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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 31.08.2009, 02:27 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Wenn die Mathematik stimmig ist dann kann es für die Physik nicht wirklich falsch sein. |
Du verkennst den Sachverhalt, indem du es dir vermutlich zu einfach machst. Natürlich kann selbst bei korrekter Mathematik die Physik falsch sein. Das ist bereits an Abrahams starrem Kugelelektron mit gleichmässig über die Oberfläche verteilter Ladung ersichtlich. Ein an sich schöner Ansatz; doch niemand würde heute so argumentieren. Später (1912) wird eine Gravitationstheorie hinzukommen, die zu einem heftigen Disput mit Einstein ausartete.
Karin Reich schreibt in ihrem grundlegenden Werk "Die Entwicklung des Tensorkalküls" (Birkhäuser, 1994):
Zitat: | Max Abraham spielt hierbei eine wichtige Rolle. Er ist die grosse Ausnahme unter den Physikern. Dies zeigt insbesondere sein Encyklopädieartikel Geometrische Grundbegriffe aus dem Jahre 1901: Abraham ist über alle relevanten, mathematischen Theorien informiert. Er beschreibt nicht nur die übliche Vektorrechnung, sondern widmet sich ausführlich den linearen Vektorfunktionen und den Voigtschen Tensoren... |
Auch der Ricci-Kalkül - den Einstein einige Jahre später später mittels Grossmanns Hilfe erst erlernen muss - ist Abraham nicht unbekannt.
Abrahams Ansichten zur Gravitation finden sich in:
- Zur Theorie der Gravitation, 1912
- Relativität und Gravitation. Erwiderung auf eine Bemerkung des Herrn A. Einstein, 1912
- Nochmals Relativität und Gravitation. Bemerkungen zu A. Einsteins Erwiderung, 1912
- Die neue Mechanik, 1914
Nordström, der diese Entwicklung sorgfältig beobachtete, legte eine Skalartheorie der Gravitation vor (in der das Aequivalenzprinzip gilt und die Lichtgeschwindigkeit konstant ist). Diese Theorie versagte aber bei der Lichtablenkung. Eine weitere geistreiche Theorie der Materie und Gravitation aus dieser Zeit stammt von Mie. Einstein betrachtete nur die Nordströmsche Theorie als ernstzunehmende Variante, während Hilbert - als ausgewiesener Mathematiker - die Miesche Theorie bevorzugte. Doch letztlich erwies sich die Einsteinsche Gravitationstheorie (1916) als deutlich überlegen. Das entscheidende Wort dazu sprach das Experiment.
Obwohl Einstein zu jener Zeit in mathematischen Belangen weniger sattelfest als Abraham und Hilbert war, besass er die bessere Intuition - ein untrügliches Gespür, für das physikalisch Machbare eben. Das zeigt auf, dass mit Mathematik allein noch keine gute physikalische Theorie entsteht (ohne Mathematik geht es selbstverständlich auch nicht). Wäre Einstein von Anbeginn im Besitze des Tensor-Kalküls gewesen, hätten sich vermutlich die zwischen 1910 bis 1915 beschrittenen Irrwege (siehe dazu auch das "Züricher Notizbuch") vermeiden lassen. Der Mathematik kommt in den Naturwissenschaften also eine äusserst wichtige Funktion zu. Sie sollte aber nicht als "Göttin der Vernunft" - wie bei den Enzyklopädisten teilweise zu beobachten - überbetont werden.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 03.09.2009, 18:53 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Ich mache es mir nicht einfach sondern ich greife ab ersten Schuljahr Chemie bis Basiswissen Abitur und einige Neuheiten wie Fulleren/Nanochemie nur simple Erkenntnisse zur Realität wieder auf. |
Sorry, wenn ich mich ungenügend ausgedrückt habe. Das "sich zu einfach machen" hatte ich auf die Beurteilung der Person Abrahams gemünzt. Dieser war gewiss ein hervorrragender (mathematisch orientierter) Physiker, dem aber der Sinn für das empirisch Zweckmässige oft fehlte. Einstein hingegen besass ein ausgeprägtes Gespür für physikalische Gesetzmässigkeiten; dafür fehlte es ihm anfangs an gewissen Kenntnissen der höheren Mathematik. Dies hat er in seinen späteren Jahren aber wettgemacht, indem er sich in die Differentialgeometrie vertiefte.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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Uli
Anmeldedatum: 09.06.2006 Beiträge: 472
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Verfasst am: 03.09.2009, 18:57 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: |
Wenn die Mathematik stimmig ist dann kann es für die Physik nicht wirklich falsch sein.
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Leider gibt es da noch die "lästigen" Experimente, an denen Theorien gemessen werden; wegen fehlender Kompatibilität zu Beobachtungen sind schon viele schöne und mathematisch in sich konsistent Theorien verworfen worden.
Uli |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 03.09.2009, 20:24 Titel: |
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Uli hat Folgendes geschrieben: | Leider gibt es da noch die "lästigen" Experimente, an denen Theorien gemessen werden... |
Im Kontext erwies sich die Abrahamsche Theorie des Elektrons als genau so falsch wie die Abrahamsche Theorie der Gravitation. Das Experiment sprach sich dagegen aus.
Übrigens muss nicht jede Theorie, die durch ein bestimmtes Experiment in Frage gestellt wird, gänzlich verworfen werden. Imre Lakatos nennt Poppers diesbezüglichen Ansatz einen "naiven Falsifikationismus". Vielmehr gilt in solchen Dingen die Ceteris-paribus-Klausel.
Wenn sich bspw. das Higgs-Boson mit dem LHC nicht nachweisen lässt, muss deswegen nicht das gesamte Standardmodell der Teilchenphysik verworfen werden. Die Frage nach dem Ursprung der Teilchenmasse bleibt dann aber offen, so dass sich eine Modifikation der Theorie aufdrängt.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 03.09.2009, 21:53 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Und bei 'die zwischen 1910 bis 1915 beschrittenen Irrwege ' fällt jedem Naturwissenschaftler das Gebiß aus dem Mund. |
Ich habe diese von mir eingeflochtene Bemerkung eigentlich weitgehend wertefrei verstanden.
Insgesamt arbeitete Einstein acht Jahre (1907 bis 1915) an einer Theorie der Gravitation, die mehreren physikalischen Prinzipien Genüge leisten musste. Die von Einstein 1912 ausgearbeitete "Theorie der statischen Gravitation" erbrachte ihrem Autor scharfe Kritik seitens seines Kontrahenden Max Abraham ein, weil Einstein die Lichtgeschwindigkeit vom Gravitationspotential abhängig machte (und c damit variabel setzte).
Abraham, der eine eigene - an der Elektrodynamik orientierte - Gravitationstheorie vorlegte, erwies sich glücklicherweise als nicht ernstzunehmender Kandidat. Ab 1912 fasste Einstein den Entschluss, die spezielle Metrik durch eine allgemeinere zu ersetzen. Durch Grossmann initiiert nahm Einstein daraufhin Tensoren in sein Repertoire auf. Neu dabei war, dass auch gemischte Tensoren verwendet wurden. Nebst der sich anbahnenden Einstein-Grossmann-Entwurftheorie waren zwei weitere Gravitationstheorien vorhanden, diejenige von Nordström sowie Mie's Theorie der Materie. Einstein bemerkte im August 1913 in einem Brief an Freundlich:
Zitat: | ...Es bestehen noch die Relativitätstheorie von Mie und Nordström. Erstere ist phantastisch und hat meiner Meinung nach eine verschwindend kleine innere Wahrscheinlichkeit... |
1913 - im Rahmen der "Entwurftheorie" - war Einstein der Lösung des Gravitationsrätsels nahe, verwarf jedoch einige Gedanken, um erst im Spätherbst des Jahres 1915 erneut darauf zurückzukommen.
Rückblickend vermerkte Einstein dazu:
Zitat: | Im Lichte bereits erlangter Erkenntnis erscheint das glücklich Erreichte fast wie selbstverständlich, und jeder intelligente Student erfaßt es ohne zu große Mühe. Aber das ahnungsvolle, Jahre währende Suchen im Dunkeln mit seiner gespannten Sehnsucht, seiner Abwechslung von Zuversicht und Ermattung und seinem endlichen Durchbrechen zur Wahrheit, das kennt nur, wer es selber erlebt hat. |
Nebst dem erforderlichen physikalischen Rüstzeug war Einstein auch auf seine Intuition angewiesen. In mathematischem Sinne dagegen verlangte die ART enorm viel von ihrem Schöpfer ab, der sich die in Frage kommenden Grundlagen der Tensorrechnung und Differentialgeometrie erst sukzessive erarbeiten musste; doch schliesslich konnte der tiefgründige Grübler, das Morgenrot erblickend, frohen Mutes bekennen:
Zitat: | Dem Zauber dieser Theorie wird sich niemand entziehen können, der sie wirklich erfasst hat; sie bedeutet einen wahren Triumph der durch Gauss, Riemann, Ricci und Levi-Civita begründeten Methode des allgemeinen Differentialkalküls. |
Nebst Marcel Grossmann nahm der Ing. Michele Besso eine unterstützende Funktion ein. Von Besso stammen sogar wesentliche Passagen der Herleitung des Merkur-Perihels (Einstein-Besso Manuskript, 1913-14). Doch Besso hat sich deswegen nie vorgedrängt und stets grösste Bescheidenheit ausgeübt. Als er 1916 von der Physikalischen Gesellschaft um einen Vortrag über die Relativitätstheorie gebeten wurde, kommentierte er dies mit den für ihn typischen Worten:
Zitat: | Ich komme mir vor, wie einer, dem Beethoven seine Symphonie vorgepfiffen hätte, und der nun daraus nachpfeifen soll. |
Im Kontext liefert uns das Züricher Notizbuch wertvolle Indizien zu Einsteins heuristischer Vorgehensweise. Beim "Züricher Notizbuch" handelt es sich um ein ursprünglich 96 Seiten starkes Heft, das zur Hauptsache mit Rechnungen und kurzen Bemerkungen zu Problemen aus verschiedenen Gebieten der Physik, insbesondere zur Gravitationstheorie, angefüllt ist:
http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/Preprints/28/Preprint_28_Title.html
Eine wichtige Rolle in Einsteins Überlegungen kam desweiteren dem "Kernoperator" zu, weil sich dieser für schwache Felder auf den d'Alembert-Operator (und für den Newtonschen Grenzfall auf den Laplace-Operator) reduzieren lässt. Mit diesem Kernoperator erhoffte sich Einstein durch mehrfaches Probieren einen Erfolg, der jedoch ausblieb.
Durch Grossmann wurde Einstein vermutlich im Herbst 1912 auf den Riemann-Tensor aufmerksam. Dieser neue Ansatz versprach anscheinend mehr Nutzen, weil damit auch das Kovarianzprinzip befriedigt werden konnte. Sein einstiger Kommilitone am Polytechnikum in Zürich war auf Einsteins verzweifelten Schrei "Grossmann, hilf mir, sonst werd' ich verrückt" unverzüglich zu Hilfe geeilt, um auf den mächtigen Ricci-Kalkül zu verweisen. Der mathematische Teil der "Entwurftheorie" stammte folglich von Grossmann, der physikalische von Einstein. In der Tat kontrahierte Einstein aus dem Riemann-Tensor den für die Krümmung benötigten Ricci-Tensor. Immer wieder versuchte er auch den aus dem Korrespondenzprinzip geforderten Limes schwacher Felder abzuleiten; dabei stiess er auf unüberwindliche Schwierigkeiten. In einer genialen Eingebung gelang ihm daraufhin eine Modifikation, die ihn auf direktem Wege zu den Feldgleichungen der Gravitation geführt hätte. Auf die rechte Seite sollte nun ein "Spannungs-Energie-Tensor" kommen. Aus unerfindlichen Gründen wandte er sich von diesem erfolgversprechenden Wege wieder ab, um einen neuen Ausdruck für die linke Seite der Feldgleichungen zu suchen.
Dieses Abwägen und Tasten kostete Einstein schliesslich nochmals zwei volle Jahre. Schmerzlich bewusst war ihm dabei, dass die verwendeten Feldgleichungen nicht allgemein kovariant waren. Erst in den letzten Monaten des Kriegsjahres 1915 (zusätzlich getrieben durch Hilberts konkurrenzierende Publikation) stiess Einstein zu den richtigen Feldgleichungen vor.
Geometrie (links) und Physik (rechts) reichen sich hierbei die Hand:
Im Grenzfall schwacher und zeitunabhängiger Felder folgt daraus das Newtonsche Gravitationspotential (Poissonlösung). Oft wird die linke Seite im sog. Einstein-Tensor G_ik zusammengefasst. Stark vereinfacht lässt sich dazu sagen: Einstein-Krümmung ~ Energie-Impuls-Materie.
Die sich aus der obigen tensoriellen Gleichung ergebenden Implikationen sind enorm. Die Einsteinschen Feldgleichungen repräsentieren ein System von nichtlinearen verketteten Differentialgleichungen, deren Lösung nur in sehr wenigen Spezialfällen (mit zudem stark idealisierenden Annahmen) möglich ist. Eine allgemeine analytische Lösung ist praktisch unmöglich. Lokale Lösungen bspw. sind die Schwarzschild-Lösung und die Kerr-Lösung. Globale Lösungen sind u.a. das Friedmann-Universum und das Gödel-Universum. Als Manifestation der Wellenlösung werden Gravitationswellen (Quadrupolstrahlung) erwartet, deren Nachweis noch aussteht.
Damit nun war nach jahrelangem Ringen der endgültige Durchbruch erzielt. Umgehend publizierte auch Einstein: "Die Feldgleichungen der Gravitation" (Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften, 1915). Zwischen ihm und Hilbert kam es im Gefolge dieser Publikationen zu einer zeitweiligen Verstimmung, weil Einstein den Göttinger Mathematiker verdächtigte, bei ihm abgeschrieben zu haben; doch nichts wäre falscher als das. Hilbert war nämlich einem Variationsprinzip folgend auf die Feldgleichungen gestossen, währenddem Einstein aufgrund physikalischer Prinzipien (darunter dem allg. Relativitätsprinzip und dem Aequivalenzprinzip) zum richtigen Ergebnis gelangte. Dies zeigt auch deutlich die unterschiedliche Motivation beider. Zweifellos war Einstein der in physikalischen Belangen reifere Denker, Hilbert jedoch mathematisch wesentlich versierter.
Zu diesem Ringen um die richtige Theorie der Gravitation bemerken Renn und Sauer:
Zitat: | Weder bestanden die Gründe in trivialen Fehlern Einsteins, noch führte ihn seine Heuristik notwendig in eine bestimmte Richtung, sei es nun die richtige oder falsche. Die heuristischen Annahmen, die Einstein auf der Basis seines in der klassischen Physik wurzelnden physikalischen Problemverständnisses formulierte, legten ihm nämlich zwar schon früh die von heute aus betrachtet korrekten Gleichungen nah, verhinderten aber zur gleichen Zeit deren konsistente physikalische Interpretation. Die komplizierte und weitreichende begriffliche Entwicklung, die beim Übergang von der klassischen Mechanik zur allgemein-relativistischen Gravitationstheorie erforderlich war, vollzog sich, wie wir hier nur andeuten konnten, in einem wechselseitigen Anpassungsprozeß zwischen mathematisch-formaler Repräsentation und physikalisch-begrifflicher Interpretation. Wie die dargelegte Episode illustriert, läßt sich dieser für ein erkenntnistheoretisches Verständnis des wissenschaftlichen Denkens zentrale Anpassungsprozeß nur auf der Grundlage detaillierter historischer Rekonstruktionen erhellen. |
Zur Erhellung des damaligen wissenschaftlichen Umfeldes empfehle ich dem an der Physikgeschichte interessierten Leser:
Jürgen Renn, "Auf den Schultern von Riesen und Zwergen" (Wiley-VCH)
Jürgen Renn (Herausgeber), "The Genesis of General Relativity" (Springer Netherlands)
Im Folgejahr (1916) erschien in den Annalen der Physik der Einführungsartikel: "Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie". Der endgültige Triumph der Einsteinschen Gravitationstheorie zeichnete sich aber erst nach dem Kriege ab, als anlässlich einer Sonnenfinsternis-Expedition die von Einstein vorausgesagte Lichtablenkung auf photografischem Wege festgehalten wurde. Auch danach wurden seitens der mathematisch veranlagten Physiker (Kaluza, Weyl) weiterführende Feldtheorien entworfen. Einstein selbst befasst sich ab etwa 1922 mit anwachsender Intensität mit der Ausarbeitung einer Einheitlichen Feldtheorie; doch war ihm Fortuna dazu nicht länger hold.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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Uli
Anmeldedatum: 09.06.2006 Beiträge: 472
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Verfasst am: 05.09.2009, 11:02 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Uli hat Folgendes geschrieben: | ebikonso hat Folgendes geschrieben: |
Wenn die Mathematik stimmig ist dann kann es für die Physik nicht wirklich falsch sein.
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Leider gibt es da noch die "lästigen" Experimente, an denen Theorien gemessen werden; wegen fehlender Kompatibilität zu Beobachtungen sind schon viele schöne und mathematisch in sich konsistent Theorien verworfen worden.
Uli |
Nun, Albert Einstein hat ja auf Basis experimenteller Daten und deren Umsetzung per Lorentz seine SRT aufgebaut.
Da war schon 1905 viel experimetelles enthalten.
...
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Eben das war mein Punkt: korrekte Mathematik alleine erzeugt noch keine korrekten physikalischen Modelle. Ist nur notwendige Bedingung.
So ein mathematisch konsistentes Modell kann dann - im Gegensatz zu dem, was du oben geschrieben hast - dennoch sehr wohl für die Physik falsch sein.
Gruß,
Uli |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 05.09.2009, 22:37 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Es bliebt jedem unbenommen alles doch einen euklidischen Raum zu zwängen. Aber es ist sinvoller nicht euklidisch zum improvisieren sondern nichteuklisch zu denken in der Physik. |
Sag einmal, hast du ein Glas zuviel getrunken?
Deine Sätze klingen für mich etwas wirr.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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galileo2609 Site Admin
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 6115
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Verfasst am: 05.09.2009, 23:14 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: | Sag einmal, hast du ein Glas zuviel getrunken? |
Hallo zeitgenosse,
ob mit oder ohne Zielwasser. Mir scheint, manchmal ist sich ebikonso nicht so richtig über die Zielgruppe seiner Posts bewusst.
Grüsse galileo2609 |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 06.09.2009, 10:17 Titel: |
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Bei allem Verdienst Einsteins für die Geometrisierung der Physik darf nicht vergessen werden, dass ohne Wegbereiter dieser Wandel kaum stattgefunden hätte.
Genannt seien Gauß, der mit seiner Flächentheorie (in Verbindung mit Kartografie und Geodäsie) die Grundlagen schuf. Ferner Riemann, der Gauß' Gedanken kongenial auf beliebige Mannigfaltigkeiten sphärischer Krümmung ausdehnte. Auf dem Kontinent hat Helmholtz (Ueber die Thatsachen, die der Geometrie zum Grunde liegen) zur Verbreitung der Riemannschen Geometrie beigetragen. Unter den Angelsachsen ist Clifford (On the space-theory of matter) zu nennen. Der für die Differentialgeometrie erforderliche Calculus stammt von Ricci-Curbastro und seinem Schüler Levi-Civita (Calcolo differenziale assoluto), der auch die kovariante Ableitung fand. Christoffel hat mit den nach ihm benannten Dreizeigersymbolen ebenfalls zum Gelingen beigetragen.
Weitere Einzelheiten entnehme man dem aufschlussreichen Buch von Karin Reich, Die Entwicklung des Tensorkalküls (Birkhäuser).
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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dhainz
Anmeldedatum: 02.05.2006 Beiträge: 87
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Verfasst am: 06.09.2009, 10:48 Titel: |
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zeitgenosse hat Folgendes geschrieben: | m = (4/3)(E_elm/c²)
Bis auf einen entbehrlichen Faktor ist diese Gleichung eingeschränkt gleichwertig zu der von Einstein in seinem 'Annus mirabilis' hergeleiteten Energie-Masse-Äquivalenz, mit dem nun allerdings signifikanten Unterschied, dass Einstein den Energieterm auf sämtliche Energieformen bezog. |
Im Rahmen des elektromagnetischen Weltbildes ist der Faktor nicht entbehrlich. Nimmt man nämlich in dass die gesamte Masse elektromagnetischer Natur ist, muss man diesen Faktor sogar einsetzen. Genauer:
a) Folgende Formel ist falsch: $m_{ges}=\frac{4}{3}\frac{E_{em}}{c^{2}}$. Diese besagt, dass die gesamte Masse nur von der Em-Energie mal 4/3 abhängt, wobei die Em-Energie tatsächlich die einzige Energieform im Elektron darstellt. (Zu finden bei Thomson 1893, Searle 1897, Wien 1900, Abraham 1902, Lorentz 1904, Poincaré 1905).
b) Folgende Formel ist korrekt: $E_{ges}=\frac{4}{3}\frac{E_{em}}{c^{2}}$. Diese besagt, dass die Gesamtenergie eines Elektrons dem 4/3-fachen Em-Energie entspricht. Daraus ergibt sich, dass noch eine nicht-em-Energie existieren muss, welche den Wert $-\frac{1}{3}\frac{E}{c^{2}}$ zur Energie beiträgt - beim Gesamtimpuls muss dies natürlich auch berücksichtigt werden. (Zu finden bei Poincaré 1905, Laue 1911).
c) Setzt man nun die Äquivalenz von Masse und Energie voraus, ergibt sich, dass die nicht-Em-Energie auch zur Masse beiträgt, und a) verwandelt sich in $E_{ges}=m_{ges}c^2$.
Während Poincaré also b) bereits korrekt ableitete, verblieb er bei der Meinung, dass nur die em-Energie zur Masse beiträgt. Er schrieb nämlich:
http://www.archive.org/details/UeberDieDynamikDesElektrons23.Juli1905
Poincaré hat Folgendes geschrieben: | Wenn die Trägheit der Elektronen ausschließlich elektromagnetischen Ursprung ist, und wenn sie nur den Kräften elektromagnetischen Ursprungs unterworfen sind, oder den vom zusätzlichen Potential (F) verursachten Kräften, dann kann kein Experiment den Nachweis einer absoluten Bewegung erbringen. |
Das hätte ihn automatisch zu a) führen müssen, stattdessen verwendete er die richtige Formel c). Warum? Bei der Ableitung der Masse benutzte er offenbar den Gesamtimpuls (welcher auch die nicht-em-Energie beinhaltete), und nicht nur die em-Komponente des Impuls - was er eigentlich hätte tun müssen, wenn er sich an seine eigenen Aussage gehalten hätte.
Siehe für nähere Details Jannsen/Mecklenburg (Abschnitt 5):
http://philsci-archive.pitt.edu/archive/00001990/
Noch zu Hasenöhrl:
1904 benutzte er die Längenkontraktion, um einen Widerspruch zum 2. thermodynamischen Hauptsatz aufzulösen. Mosengeil (1907) zeigte jedoch, dass Hasenöhrls Herleitung unvollständig war, denn er bemerkte dass die Temperatur von Bezugsystem abhängig ist. Hasenöhrl (1907) bestätigte dies, wobei er jedoch hinzufügte, dass die Längenkontraktion doch notwendig war - damit das Gleichgewicht zwischen Druck und Temperatur in allen Bezugsystemen aufrecht erhalten werden kann.
Interessant wäre noch, auf eine kleine Prioritätsdiskussion hinzuweisen: Planck schrieb 1907 nämlich seine große Arbeit "Zur Dynamik bewegter Systeme", wo er auch die Hohlraumstrahlung unter Bezugnahme auf Mosengeil genau untersuchte, jedoch ohne Hasenöhrl zu erwähnen. Dieser (1908) schrieb deshalb:
http://de.wikisource.org/wiki/Zur_Thermodynamik_bewegter_Systeme_%28Fortsetzung%29
Hasenöhrl hat Folgendes geschrieben: | Jedenfalls ist auch in meinen früheren Arbeiten zuerst der Begriff einer von der inneren Strahlung und damit von der Temperatur abhängigen Masse aufgestellt und das von der Geschwindigkeit unabhängige Glied derselben für den Hohlraum berechnet worden. Es ist mir demnach unverständlich, warum Herr Planck, der diese Dinge in der Einleitung zu seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand ausführlich erörtert, dabei meine Arbeiten mit keinem Worte erwähnt. |
Das scheint Wirkung gezeigt zu haben, denn 1908 wies Planck darauf hin, dass Hasenöhrls neue 1907-Arbeit mit den Ergebnissen und der SRT übereinstimmt, und 1909 erklärte Planck in seinen "8 Vorlesungen über Theoretische Physik", p. 125:
Planck hat Folgendes geschrieben: | Darauf, dass die Hohlraumstrahlung Trägheit besitzt, hat zuerst F. Hasenöhrl aufmerksam gemacht. |
So, das war die einzige Prioritätsdiskussion zu diesem Thema, und die hat sich von selbst erledigt. Hingegen die von Lenard angestachelte Diskussion kann nur von Leuten ernstgenommen werden, welche die Bedeutung von E=mc² im Rahmen der SRT nicht verstanden haben - wovon es in den 20ern leider jede Menge gab.
mfg
Dietmar _________________ Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. Friedrich Nietzsche |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 06.09.2009, 11:54 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: |
Es bliebt jedem unbenommen alles doch einen euklidischen Raum zu zwängen. Aber es ist sinvoller nicht euklidisch zum improvisieren sondern nichteuklisch zu denken in der Physik.
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Hallo ebikonso,
gerade bei der inneren Krümmung von Räumen funktioniert das genau genommen gar nicht. Wenn man dann noch hergeht und die Krümmung wegdiskutiert, bekommt man spätestens bei globalen Betrachtungen (z.B. in der Kosmologie) ziemliche Schwierigkeiten. Als Beispiel: Eine Kugeloberfläche ist doch ziemlich verschieden von einer Ebene.
Der Versuch die moderne Physik mit euklidischer Geometrie zu betreiben erinnert mich eher an die Beschreibung der Planetenbahnen mit Epizyklen. Auch so Etwas hat heute nur noch historische Bedeutung.
MfG |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 06.09.2009, 14:49 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Wenn man dann noch hergeht und die Krümmung wegdiskutiert, bekommt man spätestens bei globalen Betrachtungen (z.B. in der Kosmologie) ziemliche Schwierigkeiten. |
Andererseits: Auf grössten Skalen erweist sich das Universum beinahe als euklidisch.
Zitat: | Eine Kugeloberfläche ist doch ziemlich verschieden von einer Ebene. |
Lokal ist zwischen einer Kugeloberfläche und einer Ebene kein Unterschied auszumachen. Bei genügend grossem Kugelradius kommt der Bewohner der Sphäre zu denselben Ergebnissen wie seinerzeit Euklid. Anders sieht es bei einer Weltumsegelung aus. Magellan benutzte dieses Argument als Beweis für die Kugelgestalt der Erde, indem er die Gewürzinseln um das Kap Hoorn herum über den Pazifik ansteuerte.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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Barney
Anmeldedatum: 19.10.2008 Beiträge: 1538
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Verfasst am: 06.09.2009, 16:07 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | Und Albert Einstein hatte hier das Glück und die nötige Krea(k)tivität die SRT zu finden. Rechtschreibkorrektur von mir
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Hallo ebikonso und zeitgenosse,
das sehe ich praktisch genauso, wenngleich die Entwicklung der ART imho als die größere, intellektuelle Leistung angesehen werden sollte. Und vielleicht liegt ja auch gerade darin die große Stärke der RT als Ganzes, dass sie indirekt von mehreren, ganz großen Köpfen über viele Jahr(zehnt)e hinweg vorbereitet und entwickelt wurde. Ich persönlich komme auch gut klar damit, die RT als Gemeinschaftsentwicklung zu betrachten.
MfG |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 07.09.2009, 03:38 Titel: |
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ebikonso hat Folgendes geschrieben: | In der Wissenschaft ist vieles Gemeinschaftsarbeit |
Einstein bezeichnete sich gerne als "Einspänner". Von seiner Veranlagung her war er eher ein Einzelgänger, der sich aber trotzdem gerne innerhalb eines engeren Freundeskreises austauschte. Zu den Freunden zählten Habicht, Solovine und insbesondere Besso. Grossmann, der zusammen mit Einstein studiert hatte, half ihm entscheidend in den mathematischen Belangen.
In seinen späteren Jahren umgab er sich gerne mit Assistenten.
Für ein paar Jahre arbeitete Einstein mit Gromer zusammen, der ein durch eine Krankheit entstelltes Aeusseres hatte. Einstein lobte dessen mathematischen Fähigkeiten. Anfangs der dreissiger Jahre ging Gromer nach Minsk.
Eine zeitlang arbeitete Einstein mit Bargmann und Bergman. Diese Namensähnlichkeit gab oft Gelegenheit zu Verwechslungen.
Mit Infeld zusammen schrieb Einstein das populärwissenschaftliche Buch "Die Evolution der Physik".
Auch Hoffmann, der später das semi-wissenschaftliche Buch "Einsteins Ideen" schrieb, gehörte zu den Auserwählten.
Mit Rosen arbeitete Einstein an topologischen Problemen der Feldphysik.
Nebst diesen engeren Mitarbeitern pflegte Einstein einen ausgedehnten Briefwechsel mit anderen Physikern wie bspw. Lorentz, Schrödinger und Pauli. Mit Gödel tauschte er sich auf längeren Spazierwegen über die Geheimnisse des Universums aus.
Eine eigentliche Teamarbeit - wie sie heutzutage in wissenschaftlichen Gremien verstanden wird - unterhielt Einstein dagegen nicht. In Princeton geriet er unter den jüngeren Kollegen sogar beinahe in Vergessenheit.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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zeitgenosse
Anmeldedatum: 21.06.2006 Beiträge: 1811
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Verfasst am: 10.09.2009, 20:41 Titel: |
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Barney hat Folgendes geschrieben: | Der Versuch die moderne Physik mit euklidischer Geometrie zu betreiben erinnert mich eher an die Beschreibung der Planetenbahnen mit Epizyklen. |
Eine Kosmologie mit euklidischer Geometrie wurde 1932 von Milne (später stiess McCrea dazu) entworfen.
Das Kosmologische Prinzip entstammt Milnes Terminologie. Gemeinhin versteht man darunter:
1) Das Weltall ist homogen (dies allerdings erst auf grössten Skalen mit Distanzen von 100 Mio. Lj)
2) Das Weltall ist isotrop.
Der zweite Punkt ist eine Annahme.
Massive Kritik an Milnes Kosmologie - insbesondere gegenüber dem Kosmologischen Prinzip - stammte von Dingle.
Gr. zg _________________ Make everything as simple as possible, but not simpler! |
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