MASER

 
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 30.06.2009, 23:15    Titel: MASER Antworten mit Zitat

In letzter Zeit wurden von mir extrem kontroverse Themen angeschnitten, die Freiraum für spekulative Elemente beinhalten. Deshalb ist zwischendurch Handfestes angesagt, um einerseits den Vorwurf zu parieren, ich verstünde nichts von Technischer Physik und andererseits, um die vor einiger Zeit begonnene Technik-Edition (Vakuumtechnik, Elektronenröhren, Teilchenbeschleuniger) in bewährter Tradition fortzusetzen:

Weniger bekannt als der LASER, aber nicht weniger interessant, ist der MASER.

1) Grundsätzliches

1.1 Als MASER (Microwave Amplification by Stimulated Emission of Radiation) wird ein Mikrowellenverstärker bezeichnet. Maser übetreffen die besten (rauscharmen) Wanderfeldröhren bezüglich der Nachweisempfindlichkeit um mehrere Zehnerpotenzen. Die Idee dieses Verstärkungsprinzips geht auf Townes (1951) zurück. Zusammen mit Gordon und Zeiger wurde 1954 der erste Ammoniak-Maser gebaut. Beinahe jedoch hätte der Maser nicht das Licht der Welt erblickt; denn Rabi und Kusch (beide wie Townes an der Columbia Univ. in NY tätig) drängten Townes, mit seiner Arbeit aufzuhören, weil sie das Forschungsgeld für ihre eigenen Experimente dringend benötigten. Ramsey baute 1960 den ersten Wasserstoff-Maser, dessen Frequenz mit der 21 cm Linie der Radioastronomie korrespondiert. Die Natur kam dem 'homo faber' wie oft zuvor. Aus dem Orion-Nebel erreicht uns kosmische Maserstrahlung. Ab 1957 ff. beschäftigte sich Townes (zusammen mit Schawlow) mit der Frage, ob der Maser auch im sichtbaren Spektrum funktionieren könnte. Damit wurden die theoretischen Grundlagen für den LASER (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation) gelegt. Maiman von 'Hughes Research Lab.' baute 1960 als erster einen funktionsfähigen Rubin-Laser. Eine Veröffentlichung bei 'Physical Review Letters' wurde jedoch aus Skepsis abgelehnt; 'Nature' druckte danach einen verkürzten Text. Auch aus der Sowjetunion kamen wichtige Impulse (Basow, Prochorow).

Im Mikrowellenbereich (cm-Wellen) beherrscht nach wie vor der Maser das Feld, zum einen als rauscharmer Verstärker und Oszillator, zum anderen als hochpräzises Frequenznormal. So werden die in der Schweiz entwickelten Präzisionsuhren im europäischen Satelliten-Navigationssystem Galileo eingesetzt: Zwei Wasserstoff-Maser (1,42 GHz) und zwei Backup Rubidium-Uhren (6,835 GHz) für jeden Satelliten.

Wasserstoff-Maser:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Hydrogen_maser.jpg

1.2 Maser-Prinzip (adäquates gilt auch für Laser):

Zum Verständnis des Funktionsprinzips soll zunächst ein Körper im thermodynamischen Gleichgewicht betrachtet werden. Die Besetzung der atomaren Energieniveaus folgt der Boltzmann-Verteilung:

N2/N1 = e^(-(E2 - E1)/k*T)

N1 Teilchen im unteren Energieniveau
N2 Teilchen im oberen Energieniveau
k Boltzmann-Konstante
T Temperatur

Jedes Atom ist von Natur aus bestrebt, den energetisch niedrigsten Zustand einzunehmen, so dass ohne äussere Energiezufuhr auf den unteren Energieniveaus stets eine wesentlich grössere Anzahl von Elektronen anzutreffen ist. Durch gezielte Energiezufuhr (sog. Pumpen) kann eine Umbesetzung (Besetzungsinversion) erreicht werden, so dass auf dem höheren Energieniveau mehr Elektronen anzutreffen sind als auf dem tiefen. Nach einer charakteristischen Zeitspanne (Relaxationszeit) fallen die Elektronen unter Aussendung eines Photons in den Grundzustand zurück:

ΔE = E2 - E1 = h*f ; f = ΔE/h

Angeregte Elektronen fallen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in den Grundzustand. Bei der spontanen Emission gilt - wie beim radioaktiven Zerfall - ein logarithmisches Abbaugesetz mit einer mittleren Zeitdauer, nach welcher 63% der angeregten Atome erneut den Grundzustand eingenommen haben. Sinnvoll wäre es nun, die spontane Emission durch eine gezielte zu ersetzen (ein Gedanke, den Einstein seinerzeit aufwarf, um "die Natur zu überlisten"). Dazu wird eine Radiowelle mit der Resonanzfrequenz f = ΔE/h in den Körper eingestrahlt. Der dabei entstehende Photonenfluss erzeugt monochromatische kohärente Wellenzüge einer bestimmten Frequenz, die somit in Phase und Wellenlänge in einer festen Beziehung zueinander stehen. Dieser Vorgang wird als induzierte oder stimulierte Emission bezeichnet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Stimulierte_Emission

Zusätzlich findet eine Verstärkung des eingestrahlten Radiosignals statt. Wird die stimulierende Radiostrahlung bspw. mit Videosignalen moduliert, zeigt sich nach dem Durchgang durch ein solches Verstärkerelement, dass die Amplitude linear, d.h. verzerrungsfrei, verstärkt wurde. Dies prädestiniert den Maser als extrem rauscharmen Verstärker schwacher Mikrowellensignale, wie solche z.B. in der Satellitentechnik vorkommen. Die Verwendung in Radarsystemen - um ein zweites Anwendungsbespiel anzuführen - führt ebenso zu einer enormen Effizienzsteigerung.

Fortsetzung folgt...

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BeitragVerfasst am: 03.07.2009, 01:24    Titel: Antworten mit Zitat

2) Maser-Systeme

2.1 Gas-Maser werden in der Mikrowellenspektroskopie verwendet und auch als Frequenznormale eingesetzt. Der geeignete Energieübergang wurde 1935 von Cleeton und Williams auf experimentell-empirischem Wege gefunden, als die beiden Forscher ein mit Ammoniak gefülltes Wellenleiterrohr mit Mikrowellen bestrahlten.

1949 wurde von Lyons erstmals die bei diesem Prozess auftretende Spektrallinie zum Bau einer Molekularuhr benutzt.

NH3-Frequenznormal (Absorptionsmethode):



Ein wesentlicher Teil eines solchen Apparates besteht aus einem rechteckigen Hohlleiter, der mit Ammoniakgas niedrigen Druckes gefüllt ist. Im Wellenleiter werden elektrische Signale mit geringen Verlusten übertragen. An den Enden ist das Wellenrohr mit Glimmfenstern abgeschlossen. Der vordere Stutzen wird mit dem Mikrowellenoszillator verbunden, der hintere Stutzen führt zu einem Indikator (Germaniumdetektor), der auf die durch die Zelle übetragene Energie anspricht. Die Frequenz wird mittels einer Regelautomatik auf die Absorptionslinie abgestimmt, die ihr Maximum auf der Resonanzfrequenz des Ammoniakmoleküls hat. Infolge der Strahlungsdämpfung und der statistischen Geschwindigkeitsverteilung der Moleküle ist die Spektrallinie relativ breit. Resultat ist somit nicht eine diskrete Frequenz, sondern ein Frequenzband. Die Halbwertsbreite (bezogen auf die Grundfrequenz von 23 MHz) beträgt dabei 150 kHz.

Daraus folgt für die Güte:

q = delta f/f

Die erzielbare Resonanzschärfe lässt sich dadurch verbessern, indem statt eines gasgefüllten Gefässes ein Wellenrohr verwendet wird, das von einem dünnen Molekularstrahl durchsetzt wird. Weil die Moleküle dabei in einer Vorzugsrichtung durch das evakuierte Rohr strömen, ist die Geschwindigkeitsrichtung der Partikel annähernd gleich gross, so dass sich der - in diesem Fall unerwünschte - Dopplereffekt abschwächen lässt.

2.2 Der Trennungs-Maser wurde 1955 erstmals von Townes unter Verwendung von Ammoniakgas (NH3) realisiert. Die Erweiterung zum Maser erfolgt dadurch, indem die Moleküle des unteren Energiebandes aus dem Strahl ausgeschieden und nur das obere Energieband (N2) genutzt wird. Die benötigte Besetzungsinversion kann nämlich auch durch Trennung der Teilchen niedrigen und hohen Energiebetrages umgesetzt werden. Dadurch entfällt die Pumpfrequenz, die beim 2-Niveau-Maser mit der Empfangsfrequenz zusammenfällt. Es entsteht ein Zustand "negativer Spintemperatur". Die Besetzungszahl der oberen Energieniveaus wird dabei grösser. Wird dieser Teil des Strahls in einen abgestimmten Hohlraumresonator geleitet, welchem zur Stimulation eine Signalwelle geeigneter Frequenz zugeführt wird, erfolgt eine erhebliche Verstärkung des Signals. Ist die stimulierte Energie gross genug, um die Verluste des Resonators zu kompensieren, entsteht ein selbstschwingender frequenzstabiler Oszillator, welcher als Frequenznormal genutzt werden kann.

Die Frequenz kann auch für Mischzwecke in Zwischenfrequenzstufen (Superheterodyne-Schaltung) verwendet werden. Je nach Dämpfung erhält man auf diesem Wege einen Maser-Verstärker oder einen Maser-Steuersender.

Fortsetzung folgt...

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BeitragVerfasst am: 04.07.2009, 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

3. Caesium-Atomuhr

Ein anstatt mit Molekülen mit Atomen arbeitender Maser führt zur Cs-Atomuhr, wo Cäsiumdampf im Strahlverfahren benutzt wird. Die Trennung der Teilchen in den beiden Energieniveaus (und damit die Festlegung der Eigenfrequenz) erfolgt hier durch Magnetfelder.

Angeregt wurde die Konstruktion durch Rabi (1945). An der Entwicklung beteiligt waren Libby (1946), Lyon (1949) und Essen (1955).

3.1 Physikalisches Prinzip:

Atomkerne sind in gewissem Sinne als rotierende Kreisel zu betrachten, die im Magnetfeld einer Richtungsquantelung unterworfen sind. So erlaubt bspw. ein Atom mit dem Kernspin l präzise 2l + 1 verschiedene Winkeleinstellungen. Als Kreisel versucht sich der Kern stets in die äussere Magnetfeldrichtung einzustellen. Es entsteht eine Präzessionsbewegung mit einer Larmorfrequenz von 1 bis 50 MHz, welche konkret von der magnetischen Feldstärke abhängt. Wird dem System nun eine Hochfrequenzwelle - in Resonanz zur Larmorfrequenz - zugeführt, kippen die magnetischen Kernmomente ihre Winkel gegen das magnetische Feld. Dadurch wird der Kern auf ein höheres Energieniveau angehoben.

Um den Kern des Cs-Atoms rotiert eine Ladungswolke mit 55 Elektronen. Das aussen befindliche Valenzelektron mit Spin 1/2 ist dabei parallel zum Kern - in gleich- oder entgegengesetzter Richtung - orientiert. Dies entspricht zwei diskreten Energiezuständen des Cs-Atoms.

Somit gilt:

Parallelstellung F = l + s = 4 h/2π

Antiparallelstellung F' = l - s = 3 h/2π

Den beiden Atomzuständen F und F' entsprechen demzufolge zwei diskrete Energiewerte. Der Übergang erfolgt nach der bekannten Beziehung:

f = (E2 - E1)/h

(diese Frequenz beträgt für Cäsium 133 = 9'192 • 631'830 MHz ± 10 Hz)

3.2 Funktionsweise:

Aus einem Ofen, in dem Cäsium vergast wird, gelangt ein Strahl in eine Hochvakuumkammer. Bedingt durch Oeffnungsweite und Kollimatoren entstehen dünne parallele Strahlen, die auf einen glühenden Auffänger (Detektor) fokussiert werden. Auf ihrem Weg werden die Atome zweimal einem inhomogenen Magnetfeld ausgesetzt, um so die erforderliche Trennung der Energieniveaus zu erzielen.

Prinzipschema des Cs-Frequenznormals:



Atome im niedrigeren Energiezustand werden durch das erste Magnetfeld aus dem Strahlengang ausgeschieden. Atome im höheren Energiezustand gelangen in einen Hohlraumresonator, der von einem Mikrowellengenerator angeregt wird. Das hochfrequente Feld des Resonators stimuliert die Atome, so dass ein Teil vom höheren in den niedrigeren Energiezustand wechselt, sofern die Frequenz des anregenden Wechselfeldes mit der Frequenz des Übergangs übereinstimmt. Nach Verlassen des Hohlraumresonators durchläuft der Strahl das inhomogene Feld des zweiten Magneten, um erneut in zwei Komponenten aufgespalten zu werden. Der Auffänger ist so plaziert, dass nur diejenigen Atome, die einen Übergang hinter sich haben, detektiert werden. Die unverändert gebliebenen Atome aus dem höheren Energieniveau fliegen am Detektor vorbei. Im Auffänger werden die Atome mit einem beheizten Filament ionisiert. Die Ionen erzeugen in der Auffängerelektrode einen Elektronenstrom, welcher in einem Elektronenvervielfacher einer 1e6-fachen Verstärkung unterliegt. Auf diese Weise entsteht im Detektor ein scharf ausgeprägtes Maximum der Anzeige, wenn man mit dem stimulierenden Oszillator die Resonanzfrequenz der Cäsiumatome durchfährt. Die Halbwertbreite der Resonanzkurve beträgt nur 170 Hz, was einer Kreisgüte von 5.5e7 entspricht.

3.3 Zur Halbwert(s)breite:

Diese orientiert sich an der roten Cd-Linie (6'439 Å), wie sie ein optisches Spektrometer erzeugt. Dazu wird das Amplitudenquadrat in Abhängigkeit der Wellenlänge verwendet:

A²/A²max.

Der Abstand Δf der Frequenzen f2 - f1 (für welchen das Amplitudenquadrat die Hälfte des Maximalwertes besitzt) ist die Halbwertbreite. Je schmaler die Durchlasskurve ist, desto grössere Kohärenz liegt vor. Temperaturdrift - wie sie bei der spontanen Emission vorherrscht - trägt zur Verbreiterung der Kurve bei. Stimulierte Emission bewirkt dagegen eine schmälere Resonanzkurve. Bei der Cs-Atomuhr beträgt die Halbwertbreite nur 170 Hz. Ideal wäre unbestritten eine unendlich dünne Linie, der praxiszugewandte Physiker ist auch mit dem erreichbaren Optimum zufrieden.

3.4 Sonstiges:

Ausser der Cäsium-Fontäne ist die hier skizzierte Cs-Atomuhr eine der genauesten Uhren weltweit. Die hohe Ganggenauigkeit wird dadurch erreicht, weil das Hochfrequenzfeld rechtwinklig zum Strahl liegt, wodurch der Dopplereffekt praktisch verschwindet. Dazu kommt, dass Atomuhren im Vergleich zu einem Quarzoszillator weitgehend alterungsunabhängig sind.

(Solche Geräte zu bauen - das sei hier mit aller Bescheidenheit vermerkt - ist nicht zuletzt das Werk der Physikingenieure der EPFL. Leider gibt es diesen soliden Diplomstudiengang längst nicht mehr. Eine gewisse Wehmut schwingt in dieser Feststellung mit.)

Seit 1962 steht ein Wasserstoff-Maser der 21 cm Wellenlänge auch im 'Laboratoire suisse de recherches horlogéres' in Neuchâtel, Schweiz. Als Energieübergang nutzt man die magnetischen Hyperfeinstrukturniveaus des Wasserstoffatoms. Der molekulare Wasserstoff wird in einer Gasentladungsröhre mittels Gleichstromentladung dissoziiert und bei einem Druck von 1 Torr einem evakuierten Glaskolben zugeführt. Zur Ausscheidung der Atome des jeweiligen Energiezustands wird auch hier der Zeeman-Effekt mittels eines 25 cm langen Vierpolmagneten (Quadrupol) genutzt. Die energiearmen Atome werden dabei nach aussen gelenkt und mit flüssiger Luft festgefroren. Der Zentralstrahl gelangt indessen in einen auf 1'420 MHz abgestimmten versilberten, zylindrischen Hohlraumresonator (Schwingungsmodus TE 011), wo eine kohärente Schwingung durch die induzierte Emission erzeugt wird. Die daraus resultierende Resonanzkurve besitzt eine extrem geringe Linienbreite. Um den Störeinfluss externer Magnetfelder zu eliminieren, wird der Resonator mit Blechen aus Armco-Eisen oder mu-Metall abgeschirmt.

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BeitragVerfasst am: 05.07.2009, 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

4. Festkörper-Maser

4.1 Anstelle eines Gasmoleküls (NH3) oder eines Gasatoms (Cs) eignen sich für das Maser-Prinzip auch Festkörper mit paramagnetischen Kristallen (z.B. dotiertes Silizium). Diese Entwicklungslinie führt zum Festkörper-Maser. Voraussetzung ist, dass sich nicht gleich viele Elektronen nach rechts und nach links um die Achse drehen, weil sich sonst die Kreisströme kompensieren. Völlig ungeeignet in diesem Sinne sind Symmetrien, wie sie bei Edelgaskonfigurationen vorliegen, weil sich der Gesamtdrehimpuls zu Null summiert. Solche Stoffe sind demzufolge nicht paramagnetisch und fallen für Maserzwecke ausser Betracht.

Prinzip des Festkörper-Masers mit paramagnetischem Kristall:



Bettet man paramagnetische Substanzen (also mit unpaarigen Elektronen versehene Gitteratome) in ein nichtleitendes und durchsichtiges Substrat (Isolatorkristall) ein und setzt sie einem äusseren Magnetfeld aus, so nehmen die Atome aufgrund des Zeeman-Effekts zwei mögliche Orientierungen ein, entsprechend zwei diskreten Energiezuständen mit der Energiedifferenz E = μH.

(μ ist das magnetische Spinmoment, H die magnetische Feldstärke)

Die dem Quantenübergang entsprechende Frequenz f = ΔE/h berechnet sich nach der Formel:

f = (gμ/h)H

(g ist der spektroskopische Aufspaltungsfaktor, μ das Bohrsche Magnetron)

Für die in Frage kommenden paramagnetischen Spinsysteme beträgt der spektroskopische Aufspaltungsfaktor g = 2. Daraus lässt sich die vom Magnetfeld abhängige Frequenz f = 2.8H (in MHz) berechnen.

Damit wie beim Molekularstrahlmaser eine Energieabgabe an das induzierende Feld zustande kommt, muss zunächst das thermische Gleichgewicht des Systems gestört werden, derart, dass eine Besetzungsinversion stattfindet. Für die Anreicherung des oberen Energieniveaus sind mehrere Methoden gebräuchlich. Hingegen ist eine Aussortierung, wie sie bei Gasen mittels des Stark- oder Zeeman-Effektes erfolgte, nicht länger möglich, weil die Atome in einem Kristallgitter fixiert sind.

4.2 Eines der angewandten Verfahren ist das des schnellen adiabatischen Durchlaufs. Dabei wird das Spinsystem der Einwirkung eines Mikrowellenfeldes mit sich ändernder Frequenz unterworfen, wobei die Frequenz kurzzeitig über die Resonanzfrequenz von 2.8H hinweg läuft. Dieser Durchlauf muss einerseits so schnell erfolgen, dass die Periodendauer gegenüber der Relaxationszeit (die durch Wechselwirkung zwischen den Spins und dem Kristallgitter der paramagnetischen Substanz bedingt ist) klein ist. Andererseits muss der Durchlauf so langsam vor sich gehen, dass die Magnetisierung der Frequenzänderung folgen kann. Durch dieses Verfahren stellt sich eine Periodizität ein, bestehend aus adiabatischem Durchgang, oberem Energieniveau, Emission und thermischem Grundzustand. Durch Einstrahlung von Licht lässt sich die Relaxationszeit sogar verkürzen. Die bei der Rückkehr der Teilchen in das thermische Gleichgewicht frei werdende Hochfrequenzleistung ist proportional der Anzahl der zurückkehrenden Spins und dem Quadrat des Dipolmoments und umgekehrt proportional der absoluten Temperatur des Systems. Um das Hintergrundrauschen niedrig zu halten, ist eine möglichst tiefe Temperatur erforderlich; deshalb befindet sich die paramagnetische Masersubstanz in einem Behälter mit flüssigem Helium. Zum maseraktiven Material führt ein Hohlleiter, über welchen die modulierte Signalfrequenz und die variable Hilfsfrequenz zugeführt werden. Über denselben Hohlleiter erhält man die Spin-Eigenfrequenz verstärkt zurück.

4.3 Das zweite Verfahren einer Besetzungsinversion in einem solchen 2-Niveau-Festkörper-Maser erhält man, indem man auf das Spinsystem ein magnetisches Hochfrequenzfeld einwirken lässt, das mit der Resonanzfrequenz übereinstimmt. Die zugeführte Frequenz wird als Pumpfrequenz bezeichnet. Die Teilchen präzedieren dabei um den magnetischen Feldstärkevektor. Befinden sich bspw. die Spins beim Einschalten des Hochfrequenzfeldes in paraller Orientierung zum äusseren magnetischen Gleichfeld, so klappen sie nach Anregung durch die Pumpfrequenz in die antiparalle Position um. Dadurch erfolgt nach Ausschalten der Pumpfrequenz eine Inversion der Energiezustände gegenüber dem thermischen Gleichgewicht. Die Teilchen geben somit unter Einwirkung eines induzierenden Strahlungsfeldes Energie an das Feld ab und verstärken dieses.

4.4 Die Beherrschung dieser Verfahren erfordert gute Kenntnisse sowohl in Atom- und Festkörperphysik als auch in Mikrowellentechnik. Die behandelten 2-Niveau-Festkörper-Maser haben den Vorteil, abstimmbar zu sein; als gewisser Nachteil erweist sich aber, dass die Anregungsfrequenz mit der Emissionsfrequenz zusammen fällt. Werden maseraktive Substanzen mit höheren Quantenzahlen verwendet, sind auch mehrere diskrete Einstellungen möglich. Insbesondere 3 resp. 4-Banden-Niveau-Maser sind von Interesse. Durch Verwendung von Energieniveaus n > 2 lässt sich nämlich die Anregungs- oder Pumpfrequenz auf elegante Weise von der zu verstärkenden Signalfrequenz trennen.

Termschema des 3-Niveau-Festkörper-Masers:



Im thermischen Gleichgewicht entspricht die Einstellung der Teilchen dem Boltzmannschen Verteilungsgesetz (N1 > N2 > N3). Je höher die Energie des fraglichen Zustandes ist, desto kleiner ist die Besetzungszahl. Das Niveau E1 beinhaltet somit die grösste Teilchenzahl. Durch gezielte Anregung wird eine Inversion des unteren und oberen Energiebandes erreicht (das mittlere Niveau bleibt dabei unverändert). Einem äusseren Strahlungsfeld, welches die Pumparbeit erbringt, wird damit Energie entzogen. Das Zurückkippen der Spins erfolgt nun nicht in einem, sondern zwei Schritten. Die Relaxationszeit für den Übergang E3 nach E2 (0,8e-5 s) ist dabei zehnmal kleiner als für den Übergang E2 nach E1 (8e-5 s). Die Teilchen des oberen Niveaus fallen deshalb schnell in den mittleren Zustand, um dort länger zu verweilen, bis sie wieder den Grundzustand erreichen. Beim Einfall einer Signalwelle mit einer Frequenz von 9 GHz werden die im Niveau E2 vorhandenen Teilchen durch induzierte Emission zur Energieabgabe an das Strahlungsfeld veranlasst.

Als Festkörper-Masermaterial mit 3 diskreten Energieniveaus wurde im Jahre 1956 der Rubin vorgeschlagen. Solche Rubine bestehen aus durchsichtigem Aluminiumoxid (weisser Saphir) mit Chrombeimischung für den roten Farbanteil. Interessant ist historisch gesehen, dass bereits Tesla mit Rubinen experimentierte (er nannte sie Knöpfe), die manchmal mit einem lauten Knall unter Lichtemission zersprangen. Chrom wird auch anderen Masertypen beigemischt, z.B. zu 0,5 % in einem Kaliumzynaid-Einkristall. Festkörper-Maser sind über eine grössere Bandbreite abstimmbar und besitzen eine grosse Leistungsfähigkeit. Der Rauschanteil ist deutlich geringer als beim Gas-Maser. Je nach Lage der Energieniveaus ist es möglich, Frequenzen bis in den GHz-Bereich zu erzeugen.

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BeitragVerfasst am: 05.07.2009, 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

5. Wanderfeld-Maser

5.1 Eine Weiterentwicklung des Maser-Verstärkungsprinzips führt uns zum Travelling wave maser, der an den gleichnamigen Röhrentyp (TWT) und an das Karzinotron (Backward wave tube) erinnert. Anstelle von Hohlraumresonatorern wird hierbei der Maserkristall in eine Verzögerungsleitung eingebaut.

Wanderfeld-Maser (Prinzip):



Die aktive Masersubstanz besteht aus einem hochdotierten Rubinkristall mit einer typischen Beimischung von Cr+++ Ionen. In der kammförmigen Verzögerungsleitung - in die der Rubin eingebettet ist - erfährt eine in den Eingang eingekoppelte elektromagnetische Welle durch Interaktion zwischen Welle und Elektronenspin eine ansteigende Verstärkung. Rücklaufende Wellen werden dabei gedämpft. Man erreicht auf diesem Wege eine stabile Verstärkung ohne Selbsterregung. Im Frequenzband zwischen 1 bis 20 GHz lassen sich Verstärkungen bis 40 db erzielen, bei einer Bandbreite von mehreren MHz und Eigenrauschtemperaturen von nur wenigen Kelvin. Der Kristall muss aber auf sehr tiefe Temperaturen abgekühlt werden.

5.2 Es sind unterschiedliche Wanderfeld-Maser-Typen erhältlich, darunter solche mit Kamm- als auch mit Wendelverzögerungsleitungen.

Schnittzeichnung eines TWM:



Die Technik zur Herstellung quantenmechanischer Verstärker und Oszillatoren wird seit 1955 beherrscht. Das Einsatzgebiet dieser äusserst rauscharmen Verstärker schwacher Signale liegt in der Satellitenkommunikation. Auch die Radioastronomie profitiert davon. Damit lässt sich bspw. die Wasserstoff-Emission weit entfernter Galaxien nachweisen. Die Ausdehnung des Maser-Prinzips auf das optische Spektrum führte 1958 zum LASER. Darüber kann bei latentem Bedürfnis in einem weiteren Techno-Thread referiert werden.

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