Unipolare Induktion und deren Anwendungen
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El Cattivo



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Beispiel: Ein Stab sei 10 cm lang. Es liegt ein homogenes magnetisches Feld vor $ \vec{B}= 1 \, T \, \vec{e}_z $. Der Stab liegt y-gerichtet im Feld. Nun beschreiben wir diesen Sachverhalt aus drei Bezugssystemen. Im ersten ist die Geschwindigkeit 0, im zweiten 10 m/s in x-Richtung und im dritten 10.000 m/s in x-Richtung. Drei mal, ein und der selbe Stab. Wie groß ist nun die induzierte Spannung?
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 20:32    Titel: Antworten mit Zitat

El Cattivo hat Folgendes geschrieben:
Soweit, so richtig. Nur ist die Gleichung damit nicht determiniert, denn v ist abhängig von der Wahl des Koordinatensystems.


Machen wir es doch nicht komplizierter als nötig. Im Beispiel hilft wieder einmal mein altbewährtes Schema:

Magnetfeld und Umgebung bilden das ruhende Laborsystem. Der Leiterstab ist demgegenüber mit v = const. bewegt. Das ist bereits alles, was man dazu wissen muss. Das relativistische Prozedere ist an dieser Stelle völlig unnötig.

Die Leiterspannung ist maximal, wenn B, v und l zueinander rechte Winkel aufweisen.

Das sich bei der Leiterbewegung ausbildende elektrische Feld E = v x B hat eine Spannung zur Folge, die an den Leiterenden abgegriffen werden kann:

u = Int E*ds = E*l

Gr. zg
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El Cattivo



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Machen wir es doch nicht komplizierter als nötig.

Es ist nötig - hier liegt ein alles entscheidenter Knackpunkt. Darauf wollte ich schon von Anfang an hinaus.
zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Das relativistische Prozedere ist an dieser Stelle völlig unnötig.

Das hat nichts mit relativistische Prozedere zu tun, das ist die schlichte Gleichung der Lorentzkraft und die Frage, wie man sie anwendet. Die Relativitätstheorie folgt daraus - aber die Lorentztrafo wird hier nicht benötigt und wie man sie daraus ableiten kann will ich auch nicht thematisieren. Erst mal nur Maxwell/Lorentz. Noch vor kurzen fandest du meine Philosophie Paradox:
zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Es sei ein Voltmeter auf dem beweglich Stab und ein zweites auf einem unbeweglichen Messtisch montiert. Die Voltmeter sind parallel geschalten und mit den Stabenden verbunden. Nun bewegst du den Stab durch ein Magnetfeld.

Gemäss deiner Philosophie müsste nun das mitbewegte Voltmeter die Spannung Null und das auf dem Tisch ruhende einen endlichen Wert anzeigen.


Deine Philosophie mag zwar in der Praxis in 90% gut anwendbar sein - entspricht jedoch nicht den Maxwellschen Gleichung, sondern ist bereits die Einführung eines Äthers. Eine Geschwindigkeit relativ zu einem näherungsweise homogenen B-Feld ist nicht definierbar, wie es erzeugt wird ist irrelevant für die maxwellsche Elektrodynamik und ein Tisch oder sonstige Umgebungsgegenstände haben auch keinen Einfluss auf die Induktion. Analog erzeugst du ein Problem beim Faradeyparadox mit der synchron zum Magneten rotierenden Scheibe. Du misst der Drehung des Magneten eine Bedeutung bei, die es nicht gibt. Relevant ist nur das B-Feld und das ist unabhängig von der Rotation konstant, wenn es in guter Näherung rotationssysmtrisch ist. Hier sind wir bei den 10% der Fälle - bei dem dein versteckt eingeführter Äther falsche Ergebnisse produziert.

Bei der Induktionsspannung (ob bei der Lenzschen Regel oder die Lorentzkraft) ist die Geschwindigkeit v nicht gegen einen Äther (Umgebung), nicht gegen einen Magneten, sondern gegen den messenden Beobachter anzuwenden. Eben so, wie ich es beschrieben habe, was dir paradox vorkommt. Soweit ist der gute Maxwell schon lange gegangen. Wink

mfg
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

El Cattivo hat Folgendes geschrieben:
Deine Philosophie mag zwar in der Praxis in 90% gut anwendbar sein - entspricht jedoch nicht den Maxwellschen Gleichung, sondern ist bereits die Einführung eines Äthers. Eine Geschwindigkeit relativ zu einem näherungsweise homogenen B-Feld ist nicht definierbar...


Ich seh' das anders. Das mag vielleicht deswegen kommen, dass ich sozusagen mit dem "Gerthsen" gross geworden bin (an der ETH Lausanne mein bevorzugtes Standardwerk in Sachen Experimentalphysik). Im Unterschied zu dir ist das Feld für mich eben eine physikalische Realität. Magnetische Feldlinien lassen sich mit Eisenfeilspänen sichtbar machen, elektrische Feldlinien mit Grießkörnern in Rizinusöl.

Mir ist leidlich gut bekannt, dass theoretische Physiker im Faradayschen Kraftlinienbild lediglich eine mathematische Entsprechung erblicken. Für diese Sorte Naturwissenschaftler sind Feldlinien nichts Reales. Für mich hingegen schon. Die Felder selbst besitzen eine wesenhafte physikalische Realität. Wer schon wie ich Hochspannungsexperimente durchgeführt hat, bei welchen einem die Haare wortwörtlich zu Berge stehen, wird das nicht in Abrede stellen.

Aus diesem Grund kann ich auch problemlos die Relativbewegung eines Leiters zu den Feldlinien konstatieren (einen Beobachter benötige ich dazu nicht - wozu auch?). Was den Aether anbelangt: Nun ja, ich betrachte magnetische Wirbel als so etwas wie Aetherströmungen. Faraday selbst hat das auch so gesehen. Die mathematische Nähe der Fluiddynamik zur Elektrodynamik bestärkt mich darin nur um so mehr. Zur Erklärung der Bewegungsinduktion muss ich auf diesen Naturhintergrund jedoch nicht explizit zurückgreifen. Die Lorentzkraft auf eine bewegte elektrische Ladung ist dazu bereits völlig ausreichend.

Maxwell übrigens war ein vehementer Verfechter des Aetherkonzeptes. Bei Gelegenheit täte deshalb die Lektüre "On Faraday's Lines of Force" bestimmt nicht schaden. Erst die mathematische Physik hat mit der Realphysik der Alten radikal gebrochen. Deren Vertreter sind alles Leute, die selbst nicht in der Lage wären, einen funktionsfähigen Elektromotor zu konstruieren. Ich habe mir kürzlich ein Buch von Weinberg über Kosmologie angeschaut. Auf beinahe jeder Seite unzählige fremdartige Formeln, deren Verständnis beim Leser sozusagen vorausgesetzt wird. Das versteht dieser gelehrte Mann also unter Physik. Damit kann ich aber am realen Objekt nichts anfangen.

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El Cattivo



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Im Unterschied zu dir ist das Feld für mich eben eine physikalische Realität. Magnetische Feldlinien lassen sich mit Eisenfeilspänen sichtbar machen, elektrische Feldlinien mit Grießkörnern in Rizinusöl.

Das Feld selbst hat für mich physikalische Realität - nur die Feldlinien für mich eine vereinfachte Veranschaulichung die so nicht der Realität entsprechen. Anstelle der Eisenspäne habe ich einen Kompass der sich ausrichtet. Das tut er aber in jedem Raumpunkt und nicht nur entlang der Linien.
Zitat:
Aus diesem Grund kann ich auch problemlos die Relativbewegung eines Leiters zu den Feldlinien konstatieren

Du siehst die Feldlinien an einem Gegenstand vorbei ziehen- vermute ich. Ich habe den Kompass im Hinterkopf - der sich nicht nur an ausgezeichneten Linien ausrichtet, sondern überall. Eine Geschwindigkeit gegen ein homogenes Feld zu definieren wird damit unmöglich, da es keine ausgezeichneten Linien mehr gibt.

Für mich verhält es genau invers. Die Feldlinien sind ein mathematisches Konstrukt um etwas zu vereinfachen, zu veranschaulichen. Der Kompass kennt sie nicht. Er kennt nur das Feld, das kontinuierlich im Raum ausgebreitet ist. Würde man es so zeichnen, dann würden die Linien so dicht beieinander stehen, so das sie ineinander 'verschmelzen'. Die Information der Richtung würde in der Darstellung verloren gehen. Also behilft man sich mit Mathematik - definiert Linien, macht deren Abstand zueinander zum Betrag und zeichnet Pfeile dran.

mfg
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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

Moin, El Cattivo,
El Cattivo hat Folgendes geschrieben:
Eine Geschwindigkeit gegen ein homogenes Feld zu definieren wird damit unmöglich, da es keine ausgezeichneten Linien mehr gibt.

Blöde Zwischenfrage, aber: Sind magnetische Feldlinien nicht das, was in der Meteorologie die Isobaren sind?

Ich habe ein bisschen Probleme mit den Begriffen "homogen" und "kontinuierlich".
Ein kontinuierliches Feld hat doch eine Richtung zu einem Maximalwert, oder?
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 05.06.2009, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

El Cattivo hat Folgendes geschrieben:
Die Feldlinien sind ein mathematisches Konstrukt um etwas zu vereinfachen, zu veranschaulichen. [...] Also behilft man sich mit Mathematik - definiert Linien, macht deren Abstand zueinander zum Betrag und zeichnet Pfeile dran.


Auch das ist mir nicht unbekannt. Selbst diese "Pfeile" sind für den astreinen Mathematiker noch nicht abstarkt genug. Er schreibt seine Vektoren rein algebraisch in Matrizenform ohne auf die geometrische Anschaulichkeit zurückzugreifen. Wenn du bspw. Grassmann's "lineale Ausdehnungslehre" in etwa kennst, weisst du unweigerlich, was ich damit meine. Ungeachtet dessen ist das Feld für mich eine physische Realität. Die Feldlinien sind vergleichbar mit Strömungsfäden. Hast du auch schon strömenden Flüssigkeiten etwas Tinte beigemischt? Man sieht dann sehr schön den eigentlichen Verlauf der Strömung und ob sie laminar oder turbulent ist. Dasselbe mache ich mit Eisenfeilspänen, um das magnetische Feld zu "sehen".

Was den in den Vorbeiträgen in aller Kürze abgehandelten Elektromagnetismus der Unipolarmaschine anbelangt komme ich mit meiner Sichtweise - die stets auch Maxwell-konform ist - immer zum Ziel. Ich habe auch keinerlei Probleme damit, zwischen Faraday-Induktion und Lorentz-Induktion zu unterscheiden. Situationsbedingt kommt das eine oder das andere zum Zuge. Die feldtheoretische Union interessiert dabei erst an zweiter Stelle. Und wenn man mich fragt, schiesst man ohne Aethersystem sowieso am Kern der Sache vorbei; doch das ist meine persönliche Meinung, die andere nicht zu teilen brauchen.

Bewährt hat sich in praxi beim Aufkommen von Streitfragen zudem die Etablierung eines Fundamentalsystems (z.B. ein mit der Erde fest verbundenes Motorengestell oder einfach das sog. Laborsystem), auf welches sich physikalische Vorgänge im Kontext unmissverständlich beziehen lassen. Dieses übernimmt gewissermassen die Funktion eines Schiedsrichters.

Etwas eleganter ausgedrückt:

Zwei Lösungen y1, y2 von (*) bilden ein Fundamentalsystem, wenn ihre Wronski-Determinante W(t) von Null verschieden ist.

Geeignete Koordinatensysteme werden erst danach festgelegt. Das habe ich von den Kollegen aus der Geodäsie gelernt: Zuerst das Bezugssystem (Reference system), dann erst das Koordinatensystem. Beides ist nicht dasselbe. Es besteht eine hierarchische Abhängigkeit. Leider gehen die meisten (theoretischen) Physiker den umgekehrten Weg. Zunächst rufen sie Koordinatensysteme an wie Schutzheilige, die dann letztlich irgendwo in der Luft hängen. Dagegen haltend ist mir der "geerdete Standpunkt" doch symphatischer. Doch ich lasse den anderen ihre Meinung, solange sie mich auch in Ruhe lassen.

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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 00:26    Titel: Antworten mit Zitat

FrankSpecht hat Folgendes geschrieben:
Sind magnetische Feldlinien nicht das, was in der Meteorologie die Isobaren sind?


Na ja, Isobaren sind in der Meteorologie die Linien gleichen Luftdruckes. Je enger und dichter, um so grösser ist das Druckgefälle.

Zitat:
Ich habe ein bisschen Probleme mit den Begriffen "homogen" und "kontinuierlich".


1) Kontinuierlich sind Ladungsverteilungen - z.B. auf der Oberfläche einer Metalllkugel. In diesem Fall integriert man über sämtliche Beiträge.

2a) Homogen ist hingegen ein Feld, dessen Feldstärke nicht vom Ort abhängt. Bringt man eine Probeladung in ein solches Feld ein, erfährt sie überall dieselbe Kraft (gleich groß und gleich gerichtet). So ist das Feld im Innern eines Plattenkondensators annähernd homogen. Ein Antennendipol hingegen erzeugt ein rotationssysmmetrisches Feld.

2b) Auch das Feld eines Helmholtz-Spulenpaars kann als homogen betrachtet werden. Dagegen wurde im Stern-Gerlach-Versuch bewusst ein inhomogenes Magnetfeld (einer der Magnetpole ist spitzwinklig zugeschnitten) benutzt.

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FrankSpecht



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 01:04    Titel: Antworten mit Zitat

Moin, zeitgenosse,
zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Na ja, Isobaren sind in der Meteorologie die Linien gleichen Luftdruckes. Je enger und dichter, um so grösser ist das Druckgefälle.

Ja ja, das weiß ich schon. Aber was sind dann die in diesem Thread erwähnten "magnetischen Feldlinien"? Etwa nicht die Linien gleicher Magnetfeldstärke?
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El Cattivo



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 01:14    Titel: Antworten mit Zitat

FrankSpecht hat Folgendes geschrieben:

Blöde Zwischenfrage, aber: Sind magnetische Feldlinien nicht das, was in der Meteorologie die Isobaren sind?

Hm, nicht wirklich gut. Eine bessere Analogie aus der Meterologie ist eine solche Windkarte. Wobei man in der Elektrotechnik sauberer arbeitet. Man verbindet die Pfeile zu schönen durchgezogenen Linien. Hier schön zu sehen. Der Unterschied zu den Isobaren ist, das an jeder Koordinate nicht nur eine Windstärke vorliegt, sondern auch eine Windrichtung. Ein Magnetfeld hat auch eine Richtung (in die der Kompass in einem bestimmten Punkt zeigt) und eine Stärke (Welches Moment beim ausrichten des Kompasses wirkt). Ein Vektorfeld.

Die Isobaren beschreiben ein Skalarfeld. Jedem Punkt im Raum wird einfach ein Wert ohne Richtung zugeordnet. Analog zur Temperatur.
Zitat:
Ich habe ein bisschen Probleme mit den Begriffen "homogen" und "kontinuierlich".
Ein kontinuierliches Feld hat doch eine Richtung zu einem Maximalwert, oder?

Zeitgenosse sagte es schon, aber Wiki liefert ein schönes Bild - das gleich beide Fliegen erschlägt.
Homogen heißt, das es über all gleich ist. Man merkt mal wieder, wie abgehoben Fachbegriffe sein können. Kompliziert und toll klingend und doch ganz einfach. Achso, die zweite Fliege... Der Rechte Farbverlauf ist kontinuierlich - fließend in einander übergehend. Der mittlere ist diskontinuierlich.

mfg
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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 01:41    Titel: Antworten mit Zitat

FrankSpecht hat Folgendes geschrieben:
Ja ja, das weiß ich schon. Aber was sind dann die in diesem Thread erwähnten "magnetischen Feldlinien"? Etwa nicht die Linien gleicher Magnetfeldstärke?


1) Zum Vergleich Isobare und Feldlinie:

Magn. Feldlinien sind immer geschlossene Linien (Wirbel). Ist das Feld homogen, verlaufen die Feldlinien parallel und mit demselben Abstand zueinander (bildlich gesehen). Je grösser die Flussdichte ist, um so enger ist der Abstand der Feldlinien untereinander.

Der unmittelbare Vergleich mit Isobaren ist schon deshalb unglücklich gewählt, weil Druck physikalisch gesehen ein Skalar ist, somit keine bestimmte Richtung kennt. Feldlinien hingegen verlaufen stets von Pol zu Pol und sind somit richtungsorientiert. Entweder als in sich geschlossene Wirbelfäden oder im Beispiel des elektrischen Feldes als Quelle-Senke-Strömung. Es handelt sich in beiden Fällen um Vektorfelder.

Isobaren dagegen besitzen normal zu ihrer Ausdehnung einen Druckgradienten. Somit entsteht senkrecht zur Isobare ein Vektorfeld. Im Umkehrschluss kann die Eingangsfrage nun definitv beantwortet werden:

Den Isobaren entsprechen in der Elektrostatik die sog. Aequipotentiallinien, als Linien gleichen Potentials bzw. gleicher Feldstärke (ähnlich den Höhenlinien auf einer Wanderkarte). Diese verlaufen stets senkrecht zu den Feldlinien. Adaquates trifft für den Magnetismus und auch für das Gravitationspotential zu. Im Dreiraum spricht man dabei von Aequipotentialflächen.

2) Nachtrag zur Ladungskontinuität:

Kontinuierlich ist bspw. auch die Raumladung um eine beheizte Kathode.

Kontinuierlich bedeutet im Kontext nicht unbedingt gleichmässig (es sei denn, die Raumladungsdichte ist konstant), sondern vielmehr über ein bestimmtes Raumgebiet verteilt. Die Ladung wird in diesem Fall als Kontinuum betrachtet (im Gegensatz zur diskreten Punktladung).

Ist die Raumladungsdichte für ein Raumgebiet bekannt, lässt sich die in diesem Raumgebiet befindliche Ladung durch Integration berechnen:

Q = Integral rho*dV

Bei einer homogenen Kugelladung spricht man von einem kugelsymmetrischen Feld.

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El Cattivo



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 01:57    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Hast du auch schon strömenden Flüssigkeiten etwas Tinte beigemischt? Man sieht dann sehr schön den eigentlichen Verlauf der Strömung und ob sie laminar oder turbulent ist. Dasselbe mache ich mit Eisenfeilspänen, um das magnetische Feld zu "sehen".

Ja - bereits einen Früchtetee zu kochen macht sowas schön sichtbar. Nur ist die Strömung eben auch überall da, wo die Tinte nicht ist und hat sich die Tinte überall verteilt, sieht man nichts mehr. Ob Feldlinien oder rein algebraisch ist doch nur eine Frage, welche Krücke besser ist. Ich nutze beide, recht chaotisch. Am Anfang steht ein Problem, dann folgen wilde Skizzen - gemischt mit Skizzen am Ende eine Gleichung mit Lösung und einen verwirrten Dritten. Das führt dazu, das ich alles meist nochmal - nachvollziehbar mache.
Zitat:
Geeignete Koordinatensysteme werden erst danach festgelegt. Das habe ich von den Kollegen aus der Geodäsie gelernt: Zuerst das Bezugssystem (Reference system), dann erst das Koordinatensystem.

Hm - stimmt schon. Habe so noch nie drüber nachgedacht oder bewusst drauf geachtet. Da ich aber bis dahin schon ein halbes Blatt vollskizziert habe fügt sich beides meist ganz von allein.

mfg
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 09:18    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Geeignete Koordinatensysteme werden erst danach festgelegt. Das habe ich von den Kollegen aus der Geodäsie gelernt: Zuerst das Bezugssystem (Reference system), dann erst das Koordinatensystem.
Zitat:
Hm - stimmt schon. Habe so noch nie drüber nachgedacht oder bewusst drauf geachtet. Da ich aber bis dahin schon ein halbes Blatt vollskizziert habe fügt sich beides meist ganz von allein.


Erfreulich, dass du diese Sichtweise zumindest in Betracht ziehst.

Falls es dich interessiert, schau mal rein in (insbesondere ab Seite 13 ff.):

http://www.fs.wettzell.de/publ/publ/wtz149.pdf

Den meisten theoretischen Physikern ist diese System-Hierarchie nicht geläufig. Die im Rahmen von Gedankenexperimenten benutzten Koordinatensysteme sind - nomen est omen - gedankliche Konstrukte. Zwar - das soll mildernd eingeflochten werden - benötigt man zur mathematischen Beschreibungen eines Prozesses noch nicht unbedingt ein physisches Bezugssystem. Koordinaten reichen dazu völlig aus. In praxi ist das jedoch allermeist ungenügend.

In einem Bezugssystem kann es viele Koordinatensysteme geben. Es gibt auch Bezugssysteme mit besonderer Bedeutung, in denen ein kräftefreier Körper in Ruhe oder geradlinig-gleichförmiger Bewegung ist. Diese nennt man bekanntlich Inertialsysteme. In der Astronomie sind dies diejenigen raumfesten Bezugssysteme, die einen Inertialraum aufspannen. Als physische Marker dienen Radioquellen ferner Sterne. Ein Bezugssystem kann selbstverständlich auch einen semi-absoluten Charakter besitzen. Zu dieser Klasse von Bezugssystemen gehören z.B. rotierende Plattformen wie Karusselle, umlaufende Scheiben oder auch entsprechende Weltraumlabore. Mittels einfacher mechanischer oder optischer Experimente ist der primäre Bewegungszustand eines solchen Systems feststellbar (was von Inertialsystemen nicht behauptet werden kann). In diesen post-newtonschen Bezugssystemen sind immer Trägheitskräfte bzw. deren Auswirkungen zu beobachten. An Federn befestigte Massen werden radial nach aussen gezogen (Fliehkraftschalter) und gegen die Peripherie geworfene Bälle beschreiben infolge der Corioliskraft eine Parabelbahn. Faserkreisel (Sagnac-Effekt) messen die Rotation. Theoretische Physiker sprechen dabei gerne von Scheinkräften.

Am exemplarischen Beispiel eines Industrieroboters kann das Gesagte ebenfalls anschaulich verdeutlicht werden:

Als fundamentales Bezugssystem dient bspw. der Arbeitsraum (Kubus, Zylinder, Kugel oder Quader) oder das eigentliche Fundament der Anlage. Dazu wird nach willkürlichen Gesichtspunkten ein absoluter Nullpunkt (ein simples Körnermass genügt bereits) festgelegt, auf den sich sämtliche Massangaben beziehen lassen. Jeder Punkt P im Arbeitsraum kann dann mittels geeigneter Koordinaten eindeutig beschrieben werden. Der Maschinennullpunkt des Roboters ist zugleich Ursprung von kartesischen Weltkoordinaten. Der Ursprung des Weltkoordinatensystems liegt bei den Knickarmrobotern in der Regel in der ersten Achse und bei den Linearrobotern im Schnittpunkt der drei Haupt-Linearachsen. Somit besteht bereits ein verbindlicher Referenzrahmen. Die Verfahrachsen und deren Roboterkoordinaten können jederzeit darauf bezogen und mittels Koordinatentransformation berechnet werden. Über die Winkel- bzw. Längenangaben der einzelnen Roboterachsen kann der Tool-Center-Point (TCP) bestimmt werden. Gelegentlich kommen auch Gelenkkoordinaten zum Zuge. Effektoren mit ihren mitbewegten Koordinaten besitzen ein Greifer- oder Werkzeugkoordinatensystem. Der Nullpunkt dieses Koordinatensystems befindet sich im TCP des Effektors. Dieser kann mit dem Mittelpunkt des Greifers oder mit der Spitze der Schweissflamme oder mit der Spitze einer Düse beim Beschichten zusammenfallen. Schlussendlich benötigt man auch noch Werkstückkoordinaten. Dies können bei einem Palettierer als Satz festgelegter Vermassungen bezüglich einer lagegenau abgelegten Palette oder in der maschinellen Fertigung auch in Form einer referenzierten Ecke (Werkstücknullpunkt) des zu bearbeitenden Werkstücks vorliegen. Vorwärts- und Rückwärtstransformationen spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Bei der heutigen Rechnerperformance ist das selbst für Real-Time-Applikationen kein Problem. Häufig gelangen dabei Jakobi-Matrizen zum Einsatz. Die Überführung von Ortskoordinatensystemen innerhalb von kinematischen Ketten erfolgt meist nach der Denavit-Hartenberg-Transformation.

Physikalisch gesehen gehört zu einem Bezugssystem auch eine allgemein verbindliche Zeitskala, z.B. die UTC-Weltzeit. Eigenzeiten in beliebigen Koordinatensystemen lassen sich transformatorisch darauf beziehen, so dass mögliche Paradoxa von Vornherein ausgeschlossen sind. Die Mutteruhr auf der Erde bestimmt den Takt. Gehen bspw. Satellitenuhren infolge der Zeitdilatation anders, werden sie durch Frequenzshift an die UTC-Zeitskala angepasst, um die Korrelation mit der GPS-Empfängerzeit sicher zu stellen. Die bordeigene Systemzeit bleibt davon unangetastet.

Für den technisch orientierten Physikingenieur gehört die beschriebene Usanz zur Grundausrüstung seiner Methodensammlung. Bereits als Physiklaborant musste er sämtliche Verrichtungen unter Zeitangabe sorgfältig in einem Logbuch festhalten. Später hat er sich dann mit Atomuhren (Maser) und Messplattformen herumgeschlagen, wozu aus nachvollziehbaren Gründen geeignete Bezugs- und Koordinatensysteme zählten.

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Barney



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 09:58    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:

Für den technisch orientierten Physikingenieur gehört die beschriebene Usanz zur Grundausrüstung seiner Methodensammlung. Bereits als Physiklaborant musste er sämtliche Verrichtungen unter Zeitangabe sorgfältig in einem Logbuch festhalten. Später hat er sich dann mit Atomuhren (Maser) und Messplattformen herumgeschlagen, wozu aus nachvollziehbaren Gründen geeignete Bezugs- und Koordinatensysteme zählten.


es ist schon reizend, zu sehen, wie zeitgenosse und El Cattivo hier aneinander vorbei reden und letztlich doch beide recht haben. Siehe dazu den bewegten Leiterstab in einem konstanten Magnetfeld:

Für den Praktiker (zg) ist es natürlich egal, ob das Voltmeter - welches die Spannung an den Enden des Stabes mißt - mitbewegt wird oder ruht, da für ihn die Zuleitungen vom Meßgerät zum Stab "nur" lästige Kabel sind, über die man sich aus Zeitgründen heraus natürlich keine weiteren Gedanken mehr macht. Für den Theoretiker (El Cattivo) bildet der gesamte Aufbau natürlich eine Leiterschleife, die mit einem "schönen" Wegintegral sofort behandelt werden kann. Laughing Laughing.

So haben beide recht, haben sich gegenseitig aber dennoch nicht verstanden, weil eben jeder nur seinen eigenen Standpunkt präsentieren, bzw. verteidigen will - Köstlich...
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Orbit



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BeitragVerfasst am: 06.06.2009, 10:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
es ist schon reizend, zu sehen, wie zeitgenosse und El Cattivo hier aneinander vorbei reden und letztlich doch beide recht haben.

So, so... Shocked
Der eine will aber mit seinem Ansatz dereinst ein UFO bauen, und der andere redet ihm das aus. Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem das UFO fliegt, müssten sich die Kontrahenten nach Deiner Eischätzung in verschiedenen Universen des Multiversums aufhalten, oder? Very Happy
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