Ist Glas eine Flüssigkeit
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Siggi



Anmeldedatum: 28.01.2007
Beiträge: 23

BeitragVerfasst am: 26.09.2007, 20:34    Titel: Ist Glas eine Flüssigkeit Antworten mit Zitat

Mal eine Frage an die Physiker Gemeinde hier, von verschiedenen Fachleuten bekomme ich zu der Frage ist Glas eine Flüssigkeit verschiedene Antworten, was meint Ihr.

Hier gibt es anscheinend verschiedene Ansichten und ist auch Thema hitziger Debatten in diversen Foren (vor allem auch in Wikipedia)

Interessant zu diesem Thema ist z.B. das ein Glasfachmann mir erzählt hat dass die Kalkatome im Glas (die für die Trübung von älteren Glas verantwortlich sind) im Glas wandern wie in einer Flüssigkeit.

Also kann mir das einer Erklären oder eine verläßliche Quelle nennen.

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M_Hammer_Kruse



Anmeldedatum: 19.02.2006
Beiträge: 1772

BeitragVerfasst am: 26.09.2007, 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Siggi,

Glas ist ein Festkörper. Erst bei passenden Temperaturen wird es flüssig. Aber es ist amorph, nicht kristallin. Das sind die beiden wesentlichen Erscheinungsformen, die es bei Festkörpern vorkommen. Bei kristallinen Stoffen ordnen sich die Atome in einer regelmäßigen Gitterstruktur, eben dem Kristallgitter, an. Bei amorphen Stoffen (amorph = "ohne Gestalt") bilden die Atome ein ungeordnetes Schüttgut. Da hast Du Deine wandernden Kalkatome.

Ein amorpher Stoff verhält sich in mancher Hinsicht wie eine Flüssigkeit. So ist er auch nicht richtig formstabil. Alte Glasscheiben sind unten dicker als oben, sie tropfen gewissermaßen herunter. Deswegen wird Glas auch manchmal als "zähe Flüssigkeit" apostrophiert. Der Streit darum entzündet sich letztlich nur an der Abgrenzung, wo fest aufhört und flüssig anfängt.

Gruß, mike
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Joachim



Anmeldedatum: 20.02.2006
Beiträge: 1714

BeitragVerfasst am: 27.09.2007, 07:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,


Zitat:

M_Hammer_Kruse schrieb am 26.09.2007 21:57 Uhr:
Der Streit darum entzündet sich letztlich nur an der Abgrenzung, wo fest aufhört und flüssig anfängt.




So ist es. Das Problem ist, dass es keinen sichtbaren Phasenübergang zwischen festem und flüssigem Glas gibt. Die schmelze wird immer zähflüssiger und erstarrt bei der Schmelztemperatur so, wie sie gerade ist. Im Gegensatz dazu kristallisieren kristalline Festkörper sichtbar aus. Es gibt jedoch Messungen (ich müsste aber etwas suchen), in denen man auch bei Glas Phasenübergänge festgestellt hat. Ab einer gewissen Temperatur bewegen sich die Moleküle nicht mehr so frei, wie sie das in einer Flüssigkeit können. Die Bindungen werden so stark, dass Bewegungsfreiheitsgrade der Moleküle einfrieren. Solch ein Phasenübergang kann, auch wenn er in der äußeren Erscheinungsform nicht sichtbar ist, als klares Indiz für die Festigkeit des Glases gewertet werden.

Übrigens lassen sich ja auch kristalline Festkörper unter Druck verformen. Die Verformbarkeit selbst ist also kein deutliches Unterscheidungsmerkmal.

Gruß,
Joachim
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Siggi



Anmeldedatum: 28.01.2007
Beiträge: 23

BeitragVerfasst am: 27.09.2007, 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Supi vielen Dank, hat jetzt jemand noch eine Ahnung was beim Glas härten passiert. Dabei erhitzt man das Glas bis zu einer bestimmten Temperatur um es dann recht schnell abzukühlen. Dabei entsteht dann das ESG Glas, welches viel härter als normales float Glas ist aber bei Zerstörung in die berühmten tausend Teile zerfällt.
Würde mich mal interessieren was dabei physikalisch geschieht.

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Martin Raible



Anmeldedatum: 03.10.2006
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 28.09.2007, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

M_Hammer_Kruse schrieb am 26.09.2007 21:57 Uhr:
Ein amorpher Stoff verhält sich in mancher Hinsicht wie eine Flüssigkeit. So ist er auch nicht richtig formstabil. Alte Glasscheiben sind unten dicker als oben, sie tropfen gewissermaßen herunter. Deswegen wird Glas auch manchmal als "zähe Flüssigkeit" apostrophiert. Der Streit darum entzündet sich letztlich nur an der Abgrenzung, wo fest aufhört und flüssig anfängt.

Gruß, mike


Stimmt nicht.
http://www.zeit.de/stimmts/1997/1997_29_stimmts
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RalfP



Anmeldedatum: 23.12.2006
Beiträge: 42

BeitragVerfasst am: 28.09.2007, 07:34    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

Martin Raible schrieb am 28.09.2007 01:35 Uhr:

Zitat:

M_Hammer_Kruse schrieb am 26.09.2007 21:57 Uhr:
Ein amorpher Stoff verhält sich in mancher Hinsicht wie eine Flüssigkeit. So ist er auch nicht richtig formstabil. Alte Glasscheiben sind unten dicker als oben, sie tropfen gewissermaßen herunter. Deswegen wird Glas auch manchmal als "zähe Flüssigkeit" apostrophiert. Der Streit darum entzündet sich letztlich nur an der Abgrenzung, wo fest aufhört und flüssig anfängt.

Gruß, mike


Stimmt nicht.
http://www.zeit.de/stimmts/1997/1997_29_stimmts



Nun eben das ist die Frage, es gibt da im Internet widersprüchliche Aussagen. Aber fundierte Aussagen findet man selten. Bei diesem Artikel sind zum Beispiel keine Quellenangaben gegeben. Auch die Theorie mit den Teleskopen wird kontrovers diskutiert.

Zumal ein Teleskop nicht unbedingt nicht mehr funktionieren würde wenn die Linsen sich mit der Zeit verändern würden, sondern nur an Abbildungsqualität verlieren. So alte Teleskope besaßen sowieso keine gute Abbildungsqualität. Diesen Artikel beäuge ich sehr skeptisch.

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Joachim



Anmeldedatum: 20.02.2006
Beiträge: 1714

BeitragVerfasst am: 28.09.2007, 07:55    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

RalfP schrieb am 28.09.2007 08:34 Uhr:
Diesen Artikel beäuge ich sehr skeptisch.





Na, ich werde mich wohl doch auf die Literatursuche begeben müssen. Meines wissens ist der Arktikel richtig. Die Kirchenfenster sind unten Dicker, weil sie nie wirklich planparallel hergestellt wurden und man die dicke Seite nach unten einbaute. Aber auch ich habe dazu gerade keine Literatur zur Hand und habe mich nur als Student mal für eine Woche damit beschäftigt. Ich werde mich also auf die Literatursuche machen und mich dann wieder melden...

Gruß,
Joachim
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pauli



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Beiträge: 1551

BeitragVerfasst am: 29.09.2007, 00:00    Titel: Antworten mit Zitat

mal was anderes zu Glas:

Hab mich eben gefragt, warum Glas eigentlich durchsichtig ist (für sichtbares Licht) und lese eine recht dürftige Beschreibung bei wikipedia:


Zitat:

Die Transparenz wie auch andere optische Eigenschaften hängen eng mit den elektrischen Eigenschaften eines Materials zusammen. Starke Elektronenbindung innerhalb eines Materials, wie zum Beispiel Glas, erlaubt nicht nur keine Wechselwirkung mit Lichtwellen, sondern bewirkt auch dass Glas nicht elektrisch leitfähig ist, denn um Strom leiten zu können müssen bewegliche Elektronen vorhanden sein.



Was soll denn das bedeuten "Starke Elektronenbindung"? Viele andere Materialien haben doch sicher auch eine starke e-Bindung.
Wasser ist auch durchsichtig, Licht wechselwirkt doch trotzdem damit, sehen wir ja an der Lichtbrechung!?
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Joachim



Anmeldedatum: 20.02.2006
Beiträge: 1714

BeitragVerfasst am: 30.09.2007, 09:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo pauli,


Zitat:

pauli schrieb am 29.09.2007 00:00 Uhr:
Was soll denn das bedeuten "Starke Elektronenbindung"? Viele andere Materialien haben doch sicher auch eine starke e-Bindung.
Wasser ist auch durchsichtig, Licht wechselwirkt doch trotzdem damit, sehen wir ja an der Lichtbrechung!?



Bei der Transparenz kommt es nicht auf die Bindung der Atome untereinander, sondern auf die Bindung der Elektronen an ihrem Ort an. In dem Sinne ist Elektronenbindung vielleicht etwas irreführend.

Bei Isolatoren wie Glas oder Wasser befinden sich die Elektronen in ihrem Grundzustand, der nur wenig polarisierbar ist und schwer in einen höheren Zustand angeregt werden kann. Genauer: Der nächst höhere Zustand braucht zur Anregung eine Photonenenergie, die höher ist als die des sichtbaren Lichtes. Damit können sichtbare Photonen nicht absorbiert werden. Und der Körper ist entweder durchsichtig oder 'milchig'. Sowohl Glas als auch Wassermoleküle lassen sich erst mit UV-Licht anregen. Dort haben sie Absorptionslinien.

Bei Metallen liegen dagegen mit Elektronen besetzte und unbesetzte Zustände dicht an dicht. Photonen der Wärmestrahlung reichen aus um einige Elektronen anzuheben. Zudem sind die Elektronen-Zustände nicht an oder zwischen den Atomen lokalisiert, sondern über das ganze Metall verteilt. Dadurch kommt entsteht die Leitfähigkeit. Weil beim Metall jedes Photon absorbiert werden kann, reflektieren Metalloberflächen nie 100% des Lichtes, sondern absorbieren immer ein wenig. (Bei gut polierten Silberspiegeln ist das zum Glück sehr wenig.)

Hieraus kann man übrigens auch lernen, dass man die geringere Lichtgeschwindigkeit in Medien eben nicht durch wiederholte Absorption und Reemission beschreiben kann. Aber das ist ein anderes Thema...

Gruss,
Joachim
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pauli



Anmeldedatum: 13.06.2007
Beiträge: 1551

BeitragVerfasst am: 30.09.2007, 16:14    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

Bei Isolatoren wie Glas oder Wasser befinden sich die Elektronen in ihrem Grundzustand, der nur wenig polarisierbar ist und schwer in einen höheren Zustand angeregt werden kann. Genauer: Der nächst höhere Zustand braucht zur Anregung eine Photonenenergie, die höher ist als die des sichtbaren Lichtes.


hi Joachim,

danke für die Details, diese Erklärung kann ich nachvollziehen, man vergisst irgendwie regelmäßig, das mit Licht auch andere nicht sichtbare em-Wellen gemeint sein könnten.

Aber mit Wasser als Isolator hast du dich vertan, oder?


Zitat:

Hieraus kann man übrigens auch lernen, dass man die geringere Lichtgeschwindigkeit in Medien eben nicht durch wiederholte Absorption und Reemission beschreiben kann. Aber das ist ein anderes Thema...


Dazu gab es bei quanten.de neulich eine große Diskussion, die glaube ich (wie leider sehr häufig) ohne Ergebnis ausgegangen ist
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Siggi



Anmeldedatum: 28.01.2007
Beiträge: 23

BeitragVerfasst am: 30.09.2007, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:



Aber mit Wasser als Isolator hast du dich vertan, oder?





Nein! Hat er nicht, reines Wasser (also destiliertes Wasser) leitet den elektrischen Strom nicht.
Bedenke das Wasser welches wir aus dem Hahn kennen ist eine Lösung aus Wasser und verschiedenen Salzen. Erst diese machen Wasser leitend.




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Joachim



Anmeldedatum: 20.02.2006
Beiträge: 1714

BeitragVerfasst am: 30.09.2007, 16:34    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

Siggi schrieb am 30.09.2007 16:21 Uhr:

Nein! Hat er nicht, reines Wasser (also destiliertes Wasser) leitet den elektrischen Strom nicht.
Bedenke das Wasser welches wir aus dem Hahn kennen ist eine Lösung aus Wasser und verschiedenen Salzen. Erst diese machen Wasser leitend.





Yep. Und auch dieses salzige Wasser ist durchsichtig, weil die Elektronen stark gebunden sind. Wir haben es da mit Ionenleitung zu tun, nicht mit Elektronenleitung. Elektronenleiter sind nie durchsichtig.

Gruß,
Joachim
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pauli



Anmeldedatum: 13.06.2007
Beiträge: 1551

BeitragVerfasst am: 30.09.2007, 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist also nicht das eigentliche Wasser, welches Strom leitet sondern das im natürlichen Wasser mitgeführte andere "Zeugs", wieder was gelernt Smile bzw. bestimmt schonmal gelernt aber irgendwo zu tief vergraben
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Joachim



Anmeldedatum: 20.02.2006
Beiträge: 1714

BeitragVerfasst am: 05.10.2007, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

weil ich in naher Zukunft wohl doch nicht dazu komme, den Glasübergang zu studieren, möchte ich zumindest darauf hinweisen, dass der englische Wikipediaartikel dazu sehr gut ist und auch weiterführende Literatur anbietet:
http://en.wikipedia.org/wiki/Glass_transition_temperature

Glas kennt also durchaus einen Übergang von flüssig zu fest.

Gruß,
Joachim

Gruß,
Joachim
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yoshi



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Beiträge: 18
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BeitragVerfasst am: 05.10.2007, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat


Zitat:

Siggi schrieb am 30.09.2007 17:21 Uhr:

Zitat:



Aber mit Wasser als Isolator hast du dich vertan, oder?





Nein! Hat er nicht, reines Wasser (also destiliertes Wasser) leitet den elektrischen Strom nicht.
Bedenke das Wasser welches wir aus dem Hahn kennen ist eine Lösung aus Wasser und verschiedenen Salzen. Erst diese machen Wasser leitend.









Hallo,
sind nicht auch in destiliertem Wasser H3O+ bzw. HO- Ionen?


mfg
Yoshi
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