Über die Entstehung der Relativitätstheorie
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 08:26    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
[...] verbleibe ich deshalb bei einem Relativitätsprinzip, das die Auszeichnung eines Fundamentalsystems zulässt (wie dies ja auch in der physikalischen Praxis tagtäglich der Fall ist).


Du spielst hier auf das immer wieder verwendete Laborsystem an, nicht wahr?

Gruß,
Joachim
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 09:01    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Relativitätsprinzp

1) Das Relativitätsprinzip der Mechanik wurde von Galilei erstmals am Beispiele eines Schiffes beschrieben, das sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit auf See bewegt. Ein im Schiffsbauch befindlicher Beobachter kann ohne äussere Bezüge nicht festellen, ob er sich bewegt oder in Ruhe ist. Streng genommen gilt solches nur für Inertialsysteme; denn mit einem Foucaultschen Pendelversuch (um ein mechanisches Experiment zu nennen) liesse sich die Rotationsbewegung der Erde auf jedem Breitengrad - den Aequator ausgenommen - nachweisen. Für nur kurze Zeitspannen und bei nicht allzu grosser Ausdehnung der Experimentalumgebung kann die Erdoberfläche in Näherung aber als Inertialsystem betrachtet werden (sofern der Einfluss der Gravitation nicht berücksichtigt werden muss).

2) Das Spezielle Relativitätsprinzip Einsteins besagt, daß physikalische Vorgänge - Mechanik und Optik umfassend - in allen Inertialsystemen (bei sonst identischen Ausgangs- und Randbedingungen) gleich ablaufen. Es ist deshalb durch kein bekanntes Experiment möglich, eine absolute Geschwindigkeit eines Systems festzustellen. Daher muß auch die mathematische Beschreibung aller physikalischen Vorgänge in allen Inertialsystemen gleichartig sein. Das entspricht der Kovarianzforderung.

So schön dieses von Einstein in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückte Prinzip auch ist, muss dennoch hinzugefügt werden, dass es heutzutage möglich ist, die Bewegung eines Systems unter Bezugnahme auf den Mikrowellenhintergrund zu beschreiben und damit den Zustand der Ruhe vom Zustand der Bewegung zu unterscheiden.

Smoot (Nobelpreisträger für Physik, 2006) erwähnte in seiner Nobelpreisrede folgerichtig, dass das Bezugssystem, in dem die kosmische Mikrowellenstrahlung isotrop ist, als Äther bezeichnet werden könnte.

Interessanterweise besitzt Smoot's Website den provokativen URL:

http://aether.lbl.gov/

Auch Laughlin (bekannt durch sein Buch "Abkehr von der Weltformel" und Nobelpreisträger für Physik, 1998) betont: Die moderne, jeden Tag experimentell bestätigte Vorstellung des Raumvakuums ist ein relativistischer Äther. Wir nennen ihn nur nicht so, weil das Tabu ist.

Das Spezielle Relativitätsprinzip kann demzufolge keine absolute Gültigkeit beanspruchen, wenn für den Beobachter auch äussere Koordinaten zugelassen werden. Damit ist aber bereits gesagt, dass es die von theoretischen Physikern angestrebte (absolute) Symmetrie der Speziellen Relativitätstheorie nur im Rahmen der Inertialsystem-Thematik bzw. einer idealen Minkowski-Welt geben kann. Es ist nämlich evident, um ein naives Beispiel zu nennen, dass das Zentrum einer in einer Blackbox erzeugten (Licht)-Kugelwelle bei Bewegung der Box nicht für immer mit dem Zentrum der Box selbst zusammenfällt, solange die Lichtausbreitung im Vakuum erfolgt.

Das Kovarianzprinzip bleibt trotzdem bestehen, wenn man akzeptiert, dass das Bezugssystem der Vakuum-Elektrodynamik ein globales Fundamentalsystem sein muss, welches hinreichend genau durch das CMB-System abgebildet wird. Es ergibt sich zudem von selbst, dass die Messung der Signalgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle in jedem Inertialsystem zu denselben Ergebnissen führen wird, weil sich die Welle im ladungslosen Raum selbst (im Vakuum somit) ausbreitet. An diesem Faktum verändert auch die Relativgeschwindigkeit des Beobachters nichts. Das Vakuum wird aus dieser Sicht zum vollständigen Aetherersatz.

In obigem Sinne lässt sich also folgern:

Das Spezielle Relativitätsprinzip ist in allen Inertialsystemen erfüllt und die Lichtgeschwindigkeit ist unabhängig vom Bewegungszustande von Lichtquelle und Beobachter. Damit die Kovarianz für die Maxwellschen Gleichungen als auch für mechanische Bewegungsgleichungen gewährleistet wird, muss gewissermassen a priori anstelle der alten Galilei-Transformation eine neue Transformationsgruppe treten, die mit der umfassenderen Lorentz-Transformation für alle Zeiten gegeben ist. Im Kontext spricht man auch von Lorentz-Invarianz.

3) Der prinzipielle Unterschied zwischen Einstein und Lorentz liegt dabei nicht im mathematischen Formalismus, sondern in der Aesthetik der Darstellung:

- Deduktives Vorgehen anstelle von ad-hoc Hypothesen
- Operationelle Begriffe (Relativität der Gleichzeitigkeit) anstelle metaphysischer Spekulation
- Scheinbare gegenüber wirklicher (physischer) Längenkontraktion
- Kinematik anstelle Dynamik

Trotzdem ist die LET im Kerngehalt wahrer als die Einsteinsche Konzeption, welche als kühne Vereinfachung eines komplexen Sachverhaltes aufzufassen ist. Letztere ist bezüglich ihrer Struktur durchschaubarer und einfacher zu handhaben (womit die Vorliebe vieler zugunsten der Einsteinschen Relativität erklärbar ist). Von Fehlern durch Poincaré bereinigt und formal durch Minkowski vollendet, stellt die Lorentzsche Invarianztheorie aber die physikalisch bessere Theorie dar.

Gr. zg
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:

So schön dieses von Einstein in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückte Prinzip auch ist, muss dennoch hinzugefügt werden, dass es heutzutage möglich ist, die Bewegung eines Systems unter Bezugnahme auf den Mikrowellenhintergrund zu beschreiben und damit den Zustand der Ruhe vom Zustand der Bewegung zu unterscheiden.


Was aber eben auch eine Relativbewegung ist. Dass man relativbewegungen eindeutig bestimmen kann, schließt das Relativitätsprinzip nicht aus.

Gruß,
Joachim
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Joachim



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 09:39    Titel: Antworten mit Zitat

P.S.: Vielleicht nochmal erklärend zu meinem Vorherigen Einwand: Es ist eben nicht "in der physikalischen Praxis tagtäglich der Fall", dass man Bewegungen auf den Mikrowellenhintergrund bezieht. Das ist eher eine große Ausnahme. Das Relativitätsprinzip ermöglicht es gerade, beliebige Bezugssysteme zu verwenden. Zumeist ist das ein System, in dem das Labor ruht (Laborsystem).
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Uli



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Joachim hat Folgendes geschrieben:
P.S.: Vielleicht nochmal erklärend zu meinem Vorherigen Einwand: Es ist eben nicht "in der physikalischen Praxis tagtäglich der Fall", dass man Bewegungen auf den Mikrowellenhintergrund bezieht. Das ist eher eine große Ausnahme. Das Relativitätsprinzip ermöglicht es gerade, beliebige Bezugssysteme zu verwenden. Zumeist ist das ein System, in dem das Labor ruht (Laborsystem).


... oder sehr häufig auch das Schwerpunktsystem der jeweiligen Problemstellung, wenn es um "Rechnereien" geht.
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Ich



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Dietmar,

Zitat:
Einstein hat salopp formuliert die Lorentz/Poincare Theorie umgedreht - und ich hinterfrage, ob das wirklich die geniale Leistung sein soll, die man seit 100 Jahren feiert

Hat er nicht. Ich glaube, hier nähern wir uns unserem Streitpunkt am besten.
Zitat:

Und wo habe ich geschrieben, dass Einstein seine Schlüsse nicht hätte ziehen "dürfen"?

Da:
Zitat:
Du stellst es dar, als ob das Relativitätsprinzip und das Lichtpostulat bereits fest verankertes Allgemeingut gewesen wären, aus denen man dann wie selbstverständlich Konsequenzen ziehen darf.


Zitat:
ich wollte nur klarstellen, dass man dies nicht als Vorwurf gegen andere Autoren benutzen darf. Aber offenbar ist die Klarstellung danebengegangen.

Offenbar. Vielleicht auch deswegen, weil ich nie jemandem was vorgeworfen hab. Die können nämlich auch machen, was sie wollen.
Zitat:
Ich:
Außerdem habe ich nicht Poincaré dafür kritisiert, dass er die Theorie nicht aufgestellt hat, sondern lieber legal bei den asymmetrischen Gesetzen geblieben ist, weil das Symmetrieprinzip noch wacklig war.
Du:
Da gibt’s m.E. eben nichts zu kritiseren.

Siehst du? Ich hab nie was kritisiert und du sagst, dass ich zu Unrecht kritisiere.
Zitat:
Poincares Theorie kann dann als eine Relativitätstheorie betrachtet werden, wenn die SRT als eine Theorie definiert wird, in welcher das RP und die Lorentz-Invarianz erfüllt ist. (Im Gegensatz übrigens zu Lorentz, für den die Ortszeit vor 1905 nur eine Hilfsvariable war.)

Poincaré hat aus der Hilfsvariable immerhin eine falsche Zeit gemacht: das, was rauskommt, wenn jedes IS seine Koordinaten ohne Rücksicht auf die wahren Verhältnisse definiert. Die "wahre Zeit" gibt's nur im Äthersystem.
Damit (also nach Formulierung der LT als Umrechnung zwischen der richtigen und den vielen falschen Zeiten) hat man dieselbe Transformation wie die SRT.
Hier ist es vielleicht gut zu erwähnen, dass Theorien sich nicht nur in Voraussagen und Formeln unterscheiden. Wenn dem so wäre, hätte Einstein in der Tat keine Priorität auf die SRT. Gegenbeispiele:
1. Feen und Elfen liefern gleiche Voraussagen, sind aber nicht gleich mit der Annahme der Kernfusion.
2. Balmer hat die richtigen Formeln im Wasserstoffspektrum entdeckt. Deswegen hat er noch lange nicht Priorität auf das Bohr'sche Atommodell. Balmer kriegt die Reihe nach sich benannt, Bohr das Atommodell. Und genau das ist bei der SRT auch passiert: Lorentz kriegt die Trafo nach sich benannt, Einstein nix - aber immerhin die Anerkennung seiner Priorität auf die SRT.
Zitat:
Aber da du wohl auf die "Raumzeit"-Interpretation stehst, müssen wir Poincares Theorie wohl Relativitätsäthertheorie nennen.

Ja, das tu ich wohl. Da du kaum einen Unterschied zwischen den beiden Theorien siehst, nehme ich an, dass nicht so auf die Raumzeit - das eigentlich neue an der SRT nämlich - stehst und sie ablehnst. Trotz Ablehnung könntest du aber doch den Unterschied honorieren.
In dem Zusammenhang bestreite ich gerne, dass jemand die SRT verstehen kann, ohne das Raumzeitkonzept zu verinnerlichen. Vielleicht eine Extradiskussion wert, mit Bezug auf das im Thread mit Jan gesagte.
Zitat:
So kann man auch vom Thema abkommen. Ich schrieb oben, dass es keinen messbaren physikalischen Unterschied zu Lorentz/Poincare gibt und stelle die Frage, ob die zeitlich vorhergehende Aufstellung einer solchen Theorie eine größere Leistung ist als die nachträgliche Neuinterpretation durch Einstein. Und ich finde, dass die vorhergehende Leistung größer war.

Das ist nicht vom Thema abgekommen. Feen und Elfen waren auch vorher. Und für die Trafo selbst wurde Lorentz ja gewürdigt.
Zitat:
Und ich würde die Idee eines Äthers, welcher sich lange als heuristische nützliches Konzept bewährt hatte, nicht unbedingt mit Feen, Elfen und Laternchen vergleichen.

Feen und Elfen haben sich auch lange Zeit als nützliches heuristisches Konzept bewährt, und es gibt sicher auch immer noch Leute, die an sie glauben. Warum soll man unbeobachtbares unbedingt künstlich am Leben erhalten? Von Feen und Elfen wurde auch nie bewiesen, dass es sie nicht gibt, trotzdem interessiert sich (fast) keiner mehr dafür. Sollte man mal welche finden, kann man sie immer noch aus der Schublade holen.
Zitat:
Aber zwischen Lorentz/Poincare und Einstein gibt’s hier überhaupt keinen Unterschied: Die Gleichungen haben alle die selben Form, egal welches System man benutzt.

Es geht nicht um die Einfachheit der Gleichungen, wie oben schon angeführt. Die LT wird übrigens auch erst dann einfach, wenn ich den Äther verwerfe. Um dieses "Äther verwerfen" geht es, mit allen Konsequenzen. Denk z.B. nur an das Verhältnis von elektrischem und magnetischem Feld. Elektromagetismus gibt es erst seit Einsteins Beitrag, weil vorher niemand draufgekommen ist. (Ich hofffe, das kriegt jetzt nicht auch noch der Maxwell gutgeschrieben, weil er die richtigen Gleichungen hatte. Maxwell hat alles gefunden, was man an elektrischem und magnetischem Feld finden kann, auch wie sie "wechselwirken". Was er nicht gefunden hat ist, dass es zwei Ansichten derselben Sache sind.)
Zitat:
"Offene" Briefe zu versenden ist nicht mein Stil.

Weiß schon, konnte einfach nicht widerstehen nach deinen Ansichten zur "korrekten" Theoriebildung.
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Erik



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Außerdem habe ich nicht Poincaré dafür kritisiert, dass er die Theorie nicht aufgestellt hat, sondern lieber legal bei den asymmetrischen Gesetzen geblieben ist, weil das Symmetrieprinzip noch wacklig war.


Die in Physikerkreisen gelegentlich mit Erhabenheit behauptete Symmetrie, welche das Spezielle Relativitätsprinzip angeblich auszeichnet, ist durch nichts erhärtet. Vielmehr sehen wir an vielen Stellen, dass die Natur asymmetrisch aufgebaut ist. Der Higgsmechanismus bspw. beruht geradezu auf dem Prinzip des Symmetriebruchs.


Das Relativitätsprinzip behauptet Lorentz-Symmetrie, sonst nichts. Du solltest sie von
anderen Symmetrien, wie CPT oder \(SU(2)_L \times U(1)_Y\) unterscheiden, dann merkst du, daß du hier etwas
ausschweifend am Thema vorbeiredest. Selbst wenn man sich auf die tatsächlich gebrochenen
Symmetrien beschränkt, stimmt die Aussage, sie seien "durch nichts erhärtet" nicht. Die
Brechung von \(SU(2)\times U(1)_Y\) auf \(U(1)_{em}\), sagt nämlich exakt drei massive und ein masseloses
Eichboson vorher, also genau das, was man auch beobachtet. Wenn man nur die ungebrochene
U(1)-Symmetrie zugrundelegt, kann man über den Rest des elektroschwachen Sektors nichts
weiter aussagen.


Zitat:

In Bezug auf das Relativitätsprinzip zu behaupten, dass dieses nur bei Bejahung der Symmetrie erfüllt werde, betrachte ich deshalb als äusserst fragwürdig, weil physikalisch durch nichts gerechtfertigt.


Komische Aussage. Was verstehst Du unter Relativitätsprinzip, wenn nicht eine Aussage über
Symmetrie der Naturgesetze?

Zitat:

Im Einklang mit der Lorentz-Poincaréschen Konzeption (sowie den lesenswerten Beiträgen einer Reihe weiterer namhafter Physiker wie Selleri, Brandes, Günther und Smoot) verbleibe ich deshalb bei einem Relativitätsprinzip, das die Auszeichnung eines Fundamentalsystems zulässt (wie dies ja auch in der physikalischen Praxis tagtäglich der Fall ist).


Daß die physikalische Praxis stets dasselbe System auszeichne, ist einfach nur Quatsch.
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Erik



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Beiträge: 565

BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 16:31    Titel: Antworten mit Zitat

zeitgenosse hat Folgendes geschrieben:
Zum Relativitätsprinzp
So schön dieses von Einstein in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückte Prinzip auch ist, muss dennoch hinzugefügt werden, dass es heutzutage möglich ist, die Bewegung eines Systems unter Bezugnahme auf den Mikrowellenhintergrund zu beschreiben und damit den Zustand der Ruhe vom Zustand der Bewegung zu unterscheiden.


Das RP beinhaltet m.E. zwei Aussagen:

1) Lösungen der Bewegungsgleichungen werden durch Lorentztransformationen auf Lösungen
abgebildet.

2) Der Grundzustand ist invariant unter Lorentz-Transformationen.

1) ist eine rein mathematische Forderung und wird von allen modernen Theorien erfüllt. Der
eigentliche Haken liegt in 2) und der Definition, was der Grundzustand ist. Dies ist für
alle Theorien mit Ausnahme der ART relativ unproblematisch. Das elektromagnetische
Vakumm erfordert E= B = 0, also kann die Anwesenheit des Mikrowellenhintergrundes dar RP
nicht verletzen. Da man in die ART neben Energie und Impuls der Materie auch noch die kosmologische
Konstante einführen kann, ist der Grundzustand mit T_materie =0, nicht unebdingt
Lorentzinvariant, sondern nur der mit T_materie = 0 und Lambda = 0. Mit der Mikrowellenstrahlung
hat das allerdings nichts zu tun.

Zitat:

Smoot (Nobelpreisträger für Physik, 2006) erwähnte in seiner Nobelpreisrede folgerichtig, dass das Bezugssystem, in dem die kosmische Mikrowellenstrahlung isotrop ist, als Äther bezeichnet werden könnte.


Wie du hier regelmäßig vorführst, kann man ja alles mögliche als Äther bezeichnen, insbesondere
auch dem Relativitätsprinzip gehorchende Skalarfelder (Higgs) oder Vektorfelder (EM). Über
solche sinnlosen Wortspielereien kann man nur den Kopf schütteln. Und interessant ist daran eigentlich
überhaupt nichts.

Zitat:

Interessanterweise besitzt Smoot's Website den provokativen URL:

http://aether.lbl.gov/
[...]

Das Spezielle Relativitätsprinzip kann demzufolge keine absolute Gültigkeit beanspruchen, wenn für den Beobachter auch äussere Koordinaten zugelassen werden.


Hier ist nur das "demzufolge" falsch, denn deine Gründe stimmen vorn und hinten nicht.
Ansonsten beansprucht niemand für das RP absolute Gültigkeit.

Zitat:

Damit ist aber bereits gesagt, dass es die von theoretischen Physikern angestrebte (absolute) Symmetrie der Speziellen Relativitätstheorie nur im Rahmen der Inertialsystem-Thematik bzw. einer idealen Minkowski-Welt geben kann.


Aua, "von theoretischen Physikern angestrebte (absolute) Symmetrie der Speziellen
Relativitätstheorie". Das ist doch einfach Unsinn hoch drei.


Zitat:

Das Kovarianzprinzip bleibt trotzdem bestehen, wenn man akzeptiert, dass das Bezugssystem der Vakuum-Elektrodynamik ein globales Fundamentalsystem sein muss, welches hinreichend genau durch das CMB-System abgebildet wird.


Das CMB-System stellt ganz sicher nicht das EM-Vakuum dar.

Zitat:

Es ergibt sich zudem von selbst, dass die Messung der Signalgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle in jedem Inertialsystem zu denselben Ergebnissen führen wird, weil sich die Welle im ladungslosen Raum selbst (im Vakuum somit) ausbreitet. An diesem Faktum verändert auch die Relativgeschwindigkeit des Beobachters nichts. Das Vakuum wird aus dieser Sicht zum vollständigen Aetherersatz.


Hat den kleinen Schönheitsfehler, daß "Bewegung relativ zum Vakuum" ein ziemlich sinnloses
Konzept ist, "Bewegung relativ zum Äther" aber nicht. Die Behauptung es handele sich beim
Vakuum um einen relativistischen Äther ist also nur ein rhetorischer Trick.
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Ich



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Beiträge: 624

BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 17:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Erik,

Erik hat Folgendes geschrieben:
Da man in die ART neben Energie und Impuls der Materie auch noch die kosmologische
Konstante einführen kann, ist der Grundzustand mit T_materie =0, nicht unebdingt
Lorentzinvariant, sondern nur der mit T_materie = 0 und Lambda = 0.


Lambda ist ein Vielfaches der Metrik, also auch invariant. Das ist der Witz an dieser Art DE.
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Erik



Anmeldedatum: 28.03.2006
Beiträge: 565

BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo "Ich",

Ich hat Folgendes geschrieben:
Hi Erik,

Erik hat Folgendes geschrieben:
Da man in die ART neben Energie und Impuls der Materie auch noch die kosmologische
Konstante einführen kann, ist der Grundzustand mit T_materie =0, nicht unebdingt
Lorentzinvariant, sondern nur der mit T_materie = 0 und Lambda = 0.


Lambda ist ein Vielfaches der Metrik, also auch invariant. Das ist der Witz an dieser Art DE.


Aber die Lösung g_nm der Einsteingleichungen, für T_materie = 0 und Lambda ungleich null ist nicht lorentz-invariant (im Sinne
\(L g L^{T} = g\), mit \(L\) = Lorentz-Trafo), sondern AFAIR de-Sitter- bzw. Anti-de-Sitter-invariant (je nach
Vorzeichen). Heißt nicht vielmehr, als daß diese Lösung eben nicht den Minkowski-Raum darstellt.
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dhainz



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BeitragVerfasst am: 15.02.2008, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

Hi ich,

1) nun ich hatte zumindest den Eindruck dass du Einsteins Vorgehensweise als "selbstverständlich" ansiehst und dies den anderen zum Vorwurf machst - was du wohl nicht getan hast.
2) Und du glaubst, ich würde es Einstein "verbieten" wollen, dass er so vorgegangen ist wie er es tat - was ich eigentlich auch nicht getan habe.

Aber ich denke, wir sollten uns jetzt von den Missverständnissen weg bewegen und uns auf die wirklich relevanten Fakten beim "Prioritätsstreit" konzentrieren.

Zitat:
Poincaré hat aus der Hilfsvariable immerhin eine falsche Zeit gemacht: das, was rauskommt, wenn jedes IS seine Koordinaten ohne Rücksicht auf die wahren Verhältnisse definiert. Die "wahre Zeit" gibt's nur im Äthersystem.
Damit (also nach Formulierung der LT als Umrechnung zwischen der richtigen und den vielen falschen Zeiten) hat man dieselbe Transformation wie die SRT.


Man kann es nicht besser formulieren. Very Happy

Zitat:
Hier ist es vielleicht gut zu erwähnen, dass Theorien sich nicht nur in Voraussagen und Formeln unterscheiden. Wenn dem so wäre, hätte Einstein in der Tat keine Priorität auf die SRT. Gegenbeispiele:
1. Feen und Elfen liefern gleiche Voraussagen, sind aber nicht gleich mit der Annahme der Kernfusion.
2. Balmer hat die richtigen Formeln im Wasserstoffspektrum entdeckt. Deswegen hat er noch lange nicht Priorität auf das Bohr'sche Atommodell. Balmer kriegt die Reihe nach sich benannt, Bohr das Atommodell. Und genau das ist bei der SRT auch passiert: Lorentz kriegt die Trafo nach sich benannt, Einstein nix - aber immerhin die Anerkennung seiner Priorität auf die SRT.


Gehen wir's durch: (wie gesagt, alle diese Äußerungen wurden von Poincare immer sehr vorsichtig getätigt.)
* Poincare sprach bereits 1898 vom Postulat, die Lichtgeschwindigkeit als konstant anzunehmen und definierte die Gleichzeitigkeit als relativ.
* Poincaré (Dezember 1900) war der Erste, der die operationalistische, in Abwandlungen bis heute gültige Interpretation der Ortszeit im Zusammenhang mit Lichtsignalen angab. Also die Ortszeit als etwas, das man tatsächlich von Uhren ablesen konnte. (Einstein schafft nur das "als ob" in Poincares Darstellung ab, d.h. statt "falsche Zeit" darf man nur noch Zeit sagen, trotzdem spricht man von "Einstein-Synchronisation".)
* Poincaré (September 1904) war der Erste, der das spezielle Relativitätsprinzip in bis heute gültiger Form aussprach. (Bereits 1895 sprach er von der Unmöglichkeit, eine absolute Bewegung relativ zum Äther zu finden.) Er verwendete auch 1905/1906 als erster den Begriff „Postulat der Relativität“.
* Poincare (Juni 1905) benannte die "Lorentz-Transformation" nach Lorentz (obwohl Larmor schneller war), und bemerkte als Erster die Vorteilhaftigkeit, die Lichtgeschwindigkeit als Einheit zu benutzen.
* Poincare (Juni 1905) erkannte die Gruppeneigenschaft der Transformation, aber benannte sie mit "Lorentz-Gruppe" ebenfalls nach Lorentz (aber wenigstens gibt’s die Poincare-Gruppe). Er stellte klar, dass die Transformation für alle räumlichen Rotationen eine Gruppe bildet. (Bei Einstein (Elektrodynamik, S. 906-907) ist nur vom Gruppencharakter bei "Paralleltransformationen" die Rede. )
* Poincare (Juni 1905) war der Erste, der die vollständige Lorentz-kovariante Formulierung der Elektrodynamik vorlegte - trotzdem heißt es "Lorentz-Kovarienz".
* Poincare (Juni 1905) war der Erste (vorher vielleicht noch Lorentz, aber der wich der Gravitation aus) der die Lorentz-Invarianz als Grundbedingung für alle Theorien forderte - etwas das Einstein fälschlicherweise später für sich beanspruchte und als großen "Unterschied" zu Lorentz und Poincaré angab.
* Poincaré (Jänner 1906) bezeichnete als Erster die Transformation als Rotation in einem "vierdimensionalen Raum" und führte dabei die imaginäre Zeitkoordinate ict ein. (So nebenbei, it ohne c wurde schon 1901 von Palagyi verwendet). Minkowski verweist zwar in seinen "Grundgleichungen" auf Poincare, verschweigt jedoch dessen 4D-Ansatz. In "Raum und Zeit" erwähnt Minkowski ihn gar nicht mehr.
* Poincare (Dezember 1900) erkannte die Äquivalenz von "fiktiver" EM-Energie und Masse, ausgedrückt durch m=E/c²). Allerdings konnte er das dabei auftretende Strahlungsparadoxon nicht lösen. Das hat dann tatsächlich Einstein (1905) gelöst und damit die vollständige Äquivalenz bewiesen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier irgendwer die grundlegende Bedeutung dieser Leistungen für die SRT verkennt. Ich bin auch der Meinung, dass sie insgesamt entscheidender waren als Einsteins.

Warum hat sich dann der Name Einsteins (und auch Lorentzs) in diesen Bereichen durchgesetzt? Ich persönlich glaube nicht an "Verschwörungen" wie gewisse französische Autoren (z.b. Leveugle). Ich denke die Antwort ist einfach: Es war großteils Poincares eigene Schuld. Er hatte die komische Eigenschaft, selbst bei eigenen Ideen oft einen anderen als "wahren" Entdecker hinzustellen. In diesem Fall war das Lorentz - so schilderte Poincare seine Interpretation der Ortszeit als wäre es Lorentz Idee gewesen. Lorentz selbst schrieb, dass er für viele EM-Phänomene die Kovarianz wolle, Poincare machte aus dem vielen eine alle, nannte dies das "Postulat der Relativität" und schob diese Aussage wiederum Lorentz zu. Poincare sprach vom "Relativitätsprinzip so wie es Lorentz verstand", aber so eine Prinzip hatten nur Poincare und Einstein ausgesprochen, aber vor 1905 findet sich sowas bei Lorentz nicht. Poincares eigene etwas komplizierte Ansichten zum Äther usw., welche auf seiner konventionalistischen Philosophie beruhten, taten ein Übriges. Jedoch hat Poincare den Namen Einstein im Zusammenhang mit der SRT nie in den Mund genommen, was schon eine Aussage für sich selbst ist.

Zitat:
In dem Zusammenhang bestreite ich gerne, dass jemand die SRT verstehen kann, ohne das Raumzeitkonzept zu verinnerlichen. Vielleicht eine Extradiskussion wert, mit Bezug auf das im Thread mit Jan gesagte.


Dagegen finde ich die lorentzianischen Idee, dass wir alle in einer Art Kristall leben, wo Materie als plastische Deformation auftritt und Inertialsysteme durch die LT verbunden sind, auch ohne "verinnerlichtes" oder "unverstandenes" Raumzeitkonzept eigentlich ganz akzeptabel. Very Happy

Zitat:
Das ist nicht vom Thema abgekommen. Feen und Elfen waren auch vorher. Und für die Trafo selbst wurde Lorentz ja gewürdigt.


Lorentz werde ich mir auch noch vorknöpfen, seine Undankbarkeit gegenüber Poincare schien keine Grenzen zu kennen – mit einer allerdings rühmlichen Ausnahme...Und zu den Feen und Elfen fällt mir nichts mehr ein.

Zitat:
Ja, das tu ich wohl. Da du kaum einen Unterschied zwischen den beiden Theorien siehst, nehme ich an, dass nicht so auf die Raumzeit - das eigentlich neue an der SRT nämlich - stehst und sie ablehnst. Trotz Ablehnung könntest du aber doch den Unterschied honorieren.


Oh, ich "honoriere" sehr wohl (und habe es hier auch geschrieben) dass es einem eminenten interpretatorischen und philosophischen Unterschied zwischen den Theorien gibt. Nur die Erstellung des gesamten Formalismus scheint mir aber gegenüber einer Interpretation von größerer Bedeutung zu sein.

Zitat:
Es geht nicht um die Einfachheit der Gleichungen, wie oben schon angeführt. Die LT wird übrigens auch erst dann einfach, wenn ich den Äther verwerfe. Um dieses "Äther verwerfen" geht es, mit allen Konsequenzen.


Sicher geht es auch darum, aber die erste Aufgabe der Wissenschaft sollte einmal sein, überprüfbare Voraussagen zu machen. Ob diese Voraussage mit oder ohne Äther zustande kommen, ist hier einmal sekundär. Und da diese Voraussagen bei beiden Theorien die selben sind, hat Poincare wegen des Veröffentlichungsdatums gegenüber Einstein die Nase vorn. Wink

mfg
Dietmar
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Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. Friedrich Nietzsche
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Uli



Anmeldedatum: 09.06.2006
Beiträge: 472

BeitragVerfasst am: 16.02.2008, 02:01    Titel: Antworten mit Zitat

Sebastian Hauk hat Folgendes geschrieben:

...
Hallo,

eine möglicher Symmetriebruch des RP durch die SRT hätte bei unserer Geschwindigkeit zum Mikrowellenhintergrund nur sehr geringfügige Auswirkungen. Es wäre hier wichtig zu wissen, ob es jemals experimentell überprüft worden ist, ob die SRT das RP bricht.


Das ist schon eine etwas lustige Idee, Sebastian. Theorien brechen Symmetrien, weil sie so konzipiert wurden. Man konzipiert solche Theorien so, wenn es gute Gründe dafür gibt (Experimente!). Die SRT ist nicht so konzipiert, weil die Empirik in bester Übereinstimmung mit dem Relativitätsprinzip und Lorentz-Invarianz ist.

Sebastian Hauk hat Folgendes geschrieben:


...

Das Higgsfeld bricht irgendeine Symmetrie:

Zitat:
Massenbehaftete Eichbosonen können in der Feldtheorie nur mit Hilfe eines Skalarfeldes beschrieben werden, das den beteiligten Eichbosonen Masse verleiht. In der elektroschwachen Theorie ist dieses Feld das Higgs-Feld (benannt nach P. Higgs). Dabei nimmt man an, dass das skalare Higgs-Feld im frühen Universum nur ein Minimum besaß.

Durch die fortlaufende Abkühlung folgte ein spontaner Symmetriebruch und das Higgs-Feld fiel in ein neues Minimum. Die Eichbosonen der elektroschwachen Wechselwirkung erhalten durch die Ankopplung an das Higgs-Feld endliche Massen. Ein direkter Nachweis des Higgs-Teilchens ist bisher nicht gelungen. Einen Nachweis erhofft man sich ab 2008 von den Experimenten am LHC, dem großen Teilchenbeschleuniger des CERN.


Die Frage wäre welche Symmetrie gebrochen wird.

Gruß

Sebastian


Es geht dabei um die lokale Eichinvarianz der entsprechenden Gruppe; in der elektroschwachen Theorie mit ihrem Higgs ist das die Gruppe SU(2)xU(1).
Hat nicht die Bohne mit Relativitätsprinzip und Lorentz-Invarianz zu tun.

Gruss, Uli
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pauli



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Beiträge: 1551

BeitragVerfasst am: 16.02.2008, 03:43    Titel: Antworten mit Zitat

wow, ein Klasse-Thread!
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pauli is offline Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zeitgenosse



Anmeldedatum: 21.06.2006
Beiträge: 1811

BeitragVerfasst am: 16.02.2008, 14:44    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Joachim:
Es ist eben nicht "in der physikalischen Praxis tagtäglich der Fall", dass man Bewegungen auf den Mikrowellenhintergrund bezieht. Das ist eher eine große Ausnahme. Das Relativitätsprinzip ermöglicht es gerade, beliebige Bezugssysteme zu verwenden. Zumeist ist das ein System, in dem das Labor ruht (Laborsystem).


Soweit völlig einverstanden mit dir. Wenn ich aus pragmatischen Gründen ein Bezugssystem bevorzuge, definiere ich damit oft auch auch ein Fundamentalsystem. Dieses ist dadurch ausgezeichnet, dass es eine verbindliche Koordinatenumgebung mit Zeitskala beinhaltet, worauf die Vorgänge letztlich bezogen werden können. Ich sprach ja nicht nur von einem einzigen Fundamentalsystem, sondern von einem (unter mehreren möglichen). Dieses ist immer dasjenige, das ich aus pragmatischen Gründen als solches auswähle und damit bevorzuge. In einem Teilchenbeschleuniger z.B. wird die Maschine mit Vorteil als ruhend betrachtet und die Teilchenbunches als bewegt; denn es macht meist wenig Sinn, die Bunches als ruhend anzusehen und dafür den Beschleuniger als bewegt (obwohl vom Speziellen Relativitätsprinzip beurteilt beides möglich wäre, man erinnere sich an Einsteins Zugbeispiele). In diesem Sinne wollte ich meine Aeusserungen verstanden wissen.

Ein zweites Beispiel:

Nehmen wir zwei Beobachter mit Uhren an, die nach Einsteins Vorschrift synchronisiert wurden. Die beiden Systeme sollen sich danach mit einer bestimmten Relativgeschwindigkeit diametral voneinander entfernen. Weil die Beschleunigungsphasen identisch verlaufen, können wir sie vernachlässigen. Aufgrund des Relativitätsprinzips kann nun jeder Beobachter von sich mit Fug und Recht behaupten, selbst in Ruhe zu sein, während sich der andere bewege. Das ist auch unmittelbare Konsequenz der durch die Minkowski-Diagramme vermittelten Sichtweise. Aus mathematischer Perspektive ist das selbstverständlich richtig. Gemäss diesem Vorgehen müsste nun die Uhr des einen Systems gegenüber derjenigen des anderen nachgehen und umgekehrt. Das ist eigentlich bereits eine Paradoxie. Beide Beobachter konstatieren sich somit gegenseitig ein Nachgehen der jeweils anderen Uhr. Das ist Ausdruck der Einsteinschen Speziellen Relativität. Nach einer vereinbarten Zeitdauer, die jeder von der eigenen Uhr abliest, werden die Uhren gestoppt und danach zum Vergleich nebeneinander gestellt. Zur Überraschung beider Beobachter zeigen sie nun die genau gleiche Uhrzeit an.

Diese zunächst absurde Situation ist leicht zu enträtseln, wenn man einen dritten Beobachter mit Schiedsrichterfunktion bestimmt, der für seine Aufgabe eine Referenzsystem zur Verfügung hat, in dem er selbst ruht, während die beiden anderen Beobachter sich in diesem Referenzsystem mit einer bestimmten Geschwindigt v1 = v2 in translatorischer Bewegung befinden. Aus Sicht des Schiedsrichters ist nun völlig evident, dass die beiden bewegten Uhren mit genau demselben Maße bezüglich einer ruhenden Referenzuhr nachgehen, so dass am Ende (Uhrenvergleich) keine signifikanten Uhrzeitunterschiede zwischen den beiden Uhren feststellbar sind. Die Einführung eines Fundamentalsystems (das in diesem Fall mit dem Referenzsystem gleichgesetzt wird) macht also durchaus Sinn.

In ähnlicher Weise wird in der Satellitennavigation verfahren, wo das Bodensegment massgebend für die Korrelation der Zeitvergleiche mit dem Raumsegment ist. In ähnlichem Sinne gibt es für die Geodäsie eine Fundamentalstation (Wettzell), und das nicht ohne guten Grund. Zu einem Fundamentalsystem dieser Art gehören eine verbindiche Zeitskala (Weltzeit) sowie ein einheitliches Referenzsystem für die Koordinatenumgebung. Die physikalische Praxis unterscheidet sich somit aus nachvollziehbaren Gründen von der in der theoretischen Physik üblichen Vorgehensweise, welche Koordinatensysteme aus vorwiegend mathematischen Aspekten behandelt.

Gr. zg
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zeitgenosse



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BeitragVerfasst am: 16.02.2008, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Eric
Die Behauptung es handele sich beim Vakuum um einen relativistischen Äther ist also nur ein rhetorischer Trick.


Sag das den lieber den Kollegen Smoot und Laughlin! Das CMB-System ist anstelle eines relativistischen Aethers bzw. des kosmologischen Vakuums ein guter Koordinatenersatz, um die absolute Bewegung eines Himmelskörpers im Raum zu ermitteln. Dass im Lorentz-Vakuum keine dazu geeigneten Bezugssysteme errichtet werden können zwingt uns zu diesem nützlichen Handel. Zweifellos stellt der CMB ein ausgezeichnetes Bezugssystem dar, auf welches sämtliche Bewegungen von Himmelskörpern bezogen werden können. Aber offensichtlich wollen das noch nicht alle wirklich wahrhaben. Kein Wunder, denn nach Einsteins theoretischem Verständnis des Relativitätsprinzips gibt es nur relative Bewegungen. Hierbei muss man sich auch als Physiker eine gewisse geistige Freiheit bewahren, um nicht als engstirniger Fachspezialist zu enden!

Dass man in einem kosmologischen Bezugssystem (in dem die Hintergrundstrahlung nahezu isotrop ist) aufgrund einer bewegungsindizierten Dipolanisotropie aus einer relativen Bewegung eine absolute herleiten kann, konnte Einstein dazumal noch nicht wissen; denn die von Gamow, Alpher und Hermann vorausgesagte thermische Hintergrundstrahlung wurde erst 1965 - und das auch nur zufällig - durch Penzias und Wilson mit einer Hornantenne entdeckt. Diese aus der Materie-Strahlungsentkopplung des frühen Universums stammende Schwarzkörperstrahlung (COBE, WMAP) kommt aus allen Himmelsrichtungen in gleicher Intensität und wird im Rahmen der Standardkosmologie als Relikt des Bigbang gedeutet. Die geringfügigen Temperaturfluktuationen von 1e-5 Kelvin (Sachs-Wolfe-Effekt) ändern nichts an der Tauglichkeit des CMB als Aetherersatzsystem bezüglich einer globalen Koordinatenumgebung.

Aus Sicht eines irdischen Beobachters kann man sich die Strahlung als von einer Kugel kommend, in deren Mittelpunkt wir uns befinden, vorstellen. Diese Kugel stellt einen absoluten Bezugsrahmen für uns dar. In Praxi benutzt man zur Beschreibung das (sphärische) Galaktische Koordinatensystem, dessen Bezugsebene mit der Ebene der Milchstrasse zusammenfällt. Das bedeutet, dass wir eine ermittelbare Geschwindigkeit gegenüber dem Referenzsystem besitzen. Die Relativbewegung der Erde (Surface of last scattering, kosmischer Dipol) von 365 km/s wird damit auch zu einer absoluten Geschwindigkeit der Erde im Weltraum, weil das CMB-System ein verlässlicher Garant für eine universelle homogene Strahlungsverteilung ist, welche jeden Punkt des Universums gleichermassen berührt. Das wird niemand von Vernunft ernsthaft in Abrede stellen.

Weil man die Geschwindigkeitsvektoren Erde zur Sonne (30 km/s) , Sonne zum galaktischen Zentrum (225 km/s) und der Milchstrasse zur lokalen Gruppe (100 km/s) kennt, lässt sich damit auch die Geschwindigkeit der lokalen Gruppe gegenüber dem CMB-System von rund 630 km/s gut abschätzen. Das sprengt nun erwiesenermassen den durch das Galileische als auch Einsteinsche Relativitätsprinzip vorgegebenen Rahmen, wo nur Relativbewegungen zwischen Objekten zulässig sind.

Gr. zg
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