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Chlorobium
Anmeldedatum: 20.03.2006 Beiträge: 790 Wohnort: Bremen
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Verfasst am: 17.02.2008, 02:24 Titel: Geschichte zur Einteilung der menschlichen Rassen |
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In den folgenden Beiträgen will ich versuchen etwas Hintergrundmaterial
zu den "menschlichen Rassen" und dessen wissenschaftshistorischen Kon-
text zusammenfassen. Die Idee dazu ist mir vor einiger Zeit gekommen,
nachdem ich im PF (und auch anderswo) zu diesem Thema in einigen un-
sinnigen Diskussionen beteiligt war. _________________ mfg
Chlorobium (der Farbe wegen) |
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Chlorobium
Anmeldedatum: 20.03.2006 Beiträge: 790 Wohnort: Bremen
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Verfasst am: 17.02.2008, 02:25 Titel: Teil 1 |
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Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840) war ein deutscher Anatom und Naturforscher
und schuf daß wohl einflußreichste Klassifikationswerk zu den menschlichen Rassen. Der
Erste war er jedoch nicht. Diese wurde von dem Schweden Carolus Linnaeus (oder auch
Carl v. Linné) bereits in seiner 1758 veröffentlichten Klassifikation Systema Naturae vor-
gelegt. Linnaeus unterteilte in seinem Wert die Menschen in vier Varietäten, wobei sich die
Einteilungskriterien primär durch die Geographie definierten. Er verzichtete hierbei auf
eine Rangfolge und unterschied sich damit von der damaligen rassistischen traditionellen
Einteilung - Americanus, Europaeus, Asiaticus und Afer (Afrikaner). Zu jeder einzelnen
Rasse vermerkte Linnaeus Eigenschaften wie Hautfarbe, Humor und Körperhaltung.
So beschrieb Linnaeus den Americanus mit rufus, cholericus, rectus (rot, cholerisch, auf-
recht), den Europaeus mit albus, sanguineus, torosus (weiß, heiter, erhaben (?)), den
Asiaticus mit luridus, melancholicus, rigidus (leicht gelblich, melancholisch, steif), und den
Afer mit niger, phlegmaticus, laxus (schwarz, phlegmatisch, entspannt).,
Bei der "Humorbeschreibung", welche aus moderner Sicht den Anschein von Vorurteilen
oder rassistisch motivierten Kategorien erweckt, handet es sich um die Anwendung eines
klassischen Taxonomieschemas wie etwas Feuer, Erde, Wasser und Luft aus der Antike.
Linnaeus verwendet hier die vier Körpersäfte (humor ist Latein für "Säfte") Blut, Phlegma,
gelbe Galle und schwarze Galle, deren Mischungsverhältnisse nach mittelalterlichem und
antiken Verständnis die Ausprägung der Persönlichkeit bestimmen.
Linnaeus Model beherbergt jedoch keine hierachiesche Struktur oder eine lineare Anord-
nung. Sein Ordnungssystem war ausschließlich geographischer Natur und in seinem Werk
startet er mit Americanus. Hätte ihm die Überlegenheit der europäischen Rasse am Herzen
gelegen, den diese stand damals auch für Linnaeus außer Frage, so hätte er mit Sicherheit
Europaeus als erstes beschrieben und sich dann an eine absteigende Wertigkeit abgearbeitet.
So paßte bei Linnaeus alles auf die Zahl vier zusammen. Vier geographische Regionen,
Vier menschliche Rassen, Vier verschiedene Humorarbeit. Blumenbach übernahm in sei-
ner ersten Arbeit von 1775 diese Vierteilung von Linnaeus, welchen er sehr verehrte, wenn
gleich Blumenbach etwas andere Grenzziehungen in der Geographie unternahm. Später,
1795, veröffentliche Blumenbach seine endgültige Klassifizierung der menschlichen Ras-
sen. Er vollzog hierbei nicht nur einen Bruch mit seinem geistigen Mentor, hier kommt es
zum erstenmal zu einer hierachischen Staffelung und Wertigkeit, welche es vorher nicht
gab und auf alles weitere in der wissenschaftlichen und/oder öffenlichlichen Diskussion
der Frage nach der Existenz von menschlichen Rassen einen bis heute prägenden Ein-
druck hinterließ. _________________ mfg
Chlorobium (der Farbe wegen)
Zuletzt bearbeitet von Chlorobium am 18.02.2008, 17:12, insgesamt einmal bearbeitet |
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pauli
Anmeldedatum: 13.06.2007 Beiträge: 1551
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Verfasst am: 17.02.2008, 14:16 Titel: |
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sehr interessant, Chlorobium,
Zitat: | Er vollzog hierbei nicht nur einen Bruch mit seinem geistigen Mentor, hier kommt es zum erstenmal zu einer hierachischen Staffelung und Wertigkeit, welche es vorher nicht gab und auf alles weitere in der wissenschaftlichen und/oder öffenlichlichen Diskussion der Frage nach der Existenz von menschlichen Rassen einen bis heute prägenden Eindruck hinterließ. |
Ich habe schon immer (rein gefühlsmäßig) den Verdacht gehabt, dass nur europäischstämmige Weisse mit aller Macht eine "Hierarchie" konstruieren um jemanden unter sich zu haben, jemanden, auf dem man zumindest moralisch rumtrampeln und als Ventil (z.B. für den durch Religionen erzeugten Druck) missbrauchen kann.
Ist bekannt, ob z.B. Afrikaner, Indianer, Asiaten usw. Rassenüberlegungen oder Einstufungen gemacht haben? |
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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 18.02.2008, 11:43 Titel: |
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pauli hat Folgendes geschrieben: |
Ich habe schon immer (rein gefühlsmäßig) den Verdacht gehabt, dass nur europäischstämmige Weisse mit aller Macht eine "Hierarchie" konstruieren um jemanden unter sich zu haben, |
Leider nein. Zur Zeit der Mongolenherrschaft im alten China gab es auch solch eine Hierarchie. Und das Kastensystem in Indien ist ja allgemein bekannt.
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Tina
Anmeldedatum: 27.02.2006 Beiträge: 558
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Verfasst am: 18.02.2008, 12:12 Titel: |
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Fremde und/oder andersaussehende als minderwertig zu betrachten, ist keine Erfindung der Neuzeit und auch keine der Europäer. Siehe aktuelle Konflikte in Afrika, die Griechen in der Antike usw _________________ Zumindest die Richtung ist jetzt klar: gegen. Alles andere wird sich im Laufe der Zeit noch finden. (Frei zitiert nach WDR5 Spielart,1.5.2006) |
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thomas_x
Anmeldedatum: 14.05.2007 Beiträge: 133
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Verfasst am: 18.02.2008, 15:06 Titel: |
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Joachim hat Folgendes geschrieben: |
Und das Kastensystem in Indien ist ja allgemein bekannt.
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Moment, sind die Kasten eine rassistische oder eine soziale Konstruktion? Ich hätte nämlich gedacht, dass sich die Kasten nur durch ihre soziale Stellung, nicht aber durch rassische Merkmale unterscheiden. Anders ausgedrückt: Nimm einen Unberührbaren, zieh ihn wie einen Brahmanen an- und niemand merkt (mM nach) den Unterscheid. Aber ich bin kein Indien-Experte, vielleicht hab ich ja auch Unrecht? |
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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 18.02.2008, 15:34 Titel: |
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thomas_x hat Folgendes geschrieben: |
Moment, sind die Kasten eine rassistische oder eine soziale Konstruktion? |
Es beinhaltet auf jeden Fall die Geringachtung von Personen aufgrund der Abstammung. In diese Kasten wird man hineingeboren, das Individuum hat traditionell nicht die Möglichkeit sich dem zu entziehen. In dem Sinne ist es schon eine "Weise mit aller Macht eine "Hierarchie" konstruieren um jemanden unter sich zu haben". Natürlich ist jede Form der Unterdrückung auch eine soziale Konstruktion, ob sie sich nun auf körperliche Merkmale (z.B. Hautfarbe oder Geschlecht) oder einfach auf Abstammung stützt.
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Aurora
Anmeldedatum: 22.01.2007 Beiträge: 141 Wohnort: Sachsen-Anhalt
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Verfasst am: 18.02.2008, 16:48 Titel: |
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Wenn es um Geschichte der Rassen geht, haben aber Kastensystem und Sklaverei hier nichts zu suchen.
In diesem Falle handelt es sich um rein soziale Strukturen/Hierarchien, nicht aber um Wertung nach "Rassemerkmalen".
Geschichtlich gesehen, entstanden soziale Strukturen/Hierarchien mit Entwicklung/Entstehung von Privateigentum und findet sich in allen Kulturen. In manchen Fällen resultieren diese Strukturen und Wertungen aus dem religiösen System oder aber aus der Wertung der Tätigkeit des Menschen. In diesem Fall wurde die Wertigkeit der jeweiligem Tätigkeit auf den übertragen, der die Tätigkeit ausführte.
Würde man die soziale Wertigkeit mit Wertigkeit nach "Rassemerkmalen" gleichsetzten, dann hätte es beispielsweise im antiken Ägypten eine Umkehr erfahren, als es nubische (Nubien= heutiger Sudan) Pharaonen gab. Diese Pharaonen hatten eine schwarze Hautfarbe, während die früheren und auch späteren Pharaonen eine mehr oder weniger weiße Hautfarbe hatten.
Gruß Aurora _________________ Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean. (Newton) |
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pauli
Anmeldedatum: 13.06.2007 Beiträge: 1551
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Verfasst am: 18.02.2008, 17:00 Titel: |
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Denke ich auch, z.B. die Römer sind wohl auch eher pragmatisch vorgegangen: Unterwerfen und evtl. versklaven, egal welches Land oder Volk, aber haben sie nach realen und vermeintlichen Unterschieden und Rasseattributen gesucht und die Menschen nur danach bewertet? Ich bezweifle es |
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Aurora
Anmeldedatum: 22.01.2007 Beiträge: 141 Wohnort: Sachsen-Anhalt
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Verfasst am: 18.02.2008, 20:40 Titel: |
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Haben sie auch nicht. Für Römer und zum Teil auch Griechen war alles, was nicht ihrer Vorstellung von Kultur entsprpach oder was sie nicht verstanden (und sei es nur die Sprache) zumindest nicht ebenbürtig.
Das waren Barbaren, abgeleitet von (sprachlich) bar bar = unverständlich.
Ihre überlegenheit leiteten sie von der Überlegenheit im Kampf/Krieg her, wer besiegt war wurde halt versklavt.
Das hatte nichts mit Rassemerkmalen zu tun.
Gruß Aurora _________________ Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean. (Newton) |
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Joachim
Anmeldedatum: 20.02.2006 Beiträge: 1714
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Verfasst am: 19.02.2008, 09:21 Titel: |
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Aurora hat Folgendes geschrieben: | Wenn es um Geschichte der Rassen geht, haben aber Kastensystem und Sklaverei hier nichts zu suchen.
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Selbstverständlich nicht. Ich wollte nur der Behauptung widersprechen, nur die Europäer hätten die Tendenz andere Menschen abzuwerten. Der Rassismus, um den es hier geht, ist zweifellos europäischen Ursprungs.
Gruß,
Joachim _________________ Relativitaetsprinzip.Info
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Aurora
Anmeldedatum: 22.01.2007 Beiträge: 141 Wohnort: Sachsen-Anhalt
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Verfasst am: 19.02.2008, 10:01 Titel: |
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Zitat: | Der Rassismus, um den es hier geht, ist zweifellos europäischen Ursprungs. |
Und hier insbesondere, denke ich, hat der Rassismus seine Wurzeln im Kolonialismus. Auch hier wurde die "Überlegenheit" der eigenen Kultur und des eigenen Wirtschaftssystems auf Menschen übertragen, ohne auch nur ansatzweise die vorgefundene Kultur verstehen zu wollen, sich mit Lebensumständen und -einstellungen auseinander setzen zu wollen.
Die Menschen wurden als "Wilde" und damit minderwertig abgestempelt.
Anders als in der Zeit der Antike, wo eroberte Gebiete und Völker "eingegliedert" und in den "Genuss" der "höherwertigen" Kultur kamen, ging es beim Kolonialismus ausschließlich um Ausbeutung. Der Mensch wurde zur Ware.
Gruß Aurora _________________ Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean. (Newton) |
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Chlorobium
Anmeldedatum: 20.03.2006 Beiträge: 790 Wohnort: Bremen
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