschung''. Dieses Büchlein ist heute allerdings nur noch antiquarisch zu erwerben und so erscheint es wünschenswert, eine ausführliche Herleitung dieser Art auch im Internet nachlesen zu können. Im folgenden will ich deswegen eine Übersicht über eine solche Herleitung vorstellen. Das Nachrechnen der einzelnen Zwischenschritte überlasse ich dem interessierten Leser als Übung.
Wie üblich startet man mit einem ruhenden Intertialsystem S und einem zweiten Inertialsystem S', das sich relativ zu S mit einer konstanten Geschwindigkeit entlang der positiven x-Achse bewegt. Bei $t=0$ liegen beide Ursprünge beider Koordinatensysteme am gleichen Punkt und es gelte auch $y=y'$ und $z=z'$, damit die Gleichungen für den Anfang nicht zu unübersichtlich werden. Somit verbleibt die Aufgabe, zu erklären, wie der allgemeine mathematische Zusammenhang zwischen den Koordinaten x und t von S und x' und t' von S' aussieht. Als erste Vereinfachung nennt man dazu die x-Koordinate von S $x_1$ und multipliziert die Zeitkoordinate t mit der Lichtgeschwindigkeit c und nennt diese neue Koordinate $x_0=ct$. Die Koordinaten im gestrichenen System S' lauten dann entsprechend $x_0'$ und $x_1'$.
Als erstes Postulat startet man jetzt mit der Linearität der raumzeitlichen Beziehung:
\[
\begin{array}{ccl}
x_0'&=&a_1\cdot x_0 + a_2\cdot x_1\\
x_1'&=&a_3\cdot x_0 + a_4\cdot x_1
\end{array}
\]
Von dieser linearen Abbildung wird man aus physikalischen Gründen fordern, dass sie eindeutig und eindeutig umkehrbar sein soll. In Matrixschreibweise lautet diese Gleichung:
\[\quad\quad(1)\quad\quad
\left( \begin{array}{c}
x_0'\\x_1'\end{array}\right) = \left(\begin{array}{cc}a_1&a_2\\a_3&a_4\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}
x_0\\x_1\end{array}\right)
\]
Gemäß Definition besitzt die verwendete Matrix eine Inverse und die Determinante $a_1a_4-a_3a_2$ ist deswegen ungleich Null. Die vier Konstanten $a_1$ bis $a_4$ sind dabei vorerst unbestimmte reelle Zahlen. Da nun die verwendete Matrix invertierbar ist, kann man unmittelbar die mathematische Umkehrbeziehung zu (1) berechnen:
\[\quad\quad(2)\quad\quad
\left( \begin{array}{c}
x_0\\x_1\end{array}\right) = \frac{1}{a_1a_4-a_3a_2}\left(\begin{array}{cc}a_4&-a_2\\-a_3&a_1\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}
x_0'\\x_1'\end{array}\right)
\]
Als nächstes nutzt man die oben beschriebenen Voraussetzungen. So bewegt sich der Ursprung von S' mit der Geschwindigkeit v entlang der x-Achse von S. Es gilt also:
\[
x_1'=0 \quad\Rightarrow\quad x_1 = \beta x_0 \quad\mbox{mit}\quad \beta := v/c
\]
wobei c hier für die Lichtgeschwindigkeit steht. Setzt man jetzt $x_1'=0$ in (2) ein, so folgt $x_1 = -a_3/a_4 \cdot x_0$, und es gilt:
\[\quad\quad(3)\quad\quad
a_3=-\beta a_4
\]
Wegen der postulierten Ununterscheidbarkeit der Systeme S und S' (Relativitätsprinzip) bewegt sich auch der Ursprung von S mit der Geschwindigkeit -v entlang der x'-Achse von S', also:
\[
x_1=0 \quad\Rightarrow\quad x_1' = -\beta x_0'
\]
Die Bedingung $x_1=0$ wird in (1) eingesetzt und man erhält: $x_1'=a_3/a_1 \cdot x_0'$ oder $a_3 = -\beta a_1$. Mit (3) folgt also
\[\quad\quad(4)\quad\quad
a_1 = a_4
\]
Jetzt kann man noch die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit verwenden:
\[
x_1 = x_0 \quad\Leftrightarrow\quad x_1' = x_0'
\]
Wird die Bedingung $x_1 = x_0$ (Lichtsignal in S entlang der positiven x-Achse) in (1) eingesetzt, erhält man bei Berücksichtigung von $x_1' = x_0'$ und (4) nach kurzer Rechnung:
\[\quad\quad(5)\quad\quad
a_3 = a_2
\]
Das gleiche Ergebnis erhält man übrigens auch, wenn man die Bedingung $x_1' = x_0'$ in (2) einsetzt. Setzt man zuletzt die Ergebnisse (3),(4) und (5) in den Ansatz (1) ein und erhält:
\[\quad\quad(6)\quad\quad
\left( \begin{array}{c}
x_0'\\x_1'\end{array}\right) = a_1(\beta)\left(\begin{array}{cc}1&-\beta\\-\beta&1\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}
x_0\\x_1\end{array}\right)
\]
Wegen des Relativitätsprinzips darf man in (6) die gestrichenen und ungestrichenen Koordinaten vertauschen, wenn man zusätzlich das Vorzeichen von $\beta$ vertauscht. So entsteht die folgende lineare Abbildung:
\[\quad\quad(7)\quad\quad
\left( \begin{array}{c}
x_0\\x_1\end{array}\right) = a_1(-\beta)\left(\begin{array}{cc}1&\beta\\\beta&1\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}
x_0'\\x_1'\end{array}\right)
\]
Da auch diese Abbildung gemäß Definition invertierbar sein soll, kann man dazu die inverse Abbildung berechnen:
\[\quad\quad(8)\quad\quad
\left( \begin{array}{c}
x_0'\\x_1'\end{array}\right) = \frac{1}{a_1(-\beta)(1-\beta ^2)}\left(\begin{array}{cc}1&-\beta\\-\beta&1\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}
x_0\\x_1\end{array}\right)
\]
und diese ist mit (6) nur dann identisch, falls
\[\quad\quad(9)\quad\quad
a_1(\beta)a_1(-\beta) = \frac{1}{1-\beta ^2}
\]
gilt. Diese Gleichung ist erst dann lösbar, wenn man annimmt, dass zu erwartende physikalische Effekte, wie Zeitdilatation und Längenkontraktion vom Vorzeichen der Relativgeschwindigkeit zwischen S und S' unabhängig sind. Diese Annahme entpuppt sich erneut als Relativitätsprinzip, und deswegen setzt man hier einfach $a_1(\beta) = a_1(-\beta)$. Damit bekommt automatisch zwei Lösungen
\[
a_1 = \frac{\pm 1}{\sqrt{1-\beta ^2}},
\]
wobei das negative Vorzeichen ausgeschlossen werden kann, weil (8), bzw. (6) für $\beta = 0$ in die identische Abbildung übergehen soll. Damit hat man dann die gesuchte Lorentz-Transformation gefunden. |
|
Nach oben |
|
|
973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
|
Verfasst am: 08.08.2010, 23:55 Titel: |
|
|
Es kommt immer drauf an, was man als schon bekannt/gegeben voraussetzt, sowie welche Observablen man hat und welche man haben will
Die Konstanz des Bogenelements vorausgesetzt, kann man zBsp schreiben ds² = c² dt² - dx² = c² dt'² - dx'² , dabei ist ' der andere und ohne ' du . In deinem System ist dt = 0 , also c² dt ² = c² dt'² - dx'² , durch c² dt'² teilen und dx'/dt' = v' nennen gibt dt/dt' = Wurzel (1-v'²/c²) also die Transformation der Eigenzeit, was du dann oben einsetzen kannst um auszurechnen jenachdem was du hast und was du haben willst, usw |
|
Nach oben |
|
|
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 09.08.2010, 08:09 Titel: |
|
|
973 hat Folgendes geschrieben: | Die Konstanz des Bogenelements vorausgesetzt, kann man zBsp schreiben ds² = c² dt² - dx² = c² dt'² - dx'² |
Hallo 973,
eine ausführliche Herleitung dieser Art findet sich auch im deutschen Wikipedia-Artikel zur Lorentz-Transformation (LT). Diese hat allerdings den Nachteil, dass man dazu bereits Begriffe wie "invariante Metrik" und "Eigenzeit" benötigt. Die abstrakte Herleitung verdeckt mir dabei auch zu sehr die Tatsache, dass die SRT nicht "über Nacht" entwickelt wurde, sondern anhand eines klaren experimentellen Rahmens aus gewissen Grundvoraussetzungen deduktiv hergeleitet wurde.
Mir ging es mit dem Thema also eher um einen Zugang zur Relativitätstheorie, der mit möglichst elementaren Begriffen auskommt, gewissermaßen als Würdigung von oder Erinnerung an Einsteins Originalarbeit.
Gruß |
|
Nach oben |
|
|
973
Anmeldedatum: 01.05.2010 Beiträge: 502 Wohnort: 973
|
Verfasst am: 09.08.2010, 14:11 Titel: |
|
|
Ja, man muß sich eben fragen, was man schon als bekannt voraussetzt, und wozu die Ableitung sein soll.
Andererseits glaube ich, daß es auch für Anfänger, soweit ein minimales Mathe-Verständnis vorhanden, einfacher ist, zunächst das Bogenelement zu erklären, das vom Minkowski-Raum zu definieren oder zumindest plausibel zu machen (was eigentlich seinerseits einfach ist), und dann die Transformationen in der vorgenannten Weise am schnellsten abzuleiten. Mit Matritzen anzufangen, oder gar noch umständlicher über Gruppentheorie und die 10 Erhaltungsgrößen, wäre dann der schlechtere Weg. Zum Komplizierten hin sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt ...
Und nochmal, wie ich schon früher bei Kurt sagte, ist es mE für eine Erklärung für Anfänger am besten, die SRT aus der Sicht der Geschwindigkeit (die ART aus der des Ortes/Raumes) aufzuziehen, also zu sagen daß sie Beobachtungseffekte die sich durch Relativgeschwindigkeit ergeben (genauer gesagt, Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit, und der Widerstand der Natur dagegen) beschreibt. Dabei können als informale beispiele etwa auch Farbänderungen, Dreheffekte (bei fast lichtschnellen Fahrradfahrern kriegt die Polizei zum nachweis nur Fotos vom Hinterkopf) usw dienen. Hier kann man dann primär die Additionsformel der Geschwindigkeit benutzen, und nur sekundär die dann daraus abgeleiteten Transformationsformeln beobachteter Orts-/Zeit-Intervalle zwischen Ereignissen, ohne schon (beim umgekehrten Weg) am Anfang Probleme wie Gleichzeitigkeit, Uhreneichung usw erklären zu müssen. Ebenfalls ohne alldem direkt beobachtbare, nur g-abhängige Effekte, wie Unerreichbarkeit und Invarianz von c ; Rotverschiebung; Aberration usw als Beispiele geben. Diese Anmerkung für den Fall, daß es dir um Erarbeitung einer kurzestmöglichen einleuchtenden Einleitung für Anfänger geht. |
|
Nach oben |
|
|
Jan
Anmeldedatum: 05.12.2007 Beiträge: 155
|
Verfasst am: 23.08.2010, 08:49 Titel: |
|
|
Hallo Barney,
ich finds eine gute Idee, die Herleitung der Lorentz-Transformation in einer für Laien verständlichen und zugleich die Grundlagen der SRT erläuternden Art und Weise darzustellen. Was dabei helfen könnte, wäre eine semantische Einkleidung. Also eine konkrete Problemstellung, die man lösen möchte. Wäre es z.B. denkbar, die obige Herleitung von Dir mit zwei Raumschiffen zu motivieren, die mit Karacho aneinander vorbeibrettern? Die könnten jeweils eine Uhr im Bug und im Heck haben und messen, wann sie mit Bug und Heck des vorbeifliegenden Raumschiffs auf einer Höhe sind.
Dann hätte man z.B. als Raumzeitpunkt 0 den Treffpunkt der beiden Raumschiffspitzen (Beginn des Vorbeifluges) Bug und Bug'. Dann hätte man als Raumzeitpunkt A den Vorbeiflug von Bug' und Heck, als Raumzeitpunkt B den Vorbeiflug von Bug und Heck' und schließlich als Raumzeitpunkt C den Vorbeiflug von Heck und Heck'. Und jetzt wüßte man gerne, welche Zeit die jeweiligen Uhren an den Punkten A, B, und C anzeigen. Wobei klar ist, dass auch die beiden Heckuhren im Punkt C die gleiche Zeit anzeigen müssen. An den Punkten A und B gibt es dagegen systematische und korrelierende Abweichungen: Bug und Bug' gehen gegenüber Heck' und Heck systematisch nach. Was darauf zurückzuführen ist, dass beide Raumschiffe wechselseitig annehmen können, dass das jeweils andere kontrahiert und zeitdilatiert ist und ausserdem die Uhren im Heck systematisch gegenüber den Uhren in der Front vorgehen. Warum das so ist und wie man das ausrechnet, beschreibt die Lorentz-Transformation... Hm. Wäre es möglich, aus diesen Ausgangspunkten auf die Lorentz-Transformation zu kommen?
Viele Grüße allerseits
Jan |
|
Nach oben |
|
|
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 24.08.2010, 21:13 Titel: |
|
|
Jan hat Folgendes geschrieben: | Wäre es z.B. denkbar, die obige Herleitung von Dir mit zwei Raumschiffen zu motivieren, die mit Karacho aneinander vorbeibrettern? Die könnten jeweils eine Uhr im Bug und im Heck haben und messen, wann sie mit Bug und Heck des vorbeifliegenden Raumschiffs auf einer Höhe sind. |
Hallo Jan,
ich denke, das wäre unnötig kompliziert. Hat man die Lorentz-Transformation erst einmal, kann man unter gewissen Vorbehalten alle raumzeitlichen Vorgänge von dem ruhenden System S nach S' transformieren. Man erhält damit sehr schnell die relativistisch relevanten Effekte. Zusätzlich wird der von Dir vorgeschlagene Weg in vielen Büchern zur SRT beschritten, sodass ich hier keinen unmittelbaren Bedarf erkennen kann.
Solltest du dich an dieser Aufgabe versuchen wollen, kein Problem.
Gruß |
|
Nach oben |
|
|
Jan
Anmeldedatum: 05.12.2007 Beiträge: 155
|
Verfasst am: 26.08.2010, 10:31 Titel: |
|
|
Hm. Na gut, Dir geht es hier rein um die mathematische Herleitung. OK. Ich kann nur sagen, ich vermisse auf den üblichen Seiten im Web und auch hier im Forum mal ein konkretes Anwendungsbeispiel mit der kompletten Lorentz-Transformation. Also eine Demonstration / Rechenbeispiel, wie tatsächlich konkrete raumzeitliche Vorgänge wie z.B: die beiden Raumschiffe von einem Koordinatensystem ins andere transformiert werden. Die Verwendung des g-Faktors für Längenkontraktion und Zeitdilatation ist mir klar, aber das ist ja nicht die voll aufgeblasene Lorentz-Transformation. Vielleicht hab ich allerdings nicht gut genug gesucht, kann ich gerne noch mal machen.
[Nachtrag:] Wobei ich gerade sehe, dass Aragorn dazu einige konkrete Beispiele gibt. Die werde ich mir gleich mal zu Gemüte führen.
Allgemein gehöre ich zu einer Klasse von Interessierten, die gerne bereit sind, den Experten umstandslos zuzutrauen, dass sie mit ihren Ableitungen und Umformungen schon recht haben, die sich allerdings dafür interessieren, wie man mit den Ergebnissen der Ableitungen konkrete Aufgaben rechnet. Was passiert denn mit der Lorentz-Transformation, wenn man sie am konkreten Beispiel in Gang setzt? Selbstverständlich ist das amateurhaft. Ich gehe zwar gerne und viel mit Zahlen um, aber aus irgendwelchen Gründen hatte ich mit Ableitungen schon immer große Probleme. Und die Tendenz, zu sagen, "wird schon hinkommen". Andererseits ist das hier ja auch das Forum "Relativitätstheorie für jedermann". Ich vermute also mal, dass die Gruppe der Leute, die sich für Einstein interessieren und (wie ich) nicht mit Ableitungen klar kommen, aber für konkrete Beispiele und Anwendungen dankbar sind, eher größer ist als die Gruppe derjenigen, die sich für Einstein interessieren und ganz genau auf die korrekte Ableitung warten.
Insofern werbe ich dafür: wenn Du hier eine Lorentz-Transformation für Anfänger einstellst, gäbe es bestimmt eine Gruppe von Leuten wie mich, denen eine konkrete sematische Einkleidung das Verständnis des Gesagten sehr erleichtern würde. Wie Du selber sagst: ist ja eigentlich keine große Sache.
Viele Grüße allerseits
Jan |
|
Nach oben |
|
|
Jan
Anmeldedatum: 05.12.2007 Beiträge: 155
|
Verfasst am: 29.08.2010, 22:36 Titel: Herleitung des Anfangs...? |
|
|
Hallo Barney,
hab noch mal drüber nachgedacht. Eine Sache würde mich noch viel mehr interessieren. Die hab ich nämlich noch nicht so richtig verstanden. Wie kommt man überhaupt von den zwei Einsteinschen Axiomen (Licht hat immer die Geschwindigkeit c // Die physikalischen Gesetze sind in jedem x-beliebig bewegten Koordinatensystem gleich) auf Deinen Beginn der LT-Herleitung? Also
Barney hat Folgendes geschrieben: | Wie üblich startet man mit einem ruhenden Intertialsystem S und einem zweiten Inertialsystem S', das sich relativ zu S mit einer konstanten Geschwindigkeit entlang der positiven x-Achse bewegt. Bei t=0 liegen beide Ursprünge beider Koordinatensysteme am gleichen Punkt und es gelte auch y=y und z=z, damit die Gleichungen für den Anfang nicht zu unübersichtlich werden. Somit verbleibt die Aufgabe, zu erklären, wie der allgemeine mathematische Zusammenhang zwischen den Koordinaten x und t von S und x' und t' von S' aussieht. Als erste Vereinfachung nennt man dazu die x-Koordinate von S x1 und multipliziert die Zeitkoordinate t mit der Lichtgeschwindigkeit c und nennt diese neue Koordinate x0=ct. Die Koordinaten im gestrichenen System S' lauten dann entsprechend x0 und x1. |
Es leuchtet mir nicht unmittelbar ein, dass aus den beiden obigen Axiomen zwei gegeneinander bewegte Koordinatensysteme folgen, deren x und t miteinander verschnitten werden müssen. Es ist mir klar, dass das gemacht werden muss, um die LT herzuleiten - die gibt ja die Antwort darauf, wie sich x zu x' und t zu t' verhalten. Aber, ausgehend von den beiden Axiomen EInsteins, wissen wir ja eigentlich noch gar nicht, dass daraus die LT hergeleitet werden kann bzw. muss. Deswegen wäre ich sehr daran interessiert, zu verstehen, wie man von einer Aussage über Licht und über beliebig bewegte Koordinatensysteme auf die Ausgangsformeln kommt, aus denen dann die LT resultiert.
Viele Grüße allerseits
Jan |
|
Nach oben |
|
|
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 30.08.2010, 00:25 Titel: Re: Herleitung des Anfangs...? |
|
|
Jan hat Folgendes geschrieben: | Deswegen wäre ich sehr daran interessiert, zu verstehen, wie man von einer Aussage über Licht und über beliebig bewegte Koordinatensysteme auf die Ausgangsformeln kommt, aus denen dann die LT resultiert. |
Hallo Jan,
ich denke die Antwort auf diese Frage findet sich in den historischen Dokumenten zu den Experimenten, die letztlich zur Formulierung der SRT führten. Die ganzen Versuche rund um das Michelson-Morley-Experiment, das Fizeau-Experiment und auch Einsteins Gedankenexperimente gehen zumindest implizit immer wieder von zwei Inertialsystemen aus, die sich gleichförmig gegeneinander bewegen. Es gibt dabei also eine feste Geschwindigkeit v zwischen S und S'. Dass es dann dabei einen linearen Zusammenhang zwischen den Raumzeit-Koordinaten von S und S' geben muss ist keineswegs selbstverständlich, sondern eher ein praktikable Vereinfachung. Diese Vereinfachung wird dann ganz folgerichtig in der allgemeinen Relativitätstheorie auch wieder aufgegeben und so entstand im Laufe der Zeit der bekannte Witz: "In der SRT hat Einstein den Äther abgeschafft. In der ART hat er ihn wieder eingeführt".
Das S und S' auch räumlich gegeneinander verdreht sein können, lässt man für den Anfang einfach mal weg. Drehungen kann man noch nachträglich einbauen, wenn man auf die Reihenfolge von Drehung und Boost achtet. So kommt man dann recht schnell zu der allgemeinen Lorentz-Gruppe im Sinne der mathematischen Gruppentheorie.
Gruß |
|
Nach oben |
|
|
Jan
Anmeldedatum: 05.12.2007 Beiträge: 155
|
Verfasst am: 30.08.2010, 07:44 Titel: |
|
|
Hallo Barney,
das stimmt schon, auch in Einsteins Artikel von 1905 geht es ja um gegeneinander bewegte Koordinatensysteme. Züge und Bahnsteige... Aber was mich umtreibt, ist weniger die implizite Bedeutung und mehr die konkrete Ableitung. Aus dem folgenden Grund: als ein Vorteil der SRT gegenüber der LET wird ja angeführt, dass sie theoriegeleitet aus nur zwei Axiomen die Herleitung der LT bewerkstelligt. Deshalb würde mich mal genauer interessieren, wie man aus diesen beiden Axiomen überhaupt auf die Ausgangssituation der beiden Koordinatensysteme S und S' kommt. Die müssen ja auch irgendwie aus den Axiomen herleitbar sein.
Wobei, ich hab gerade mal im Forum geblättert und bin über einen Thread mit ähnlicher Fragestellung gestolpert. Dort gibt Optimist71 eine entsprechende Herleitung an: http://www.relativ-kritisch.net/forum/viewtopic.php?p=31544#31544
Ok, da gibt es erst mal genug für mich nachzulesen...
Viele Grüße allerseits
Jan |
|
Nach oben |
|
|
julian apostata
Anmeldedatum: 04.10.2011 Beiträge: 30 Wohnort: Nürnberg
|
Verfasst am: 08.10.2011, 13:37 Titel: |
|
|
(a) Das System K’ bewegt sich von K aus gesehen mit der Geschwindigkeit v in positive Richtung und erscheint dabei um den Faktor k verzerrt.
(b) Das System K bewegt sich von K’ aus gesehen mit der Geschwindigkeit v in negative Richtung und erscheint dabei um den Faktor k verzerrt.
$(a)\quad x=x'\cdot k+v\cdot t\qquad(b)\quad x'=x\cdot k-v\cdot t$'
Aus (a) wird (2), aus (b) wird (4)
.
Man nehme (a) und (4) eliminiere x und löse nach t auf, dann hat man (3)
Man nehme (b) und (2) eliminiere x’ und löse nach t’ auf, dann hat man (1)
$(1)\quad t'=\frac{t-\frac{x}{v}\cdot(1-k^2)}{k}\qquad (2)\quad x'=\frac{x-v\cdot t}{k}$
$(3)\quad t=\frac{t'-\frac{x'}{v}\cdot(1-k^2)}{k}\qquad (4)\quad x=\frac{x'+v\cdot t'}{k}$
Nun hat man schon mal eine “Allgemeintransformation. Daraus entwickeln wir eine “allgemeine Geschwindigkeitsaddition”
Dazu müssen wir in (2) und (1) x durch u*t ersetzen und (2)/(1) rechnen.
$"v+u"=\frac{v+u}{1+\frac{u}{v}\cdot(1-k^2)}\rightarrow "v+c"=c\cdot \frac{1+\frac{v}{c}}{1+\frac{c}{v}\cdot(1-k^2)}$
Man kann sehen, ein konstantes c stellt sich dann ein wenn
$1-k^2=\frac{v^2}{c^2}\rightarrow k=\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}$
Zuletzt müssen wir dieses Ergebnis nur noch in die Allgemeintransformation einsetzen und wir haben sie, die Lorentztransformation
$(1)t'=\frac{t-\frac{v\cdot x}{c^2}}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}\qquad (2)x'=\frac{x-v\cdot t}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}$
$(3)t=\frac{t'+\frac{v\cdot x'}{c^2}}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}\qquad(4)x=\frac{x'+ v\cdot t'}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}$
Bei dieser Ableitung habe ich von Anfang an Wert auf eine gewisse Eleganz gelegt, denn keinesfalls sollte man die Eleganz allein eine Sache der Schneider und Schuster sein lassen. |
|
Nach oben |
|
|
julian apostata
Anmeldedatum: 04.10.2011 Beiträge: 30 Wohnort: Nürnberg
|
Verfasst am: 08.10.2011, 13:41 Titel: |
|
|
Sind die Formeln eigentlich überall gut leserlich? Wenn nicht, dann einfach die Vergrösserungsstufe auf 150% bis 200% erhöhen. |
|
Nach oben |
|
|
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 09.10.2011, 02:35 Titel: |
|
|
Hallo Julian,
elegante und zumeist recht kurze Ableitungen der LT sind sozusagen der Standard und in vielen Büchern zu finden. Mir ging es in diesem Thema aber ganz bewußt um eine Schritt für Schritt-Herleitung (also für "Fußgänger"), deren Einzelschritte mit möglichst wenig Fachkenntnissen nachvollzogen werden können. Das Konservieren solch antiquierten Wissens ist zum einen eine Liebhaberei von und für bibliophile Menschen. In der Auseinandersetzung mit Texten von Kritikern der RT kann eine detaillierte Herleitung aber auch hilfreich sein, um den Überblick zu behalten.
Trotzdem Danke für deinen übersichtlichen Beitrag. Die Formeln sind gut lesbar. Man kann auch im Browser die Schriftgröße verändern und damit in die Formeln hineinzoomen. Beim Firefox geht das mit "Strg+" bzw. "Strg-".
Gruß |
|
Nach oben |
|
|
julian apostata
Anmeldedatum: 04.10.2011 Beiträge: 30 Wohnort: Nürnberg
|
Verfasst am: 09.10.2011, 10:54 Titel: |
|
|
Barney hat Folgendes geschrieben: | Hallo Julian,
Mir ging es in diesem Thema aber ganz bewußt um eine Schritt für Schritt-Herleitung (also für "Fußgänger"), deren Einzelschritte mit möglichst wenig Fachkenntnissen nachvollzogen werden können. |
Genau, mir auch! Oder gibt es Schüler der 7. oder 8. Klasse, die meine Ableitung nicht nachvollziehen können? Trotzdem seh ich grad, dass sich ein kleiner Vorzeichenfehler in meinem Text eingeschlichen hat und ich die Geschwindigkeitsaddition etwas unsauber präsentiert habe, deswegen präsentier ich sie noch einmal, ich hoff jetzt endlich fehlerfrei!
(a) Das System K’ bewegt sich von K aus gesehen mit der Geschwindigkeit v in positive Richtung und erscheint dabei um den Faktor k verzerrt.
(b) Das System K bewegt sich von K’ aus gesehen mit der Geschwindigkeit v in negative Richtung und erscheint dabei um den Faktor k verzerrt.
$(a)\quad x=x'\cdot k+v\cdot t\qquad(b)\quad x'=x\cdot k-v\cdot t$'
Aus (a) wird (2), aus (b) wird (4)
.
Man nehme (a) und (4) eliminiere x und löse nach t auf, dann hat man (3)
Man nehme (b) und (2) eliminiere x’ und löse nach t’ auf, dann hat man (1)
$(1)\quad t'=\frac{t-\frac{x}{v}\cdot(1-k^2)}{k}\qquad (2)\quad x'=\frac{x-v\cdot t}{k}$
$(3)\quad t=\frac{t'+\frac{x'}{v}\cdot(1-k^2)}{k}\qquad (4)\quad x=\frac{x'+v\cdot t'}{k}$
Nun hat man schon mal eine “Allgemeintransformation. Daraus entwickeln wir eine “allgemeine Geschwindigkeitsaddition”
Dazu müssen wir in (4) und (3) x‘ durch u*t' ersetzen und (4)/(3) rechnen.
$"v+u"=\frac{v+u}{1+\frac{u}{v}\cdot(1-k^2)}\rightarrow "v+c"=c\cdot \frac{1+\frac{v}{c}}{1+\frac{c}{v}\cdot(1-k^2)}$
Man kann sehen, ein konstantes c stellt sich dann ein wenn
$1-k^2=\frac{v^2}{c^2}\rightarrow k=\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}$
Zuletzt müssen wir dieses Ergebnis nur noch in die Allgemeintransformation einsetzen und wir haben sie, die Lorentztransformation
$(1)t'=\frac{t-\frac{v\cdot x}{c^2}}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}\qquad (2)x'=\frac{x-v\cdot t}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}$
$(3)t=\frac{t'+\frac{v\cdot x'}{c^2}}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}\qquad(4)x=\frac{x'+ v\cdot t'}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}$
Vielleicht mag es auch hilfreich sein, wenn ich eine Grafik zum Thema bringe.
[/img] |
|
Nach oben |
|
|
Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
|
Verfasst am: 09.10.2011, 11:31 Titel: |
|
|
Hallo Julian,
warum müssen deine Photonen eigentlich "sterben"? Bei mir werden die lediglich absorbiert. Das kommt zwar bezüglich der Existenz der Photonen auf das Gleiche heraus klingt aber deutlich freundlicher.
Gruß |
|
Nach oben |
|
|
|
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.
|
|