Das Inertialsystem als didaktisches Problem
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 09:32    Titel: Das Inertialsystem als didaktisches Problem Antworten mit Zitat

Hallo Freunde,

vielleicht hat der eine oder andere von euch meine vergeblichen Mühen einigen 'Kritikern' im Mahag-Forum den Sinn von Koordinatensystemen zu erklären mitbekommen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es gar nicht so einfach ist, die Grundlagen der SRT zu motivieren, wenn es den Beteiligten an Erfahrungen mit der Newtonschen Mechanik mangelt.

Begriffe wie Ruhesystem, Inertialsystem, Invarianz... sind Anfängern natürlich nicht vertraut und oft ist die exakte Definition gar nicht bekannt. Besonders problematisch scheint es mir zu werden, wenn man von dem Inertialsystem eines Objektes spricht. Oder gar davon, dass ein Objekt sein Inertialsystem wechselt. Was soll das heißen?

Mechanik betreibt man entweder in einem Inertialsystem oder in einem nicht inertialen Koordinatensystem. Für welches Koordinatensystem man sich auch immer entscheidet, man sollte tunlichst vermeiden, es mitten in der Berechnung zu wechseln. Ein Objekt sollte also niemals das Inertialsystem wechseln. Es kann dies auch gar nicht, weil Inertialsysteme den gesamten Raum aufspannen. Wo soll das Objekt denn hin? Wink

Mich würden eure Gedanken zu diesem Thema interessieren.

Gruß,
Joachim
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Zuletzt bearbeitet von Joachim am 22.10.2008, 20:22, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Optimist71



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 10:10    Titel: Antworten mit Zitat

Hei Joachim,

Zitat:
Mechanik betreibt man entweder in einem Inertialsystem oder in einem nicht inertialen Koordinatensystem. Für welches Koordinatensystem man sich auch immer entscheidet, man sollte tunlichst vermeiden, es mitten in der Berechnung zu wechseln. Ein Objekt sollte also niemals das Inertialsystem wechseln. Es kann dies auch gar nicht, weil Inertialsysteme den gesamten Raum aufspannen. Wo soll das Objekt denn hin?


Ja, besonders bei der Diskussion ueber das Zwillings-"Paradoxon" wird deutlich, dass das Problem eher im Umgang mit Koordinatensystemen liegt als in der eigentlichen SRT.

Du hast recht, es ist verwirrend, zu schreiben, dass ein Objekt "das IS wechselt", etwa der reisende Zwilling beim Umkehren. Es geht ja typischerweise darum, moeglichst einfach zu demonstrieren, dass es sich beim ZP um eine asymmetrische Situation handelt, und zwar unabhaengig davon, in welchem der unendlich vielen IS die Situation beschrieben wird.

Am naheliegensten ist es ja, die Situation in vier IS zu beschreiben:
- Im Ruhesystem des Zwillings, der zuhause bleibt
- Im Ruhesystem des Zwilllings auf dem Weg zu seiner Expedition
- Im Ruhesystem des Zwillings auf dem Heimweg
- In einem weiteren x-beliebigen Ruhesystem eines dritten Beobachters

... und zwar jeweils ohne irgendwelche Wechsel des Bezugssystems waehrend der Reise.

Leider habe ich das Gefuehl, dass nicht alle "Kritiker" sich auf diese einfache Problemstellung wirklich einlassen. Z.B. bekommt man gerne die Antwort, dass man noch am geozentrischen Weltbild oder am ruhenden Aether haengengeblieben sei, oder dass Gravitationskraefte (seien sie auch noch so vernachlaessigbar klein) beruecksichtigt werden muessten.

Da bekomme ich schon das Gefuehl: Irgendwie hoeren die gar nicht richtig zu. Denn wenn sie sich auf diese einfachen Zusammenhaenge einlassen wuerden, wuerden auch die Versuche, die Lorentztransformation aufgrund eines konstruierten Symmetriebruches ad absurdum zu fuehren scheitern. Und das Zwillingsparadoxon wuerde aufhoeren, ein Paradoxon zu sein.

Aber Respekt! Die Geduld, die Du bei der Diskussion im MAHAG aufzeigst, ist wirklich nicht zu uebertreffen!

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Ich



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 11:22    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Begriffe wie Ruhesystem, Inertialsystem, Invarianz... sind Anfängern natürlich nicht vertraut und oft ist die exakte Definition gar nicht bekannt. Besonders problematisch scheint es mir zu werden, wenn man von dem Inertialsystem eines Objektes spricht. Oder gar davon, dass ein Objekt sein Inertialsystem wechselt. Was soll das heißen?

Nicht nur Anfänger haben ihre Schwiedrigkeiten.
Ich hab mir neulich ein populärwissenschaftliches Buch ausgeliehen ("Die sieben größten Rätsel der Wissenschaft und wie man sie versteht"). Dort erfährt man, dass ein Inertialsystem ein "physikalisches Raumgebiet" ist, dass der etwas weiter ruhende Zwilling sich in einem "anderen Inertialsystem" befindet, und dass man sich das mit der Zeit genauso vorstellen muss wie mit dem Wechselkurs zweier Währungen.
Diese Leute laufen immer noch frei rum, das Buch wird immer noch verkauft, und man liest größtenteils positive Rezensionen. Was ein interessantes Licht auf die Rezipienten wirft, die ja behaupten, endlich sei das alles zu verstehen. Weil die gequirlte Scheiße, die die Autoren da absondern, defnitiv vollkommen unverständliches, grundfalsches Kauderwelsch ist.
So, und das spielt sich auf der geistig gesunden Seite des interessierten Bildungsbürgertums ab. Dass da bei den Wahnsinnigen gar nichts mehr geht, scheint selbstverständlich, zumal die ja genauso glauben, sie hätten was verstanden.

Genug gelästert, noch konkret: Oft wird schlampig statt "ein im IS A ruhender Beobachter" gesagt: "ein Beobachter im IS A". Daher kommen wohl diese Bezugssystemwechsel.
Auch gerne verwechselt wird "Beobachter" mit "Bezugssystem". So konnte sich die gebannte Mitleserschaft bei astronews von Rössler erklären lassen, was denn in transversal zueinander bewegten Bezugssystemen passiert. Der Mann ist immerhin Professor, aber als Nichtphysiker sieht er gar nicht, dass er mit seiner schlampigen Begriffs- und Vorstellungsbildung noch vor dem ersten Schritt auf die Schnauze fällt. Bin mal gespannt was Erik sagt, wenn er mich von schlampiger Begriffsbildung reden hört.
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 11:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hej Optimist.

Optimist71 hat Folgendes geschrieben:

Leider habe ich das Gefuehl, dass nicht alle "Kritiker" sich auf diese einfache Problemstellung wirklich einlassen. Z.B. bekommt man gerne die Antwort, dass man noch am geozentrischen Weltbild oder am ruhenden Aether haengengeblieben sei, oder dass Gravitationskraefte (seien sie auch noch so vernachlaessigbar klein) beruecksichtigt werden muessten.


Auf die Kritiker kommt es mir eigentlich gar nicht an, sondern auf den Aufbau einer didaktisch guten Einführung in die SRT auf meiner Homepage (relativitätsprinzip.info). Da habe ich ja ein Beispiel zum Zwillingsparadoxon mit mehrfachem Bezugssystemwechsel. Im nicht-inertialen Ruhesystem des Reisenden (rote Weltline) sieht die Reise der Erde (blaue Weltlinie) dann so aus:



Das ist eine schöne Rechenübung für den Umgang mit unstetig zeitabhängigen Koordinaten. Aber Mechanik würde so niemand betreiben.

Galileo hat im 17, Jahrundert herausgefunden, dass Objekte ohne Krafteinwirkung ihren Bewegungezustand beibehalten. Aber natürlich nur in nicht explizit Zeitabhängigen kartesischen Koordinaten. Schon in Kugelkoordinaten ändern sich die Geschwindigkeitskomponenten eines inertial bewegten Objektes ständig. Nur der Betrag ist hier erhalten. Dass auch schon die Galileische Relativität natürlich Koordinatenabhängig ist und dass das Trägheitsprinzip keine Trivialität sondern eine große Entdeckung ist, muss man offensichtlich erstmal motivieren.

Gruß,
Joachim
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Zuletzt bearbeitet von Joachim am 15.10.2008, 11:40, insgesamt einmal bearbeitet
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Ich



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Schon in Kugelkoordinaten ändern sich die Geschwindigkeitskomponenten eines inertial bewegten Objektes ständig.

Moment, das ist ja nicht ohne Krafteinwirkung. Dafür sind die echten Scheinkräfte verantwortlich, und die gibt es wirklich. Shocked

Ich hab nachgedacht: die Fehlargumentation beim ZP rührt nicht primär daher, dass die Leute mittendrin das Bezugssystem wechseln. Ich glaube vielmehr, dass denen überhaupt nicht klar ist, was denn ein Bezugssystem damit zu tun haben soll, weil sie Zeitdilatation für eine Eigenschaft des Körpers halten. Dann ist die Argumentation nämlich vollkommen klar: jeder Körper kann sich zu jeder Zeit für ruhend erachten, deswegen kann man gar nicht bestimmen, welcher denn nun wirklich dilatiert ist. Das ist vollkommen logisch und unwiderlegbar, da helfen Bezugssysteme nichts. Man muss früher ansetzen und länglich das Wesen dieser Dinge herausarbeiten, wobei in keinem Schritt Begriffe wie "verlangsamte Uhren" auftauchen dürfen, an diese Rettungsanker klammert sich die Zielperson sonst, damit sie die Geschichte in ihrem unzulänglichen Weltbild "verstehen" kann.
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Karl
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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 13:58    Titel: Bezugssysteme Antworten mit Zitat

Hallo,

über das Thema Bezugssysteme habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Wie bereitet man dieses Thema didaktisch so auf, dass es auch für einen absoluten Laine verständlich ist?

Und hier steht meines Erachtens die alltägliche Erfahrung dem Verständnis im Wege. Im täglichen Leben verwenden wir etwa drei Bezugssysteme, zwischen denen automatisch nach Bedarf gewechselt wird (zumindest im abendländischen Kulturkreis, bei Aborigines bzw. anderen Gesellschaftsformen kann das signifikant abweichen):


  • Das körpereigene Bezugssystem (rechts, links, oben, unten, vorne hinten).

  • Bezugssysteme, die mit Objekten identifiziert werden, mit denen wir zu tun haben (z.B. ein Stuhl). Wird ein solches Objekt verschoben bzw. gedreht, wird das Bezugsystem entsprechend mitgeführt. das ist eine Konsequenz unserer Erfahrung, dass Objekte in der Regel ihre Abmessungen nicht ändern, wenn sie gedreht bzw. verschoben werden.

  • Ein Bezugssystem, der näheren Umgebung in der sich jemand gerade aufhält (z.B. der Raum in dem man sich befindet). Hier wird die Sache schon schwammig, denn es reicht schon sich im Raum woanders hinzustellen um ein anderes Bezugssystem zu implizieren.


Das Ergebnis daraus ist z.B., dass sich aus der alltäglichen Erfahrung heraus Bezugssysteme als räumlich begrenzt darstellen, was der Definition der Physik für ein Bezugssystem widerspricht. Damit erklären sich auch so schlampige Darstellungen, wie sie "Ich" sie oben mit dem populärwissenschaftlichen Buch beschrieben hat.

Dieses Missverständnis gilt es aus meiner Sicht aufzuklären.

LG,

Karl
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Erik



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 14:28    Titel: Re: Das Inertialsystem als didaktisches Problem Antworten mit Zitat

Joachim hat Folgendes geschrieben:

Begriffe wie Ruhesystem, Inertialsystem, Invarianz... sind Anfängern natürlich nicht vertraut und oft ist die exakte Definition gar nicht bekannt. Besonders problematisch scheint es mir zu werden, wenn man von dem Inertialsystem eines Objektes spricht. Oder gar davon, dass ein Objekt sein Inertialsystem wechselt. Was soll das heißen?


Ich denke "sein" Inertialsystem, ist einfach eines seiner momentanen Ruhesysteme.
Und es zu wechseln heißt einfach "beschleunigen".


Zitat:

Mechanik betreibt man entweder in einem Inertialsystem oder in einem nicht inertialen Koordinatensystem. Für welches Koordinatensystem man sich auch immer entscheidet, man sollte tunlichst vermeiden, es mitten in der Berechnung zu wechseln. Ein Objekt sollte also niemals das Inertialsystem wechseln. Es kann dies auch gar nicht, weil Inertialsysteme den gesamten Raum aufspannen. Wo soll das Objekt denn hin? Wink



Wechseln ist zwar nicht verboten, aber man sollte schon in einem Inertialsystem bleiben.
Zumindest beim normalen Zwillingsparadoxon. Allerdings scheinen mir die meisten Kritiker
Probleme damit zu haben, daß die vergangene Eigenzeit zwischen zwei festen Ereignissen,
wie Start und Wiedersehen der Zwillinge, in jedem Inertialsystem (sogar jedem beliebigen
Bezugssystem) gleich ist. Das Problem ist also die Invarianz zu erklären.

Ich fand dazu die Analogie zur normalen Länge einer Kurve im Raum eigentlich immer am besten. Da
fragt keiner danach, ob bei Drehungen des Koordinatensystems plötzlich aus der längeren
Kurve die kürzere werden kann. Aber daß Eigenzeit einfach nur vergangene Länge in der
Raumzeit ist, schlucken die irgendwie auch schon nicht. Das müßte man also länger motivieren,
aber so lange hört einem ja dann schon keiner mehr zu. Schließlich geht es ja nur darum, einzusehen
wo unser Denkfehler liegt

Ich hat Folgendes geschrieben:

Bin mal gespannt was Erik sagt, wenn er mich von schlampiger Begriffsbildung reden hört.


Bin echt begeistert. Ich sehe das natürlich genauso. Wink
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 14:32    Titel: Re: Bezugssysteme Antworten mit Zitat

Hi Karl,

Karl hat Folgendes geschrieben:

Das Ergebnis daraus ist z.B., dass sich aus der alltäglichen Erfahrung heraus Bezugssysteme als räumlich begrenzt darstellen, was der Definition der Physik für ein Bezugssystem widerspricht.


Ich bin mir gar nicht so sicher, ob der Begriff "Bezugssystem" in der Literatur eindeutig genug verwendet wird um als Fachbegriff durchgehen zu können. Nicht zuletzt deshalb hatte ich mal in der Wikipedia den Satzanfang "Ein Inertialsystem ist ein Bezugssystem, das ..." in ".. ist ein Koordinatensystem .." geändert (ob die Änderung mittlerweile wieder einkassiert wurde, weiß ich nicht). Koordinatensystem ist meines Erachtens ein Begriff, den man gefahrlos verwenden kann, ohne in die von die geschilderte Falle zu tappen.

Diesen Fachbegriff wird man einem Anfänger natürlich erklären müssen. Am besten, indem man mit dem Alltagsbegriff Bezugssystem beginnt und erklärt, welche Eigenschaften ein Bezugssytem haben muss, um Koordinatensystem zu sein...

Das ist jedenfalls eine interessante Anregung. Ich glaub ich muss mich mal ein Jahr beurlauben lassen um ein gutes Lehrwerk zu schreiben Wink

Gruß,
Joachim
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 14:56    Titel: Re: Das Inertialsystem als didaktisches Problem Antworten mit Zitat

Hi Erik,

Erik hat Folgendes geschrieben:

Wechseln ist zwar nicht verboten, aber man sollte schon in einem Inertialsystem bleiben.


Sag ich doch. Man sollte es nicht wechseln. Verbieten möchte ich niemanden etwas. Wink

Streng genommen habe ich in meinem Bild ein gestückeltes Koordinatensystem verwendet. Von t=0 bis s/gamma1v1 habe ich einen Satz von Koordinaten verwendet, dann habe ich für eine Zeit tau einen zweiten Satz von Koordinaten verwendet und schließlich benutze ich während des Rückflugs einen dritten. Das ist also ein Koordinatensystem mit Sprungstellen, das nicht einmal jeden Punkt des Raumes abdeckt. Es ist also ziemlich nicht-inertial mit unendlich großen Scheinkräften. Ich glaube nicht, das sowas der richtige Weg ist um Invarianz zu erklären. In diesem System gelten die bekannten Erhaltungssätze gar nicht.

Also sollte man doch besser Optimistens Methode verwenden und das ganze Theater einfach drei unterschiedlichen Inertialsystemen vorspielen. Das erscheint mir leichter verständlich, denn dort sieht man dass der Weg des Reisenden in jedem Inertialsystem länger ist als der des Erdhockers.

Gruß,
Joachim
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Ich



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 15:26    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Also sollte man doch besser Optimistens Methode verwenden und das ganze Theater einfach drei unterschiedlichen Inertialsystemen vorspielen. Das erscheint mir leichter verständlich, denn dort sieht man dass der Weg des Reisenden in jedem Inertialsystem länger ist als der des Erdhockers.

Grundsätzlich schon, aber das garantier noch überhaupt nicht, dass das Prinzip verstanden wird. Da das Prinzip ein geometrisches ist, sollte man es auch geometrisch angehen, im Wesentlichen genauso wie Erik es sagt, und mit derselben Einschränkung, dass es bei Cranks egal ist, was man erzählt.
Die harten physikalischen Fakten sind die Längen der drei Abschnitte. Zusammen mit der Tatsache, dass diese Längen invariant sind, obwohl sie nicht so aussehen, ist das ZP befriedigend erklärt, im Grunde auf das triviale "Dreiecksparadox" zurückgeführt.
Das Problem tritt erst auf, wenn man die berüchtigte Zeitdilatation bemüht. Hier würde ich es für sinnvoll halten, im euklidischen Raum ein Dreieckparadox nach genau derselben, genau gleich motivierten Vorschrift zu konstruieren: Man stellt die erste kurze Seite senktecht und misst einen Streckenabschnit. Man vergleicht mit der Länge des Abschnitts auf der langen Seite, der von den entsprechenden Horizontalen begrenzt wird. Man zeigt, dass das wunderbar funktioniert und wiederholt die Prozedur, bis die erste kurze Seite aus ist. Dann dreht man so, dass die zweite kurze Seite senkrecht steht, und misst weiter. Wieder funktioniert alles, aber man hat einen bestimmten Abschnitt auf der langen Seite doppelt gezählt und kommt so fälschlich zu dem paradoxen Resultat, dass die lange Seite länger ist als die beiden kurzen zusammen.
Ich sollt's aufmalen, denke ich.
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:

Grundsätzlich schon, aber das garantier noch überhaupt nicht, dass das Prinzip verstanden wird.


Klar, deshalb empfehle ich Anfängern auch immer mehrere Lehrbücher zu lesen. Was der eine leicht versteht erscheint dem nächsten vällig unverständlich. Den Willen das gelesene nachzuvollziehen setze ich selbstverständlich voraus. Die MAHAG-Kritiker wollen es aus Angst vor Gehirnwäsche ja gar nicht wissen.

Ich hat Folgendes geschrieben:

Da das Prinzip ein geometrisches ist, sollte man es auch geometrisch angehen, [...]


Ja, das setzt aber voraus, dass die Zeit als vierte Dimension anerkannt wird. Ein Punkt von dem auch ich nicht so überzeugt bin. Bei allen Ähnlichkeiten muss man im Auge behalten, dass die Zeit geometrisch anders zu behandeln ist als die Raumdimensionen. Das unterschiedliche Vorzeichen in der Metrik ist ja keine Kleinigkeit. Deshalb geht der Vergleich mit dem Dreieck auch nicht immer so gut runter.

Zitat:
Ich sollt's aufmalen, denke ich.


Nicht nötig. Ein Dreieck habe ich schonmal gesehen Wink


Gruß,
Joachim
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Optimist71



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BeitragVerfasst am: 15.10.2008, 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

also, ob das ganze im MAHAG noch Sinn macht, ist nach solchen Kommentaren

Zitat:
Hallo Ljudmil !

Zitat:
„Die Mathematik der Relativitätstheorie ist unvollständig. Sie ist zur Lösung physikalischer Probleme prinzipiell nicht geeignet und muß daher zwingend zu Irrtümern und Widersprüchen führen. Wieso das Generationen von Physikern noch nicht aufgefallen ist, das ist mir ein Rätsel. Denn eigentlich liegt dieser Mangel doch auf der Hand.“


Nachdem die Schutzfunktion des "Holocaust" langsam aber sicher ihre Bedeutung verliert und nicht jeder Kritiker der SRT als Nazi verunglimpft wird,
wird auch die Einsicht von Seiten der Relativisten immer deutlicher, dass an der SRT etwas nicht stimmen kann.Reformbedarf ist dringend angesagt.

Eine solche Situation war vor 10-20 Jahren noch nicht denkbar.
Jetzt wird die Diskussion erst richtig spannend.

Mit Gruß

Hannes


mehr als fraglich. Mir faellt dazu echt nichts mehr ein. Mad

Quelle: http://www.mahag.com/FORUM/forum.php?id=12737#12737

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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 16.10.2008, 06:30    Titel: Re: Bezugssysteme Antworten mit Zitat

Joachim hat Folgendes geschrieben:
Ich bin mir gar nicht so sicher, ob der Begriff "Bezugssystem" in der Literatur eindeutig genug verwendet wird um als Fachbegriff durchgehen zu können.


Wenn du wissen willst, wie Bezugssysteme in praxi behandelt und angewandt werden, lies bspw. den Fachartikel:

http://www.geod.uni-bonn.de/apmg/pdf_doc/1_BezugssystemeBezugsrahmen.pdf

Es werden auch die sich stufenweise ergänzenden Begriffe eines Inertialsystems, eines Newtonsystems und eines Galileisystems erläutert. Selbst richte ich mich seit Jahren nach dieser in der Geodäsie üblichen Nomenklatura. In der theoretischen Physik hingegen spricht man meist nur von Koordinatensystemen, was eine simplifizierende Abstraktion ist, weil ein Koordinatensystem in realiter erst dann definiert werden kann, wenn zuvor ein Referenzframe durch Konvention festgelegt wurde.

Ein solches Referenzframe ist z.B. das "Terrestrial Reference Frame 1994" oder das "World Geodetic System 1984" (WGS84).

Somit:

Ein Bezugssystem, für das gewisse Koordinaten eingeführt sind, nennen wir Koordinatensystem.

Für den Astronomen und Geometer gibt es vereinbarte raumfeste Bezugssysteme (Conventional Celestial Reference Systems) und vereinbarte erdfeste Bezugssysteme (Conventional Terrestrial Reference Systems). Früher sprach man auch von einem ptolemäischen System (geozentrisch) und einem copernikanischem System (heliozentrisch).

Für den Experimentalphysiker reicht es in der Regel, wenn er zwischen Laborsystem und Schwerpunktsystem unterscheidet. In der SRT hat sich bekanntlich das "Ruhesystem" durchgesetzt; denn jeder inertiale Beobachter wäre wegen der "Gleichwertigkeit der Bezugssysteme" legitimiert, für sich ein Ruhesystem zu beanspruchen. Weil sich im 4-dimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum auch die Geometrie gegenüber der euklidischen unterscheidet, spricht man gelegentlich von einem Lorentz-System. In der ART, wo Gauss'sche Koordinaten nur noch nackte Zahlentupel sind, besitzt ein Koordinatensystem nicht länger eine physikalische Bedeutung. Nach Møller werden deswegen aus pragmatischen Gründen "bezugsinvariante Transformationen" eingeführt (Møller, The Theory of Relativity, Oxford 1955).

Zu einem Bezugssystem gehört in praxi auch eine geeignete Zeitskala:

http://www.geod.uni-bonn.de/apmg/pdf_doc/10_Zeitsysteme_Folien.pdf

Ist man sich gegenseitig über das zu verwendende Bezugssystem und die Zeitskala einig, kann gerechnet werden. Smile

Gr. zg
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BeitragVerfasst am: 16.10.2008, 08:21    Titel: Re: Bezugssysteme Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:

Wenn du wissen willst, wie Bezugssysteme in praxi behandelt und angewandt werden, lies bspw. den Fachartikel:


Darum geht es nicht, zeitgenosse. Die Frage war, wie man die Grundbegriffe der Mechanik für Laien verständlich erläutert, ohne dabei die uns bekannten Schwierigkeiten im Verständnis der SRT auszulösen. Dass Fachleute mit Bezugssystemen umgehen können, habe ich nicht in Frage gestellt.

Gruß,
Joachim
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BeitragVerfasst am: 16.10.2008, 10:12    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Zitat:
Da das Prinzip ein geometrisches ist, sollte man es auch geometrisch angehen

Ja, das setzt aber voraus, dass die Zeit als vierte Dimension anerkannt wird. Ein Punkt von dem auch ich nicht so überzeugt bin.

Nicht?

Mir ist das egal, wie du das siehst und handhabst, aber wenn einer nichts vor Raumzeit wissen will, dann will er nichts von SRT wissen, und dann muss man ihm auch nichts erklären. Erinnerst du dich an den einen bei Quantenforum: ihr sollt mir jetzt gefälligst den Wirkmechanismus der RT erklären, aber kommt mir ja nicht mit Geometrie. Die sollen sich untereinander bebauchpinseln, denen will man doch nichts beibringen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es keine Alternative zur geometrischen Sicht gibt. Der ganze Ätherquatsch (LK, ZD etc.) verwirrt nur konzeptuell und taugt nicht einmal zum Rechnen, wie man hier in verschiedenen Threads gesehen hat.

Also würd ich möglichst bald abstrahieren, und da kann man schon bei der Definition eines IS vorbereiten, wenn man darauf hinweist, dass jedes Koordinatensystem ein abstraktes Konstrukt mit magerer "Realitätsbindung" ist: Gleichzeitigkeit z.B. kann man nicht sehen, riechen oder schmecken, nicht einmal messen. Nur definieren und im Nachhinein schauen, ob zwei Ereignisse gleichzeitig waren. Der Raumanteil eines Bezugssystems hat nichts mit unserem sinnlich erfassbaren Erfahrungsraum zu tun, sondern ist von vornherein ein abstraktes Konzept.
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