Risks with Low Probabilities and High Stakes
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Erik



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BeitragVerfasst am: 28.06.2009, 11:11    Titel: Antworten mit Zitat

ralfkannenberg hat Folgendes geschrieben:
ralfkannenberg hat Folgendes geschrieben:
3. Unzutreffende Abhängigkeit von A1, A2 und A3
Im letzten Abschnitt von Kapitel 4.2 wird eine Abhängigkeit dreier Sicherheitsargumente aus der Arbeit von Giddings/Mangano genannt, die meiner Einschätzung nach nicht gegeben ist:
Zitat:
If the theories surrounding black hole decay fail, the argument about discharge comes into play, and if against all expectation black holes are stable and neutral the third argument shows that astrophysics constrains them to a low accretion rate.

Hallo zusammen,

hierzu eine Ergänzung: Die Formel (1) ist in dieser einfachen Form nur anwendbar, wenn die Ereignisse A und B stochastisch unabhängig sind.


Stimmt nicht. Wenn A und B unabhängig sind, gilt P(A|B) = P(A). Dann würden viele der Formeln trivial. Gl. (1) ist doch einfach der Satz von Bayes. Der ist allgemeingültig.
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 28.06.2009, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

Erik hat Folgendes geschrieben:
Stimmt nicht. Wenn A und B unabhängig sind, gilt P(A|B) = P(A). Dann würden viele der Formeln trivial. Gl. (1) ist doch einfach der Satz von Bayes. Der ist allgemeingültig.


Hallo Erik,

ja natürlich, danke schön - das steht ja auch im rechten Teil der 3.Formel im Wikipedia-Artikel so drin.

Ich war offen gestanden auch etwas überrascht, als ich das aufgeschrieben habe, wollte aber auf der sicheren Seite verbleiben und zur Vorsicht bei der Anwendung dieser Gleichung mahnen. Und wie schon gesagt - nach dem Vordiplom, in dem ich die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik-Prüfung dank hohem Lernaufwand wenigstens mit Ach und Krach bestanden habe, habe ich mich mit solchen Fragestellungen nicht mehr beschäftigt.

Mir ist bewusst, dass das für Leute, die sich damit etwas eingehender beschäftigt haben, natürlich völlig elementar ist und ich bitte hier um Nachsicht und insbesondere um ein offenes Auge, ich bin für solche Korrekturen sehr dankbar. Wobei ich diese hätte selber sehen müssen !!


Freundliche Grüsse, Ralf
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ralfkannenberg



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BeitragVerfasst am: 29.06.2009, 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich habe meine Analyse nun abgeschlossen; ehe ich sie öffentlich stelle, habe ich sie an 7 ausgewählte Personen, die sich mit dieser Thematik bislang ebenfalls beschäftigt haben, versandt; vielleicht wird noch der eine oder andere Kommentar als Feedback dazukommen; zudem werde ich heute Mittag ebenfalls meine Analyse nochmals kritisch überprüfen.

Ich hoffe, dass ich meinen Abschlussbericht bis heute abend öffentlich stellen kann.


Freundliche Grüsse, Ralf
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ralfkannenberg



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Beiträge: 4788

BeitragVerfasst am: 29.07.2009, 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

nach meiner Untersuchung bis und mit Kapitel 3 sowie des Kapitel 4 bis und mit Abschnitt 4.2 komme ich nun zum abschliessenden Teil meiner Untersuchung, d.h. ab Kapitel 4.3 "Implications for the safety of the LHC".

Dieser wurde vorgängig einem ausführlichen Review unterzogen.


Vorabbemerkung: Aus Gründen der Darstellbarkeit habe ich einige mathematische Ausdrücke geringfügig anders formattiert als im Original und Multiplikationszeichen "*", Exponenten "^", negative Exponenten in runde Klammern "()" sowie "not" anstelle "¬" eingefügt.

Zitat:
Thus, a risk with probability p of causing a loss at least as bad as 6.5 billion deaths is at least as bad as a certain 6.5*10^9*p deaths.

Mir ist unklar, was genau die Autoren hier aussagen möchten, aber wie es sich herausstellt ist das genaue Verständnis dieser Aussage für die weitere Analyse unerheblich.

Zitat:
Recall equation (1):

(1) P(X) = P(X|A)*P(A) + P(X|notA)*P(notA)

P(X) is formed from two terms. The second of these represents the additional probability of disaster due to the argument being unsound. It is the product of the probability of argument failure and the probability of disaster given such a failure. Both terms are very difficult to estimate, but we can gain insight by showing the ranges they would have to lie within, for the risk presented by the LHC to be acceptable.

From (1), we obtain that:

(4) P(X) >= P(X|notA)*P(notA) .


Tatsächlich folgt (4) trivialerweise aus (1), da alle Wahrscheinlichkeiten grösser oder gleich Null sind und das Produkt von Zahlen grösser oder gleich Null ebenfalls grösser oder gleich Null ist, somit also ersterer Summand grösser oder gleich Null ist, woraus (4) unmittelbar folgt.

An dieser Stelle muss man kurz innehalten und sich vergegenwärtigen, was diese Gleichung konkret bedeutet:

Die Gleichung (4) ist unabhängig von jeder Sicherheitsanalyse und auch unabhängig von jeder Problemstellung !

Insbesondere wird die im Abschnitt 3 eingeführte Überlegung und Erweiterung, die mir eigentlich ein durchaus hoffnungsvoller Ansatz erschien,

Zitat:
With the following notation:

T = the involved theories are adequate

M = the derived model is adequate

C = the calculations are correct

we break down A in the way indicated above and replace P(X|A) in equation (1) by P(X|T,M,C) and P(A) by P(T,M,C ). From the laws of conditional probability it follows that:

(2) P(T,M,C) = P(T)*P(M|T)*P(C|M,T)

We may assume C to be independent of M and T, as the correctness of a calculation is independent of whether the theoretical and model assumptions underpinning it were adequate. Given this independence, P(C|M,T) = P(C), so the above equation can be simplified:

(3) P(T,M,C) = P(T)*P(M|T)*P(C).


gar nicht weiter verwendet !

Zitat:
Suppose, for example, that the limit were set at 1000 expected deaths,

Bei dieser Risikoabschätzung wird eine "obere Grenze" noch akzeptabler Todesopfer genannt. Diese Zahl hat Beispielcharakter und dient der Illustration einer konkreten Rechnung. Es sei darauf verwiesen, dass die durchgeführten Sicherheitsanalysen zum Ergebnis haben, dass die Zahl der von LHC-artigen Schwarzen Löchern verursachten Todesopfer gleich Null ist.

Zitat:
We have seen that for many arguments, P(notA) is above 10^(-3). We have also seen that the argument for the safety of the RHIC turned out to have a significant flaw, which was unnoticed by the experts at the time.

Einmal mehr erfolgt keine bessere Abschätzung von P(notA) und wie bereits weiter oben gesehen haben die Autoren die Arbeit von Tegmark und Bostrom unzutreffend angewendet.

Zitat:
It would thus be very bold to suppose that the argument for the safety of the LHC was much lower than 10^(-3), but for the sake of argument, let us grant that it is as low as 10^(-4)

Ich persönlich würde statt der Formulierung "for the sake of the argument" eine Formulierung "wurde aus diesem Grunde nach unten zur sicheren Seite hin abgeschätzt" bevorzugen.

Sei überdies erwähnt, dass diese Abschätzungen wie vorher gesehen unabhängig von der Sicherheitsanalyse und unabhängig vom Experiment, d.h. sie sind in dieser Form gültig für jedes Szenario, wohlbemerkt auch für die Frontalkollision von Hochgeschwindigkeitszügen der neuesten Generation wenige Zentimeter oberhalb des Erdboden, für das spontane Sonnenerlöschen und für die spontane Umwandlung von Wasser in eine giftige Form !

Zitat:
The need for this becomes considerably more pronounced for low-probability high-stake events, though we do not say that low probabilities cannot be treated systematically. Indeed, as pointed out by (Yudkowsky 2008), if we could not correctly predict probabilities lower than 10^(-6), we could not run lotteries.

Man beachte, dass hier verschiedene Sachverhalte vermischt werden; das ist zwar alles richtig, was in diesem von mir zitierten Text geschrieben wird, hat aber nichts mit der LHC-Problematik zu tun. Und zwar deswegen, weil sich der hier genannte Aspekt auf den ersten Summanden der Gleichung (1) bezieht und nicht, wie im Falle der angeblichen Risikoabschätzung für den LHC, auf den zweiten !

Zitat:
Some people have raised the concern that our argument might be too powerful: for it is impossible to disprove the risk of even something as trivial as dropping a pencil, then our argument might amount to prohibiting everything.

Sehr gute Erkenntnis, der ich mich anschliesse.

Zitat:
It is true that we cannot completely rule out any probability that apparently inconsequential actions might have disastrous effects, but there are a number of reasons why we do not need to worry about universal prohibition. A major reason is that for events like the dropping of a pencil which have no plausible mechanism for destroying the world, it seems just as likely that the world would be destroyed by not dropping the pencil. The expected losses would thus balance out.

Ich sehe nicht, wieso diese Symmetrie zwischen Bleistift-Fallenlassen und Bleistift-Nichtfallenlassen als "gleich" postuliert wird.

Warum wird das im Falle des Teilchenbeschleunigers nicht auch getan ? Zumal man im Falle des Teilchenbeschleunigers überdies argumentieren könnte (und ganz konkret auch kann !), dass der Erkenntnisgewinn, aufgrund dessen wir auf zukünftige Gefahren angemessen reagieren können, das Restrisiko bei weitem aufwiegt !

Zitat:
The need to evaluate the reliability of the given argument in order to adequately address the risk was shown to be of particular relevance in low-probability high-stake events. We drew a three-fold distinction between theory, model and calculation, and showed how this can be more useful than the common dichotomy in risk assessment between model and parameter uncertainties.

Leider wird diese "Dreifach-Unterscheidung" zwischen Theorie, Modell und Berechnung zwar angesprochen und auch trivial in die Formel der bedingten Wahrscheinlichkeiten eingesetzt, dann aber nicht weiter ausgeführt. Insbesondere wartet man bei der Risikobeurteilung des Teilchenbeschleunigers vergeblich auf diese "Dreifach-Unterscheidung"; hier wird lediglich auf den zweiten Summanden der Gleichung (1) beliebiger bedingter Wahrscheinlichkeiten referenziert.


Zitat:
Secondly, reproducibility appears to be the most effective way of removing many of these errors. By having other people replicate the results of calculations independently our confidence in them can be dramatically increased. By having other theories and models independently predict the same risk probability our confidence in them can again be increased, as even if one of the arguments is wrong the others will remain.

Diese Forderungen sind erfüllt: Ersteres wurde durch das Peer-Review geleistet und zweiteres durch die zusätzliche, auf unabhängigen Überlegungen beruhende Sicherheitsanalyse von Koch, Bleicher und Stöcker. Leider haben die Autoren dies aber nicht erwähnt, so dass ich mir erlaube, das hier zu ergänzen und anzumerken, dass beide Massnahmen, d.h. sowohl das Peer-Review als auch die zweite unabhängig erstellte Sicherheitsanalyse, das Restrisiko wesentlich verringern.

Zitat:
Finally, we can reduce the possibility of unconscious bias in risk assessment through the simple expedient of splitting the assessment into a ‘blue’ team of experts attempting to make an objective risk assessment and a ‘red’ team of devil’s advocates attempting to demonstrate a risk, followed by repeated turns of mutual criticism and updates of the models and estimates (Calogero 2000). Application of such methods could in many cases reduce the probability of error by several orders of magnitude.

Dieser Methode wird aber nur dann Erfolg beschieden sein, wenn sich auch das "rote Team" an ein noch genauer zu definierendes "objective risk assessment" hält, denn andernfalls artet die Arbeit des "roten Teams" in pure Willkür aus. Wie man solche objektiven Kriterien erhält wird leider nicht genannt.


Ich fasse zusammen:
Die Arbeit von Ord, Hillerbrand und Sandberg liesse sich auf wenige Zeilen zusammenfassen: Ausgehend von der Definition der bedingten Wahrscheinlichkeiten lässt sich Formel (1) herleiten. Da alle involvierten Wahrscheinlichkeiten grösser oder gleich 0 sind, ergibt sich automatisch Gleichung (4). Bei Risikoabschätzungen, bei denen der erste Summand von (1) sehr klein wird, verbleibt der zweite Summand. Dieser lässt sich sehr schwer abschätzen und die Autoren haben mit der Aufteilung in "involved theories are adequate", "derived model is adequate" und "calculations are correct" mit der Zusatzbedingung, dass letzteres von den beiden ersteren unabhängig ist, einen interessanten Ansatz beigetragen, der aber bei der Risikoabschätzung des LHC nicht zur Anwendung kommt. Statt dessen werden ad hoc-Abschätzungen im Bereich 10^(-3) bis 10^(-4) geleistet, welche zwar als angeblich "sehr vertrauenswürdig" dargestellt werden, es aber de facto nicht sind, weil rein mathematisch bedingt pauschale, d.h. von der Aufgabenstellung völlig unabhängige Restrisiken im Bereich 10^(-6) verbleiben.

Der Rest der Arbeit besteht aus einer Auflistung von Beispielen sowie einer fehlerhaften Anwendung einer Arbeit von Tegmark und Bostrom, welche unzutreffenderweise suggeriert, dass bei einem vorherigen Teilchenbeschleuniger ein Risiko falsch berechnet worden sei.

Fazit:
Es würde mich sehr interessieren, welches Peer Review-Gremium diese naturwissenschaftlich nichts neues aussagende Arbeit, die überdies mehrere Fehler enthält, begutachtet hat.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Kondensat



Anmeldedatum: 23.10.2008
Beiträge: 874

BeitragVerfasst am: 29.07.2009, 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

hallo ralf,

danke für die korrigierte fassung deines reviews...

allerdings frage ich mich, ob dieses machwerk ÜBERHAUPT jemals reviewed wurde?! schliesslich liegt es "nur" auf arxiv. dort kann JEDER ein PRE-print hochladen. ob diese arbeit überhaupt relevant ist, einen peer-review überstehen könnte oder nicht, ist doch völlig offen....

arxiv wird von uns und den kritikern doch nur gerne genutzt, da es kostenlos ist! gepeer-reviewte artikel sind ja meist kostenpflichtig und ich glaube nicht, dass die maschinenstürmer zur rettung der welt auch noch geld ausgeben würden....
_________________
resistance is futile....
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