Challenger – Space Shuttle down
Am Freitag jährte sich zum 25. Mal die „Challenger Katastrophe“. Am 28. Januar 1986 zerbrach das Space Shuttle der NASA 73 Sekunden nach dem Start von Cape Canaveral. Alle sieben Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben. Der Untergang der Challenger war nicht nur ein verheerender Schlag für das Raumfahrtprogramm der USA, sondern entwickelte sich auch zu einem nationalen Trauma Amerikas angesichts der ebenfalls an der technologischen Front zugespitzten Konfrontation mit der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten. Die Bilder der sich in Staub und kondensierendem Treibstoff auflösenden Weltraumfähre prägten sich in das kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation ein. Siebzehn Jahre später setzte die Zerstörung des Space Shuttle Columbia unter veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen eine weitere Zäsur für die bemannte Weltraumfahrt.
Der Verlust der beiden Weltraumfähren hatte nahezu banale technische Ursachen, die allerdings nur in einem komplexen Umfeld zur Katastrophe führen konnten. Als die Challenger auseinandergerissen wurde, war ein simpler Dichtungsring zwischen den Segmenten der Feststoffbooster bei den tiefen Aussentemperaturen im Januar 1986 nicht mehr in der Lage, seine Aufgabe zu erfüllen. An dieser Stelle austretende Verbrennungsgase zerstörten die Befestigung des Boosters mit dem externen grossen Treibstofftank des Shuttles. Die Feststoffraketete riss den Aussentank auf und kollidierte mit dem Raumfahrzeug.
Die mechanischen Kräfte, die dabei auftraten, überforderten alle technischen Auslegungen und führten zur Desintegration des Gesamtsystems. Die relativ stabile Mannschaftskabine überstand das Zerbrechen des Shuttle relativ intakt, ging in eine freie Parabelbahn über und zerschellte schliesslich beim Aufprall auf dem Atlantischen Ozean. Die Untersuchung der vom damaligen Präsidenten Ronald Reagan eingesetzten Rogers Commission ergab, dass zumindest einige der Astronauten bis zu diesem Zeitpunkt noch am Leben waren. Die Schäden der auf dem Wasser des Ozeans aufgeschlagenen Kabine haben aber alle Rekonstruktionsversuche dieser letzten Phase zunichte gemacht.
Im Jahr 2003 schaffte es die Columbia nicht mehr zurück zur Erde, weil ein abfallender Brocken aus Isolierschaum während des Starts die thermische Isolierung des Deltaflügels so beschädigte, dass beim Wiedereintritt des Shuttles in die Atmosphäre aufgeheiztes Plasma die innere Struktur des Raumgleiters zerstörte. Auch Columbia wurde von den aerodynamischen Kräften mechanisch zerrissen.
Anders als beim Verlust der Challenger wurde auch die Mannschaftskabine der Columbia zerstört und dekromprimiert. Die siebenköpfige Mannschaft wurde noch im Flug getötet. Die CAIB Commission stellte neben der Aufklärung über die technischen Ursachen ebenso wie die Rogers Commission fatale Fehler im Management der NASA fest. Die „Columbia Katastrophe“ war Anlass, das Shuttle-Programm auslaufen zu lassen. Für das Jahr 2011 sind die letzten Starts der Weltraumfähren geplant.
Der Ex-Science-Blogger Alexander Stirn hat jüngst in der Süddeutschen Zeitung sein Fazit über das misslungene Projekt der „Space Shuttles“ aufgeschrieben. Auf seinem Blog noch mit kräftigeren Worten.
Jedes Mal, wenn ich die Geschichte der Challenger aufschreibe (wie aktuell für die Süddeutsche Zeitung), überkommt mich wieder eine unbändige Wut. Eine Wut, weil das Unglück, weil der Tod der sieben Menschen an Bord, so leicht zu vermeiden gewesen wäre.
Die Shuttles waren die Realisierung eines Raumfahrtskonzepts, das je nach Interessenlage seine Mission, Rechtfertigung und Finazierung suchte. Das Trägerkonzept war bis zum Ende der neunziger Jahre jedoch nie Bestandteil eines konsistenten Programms für die Erforschung des Weltraums. Erst mit der nach dem „Kalten Krieg“ politisch gewünschten und beschlossenen internationalen Zusammenarbeit im Weltraum, die zur Installierung der International Space Station (ISS) führte, bekamen die amerikanischen Weltraumfähren ihre wirkliche Bestimmung. Sie sind die Arbeitspferde beim Aufbau des übernationalen menschlichen Aussenpostens im erdnahen Orbit. Diese Aufgabe wird in diesem Jahr abgeschlossen und die Shuttle-Flotte der USA nach 30 Jahren im Dienst eingemottet werden. Ab nächstem Jahr werden die westlichen Industriegesellschaften bis auf weiteres keinen eigenen bemannten Zugang in erdnahe Orbits und darüber hinaus haben. Nach dem Amtsantritt von Präsident Obama haben die USA ihr Weltraumprogramm grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt. Der nächste amerikanische Astronaut, der von amerikanischem Boden startet, wird das, so der politische Wille, als Ticket für einen privaten Raumflug bestellen. Diese durchaus gewagte Richtungsentscheidung wird bei Gelingen eine ähnliche Revolution wie bei der Etablierung der privatwirtschaftlichen Luftfahrt auslösen. Die Entscheidung Obamas zieht damit mit der Praxis gleich, die weltweit bereits für unbemannte Satellitenstarts gilt und kann bei Überwindung der wichtigsten Blockaden einen neuen Schub auslösen, der mit dem „Apollo“-Programm vergleichbar ist.
Soweit die rationale Aufarbeitung und Erinnerung. Die „Challenger Katastrophe“ und die „Columbia Katastrophe“ haben aber auch zu düsteren irrationalen Interpretationen und Verwertungen geführt. Unsere Kollegen bei Crank Dot Net haben diverse Verschwörungstheorien um den Untergang der beiden Shuttles erfasst und an den Pranger gestellt. Es gab nicht nur die biblisch beseelten Idioten, die letzte gläubige Funksprüche der Challenger Besatzung aufgefangen haben wollten. Schlimmer war es noch bei der Columbia. Die Anwesenheit des ersten israelischen Astronauten Ilan Ramon liessen die Verschwörungstheorien nicht abbrechen. Ob „inside job“, „Tesla Todesstrahlen“ oder banaler Terrorakt. Die kollektive Irrationalität macht vor nichts halt.
Gedenken wir einfach der Toten, die in der Arbeit für die bemannte Raumfahrt ihr Leben liessen.
- Diskutiere über die „Challenger Katastrophe“ im Forum Alpha Centauri!
RelativKritisch E-Edition
Als ePub herunterladen 286Die Artikel von RelativKritisch gibt es auch als E-Book im ePub-Format zum kostenlosen Download!
Laßt sie, die Verschwörungstheoretiker wollen auch ihren Lebensinhalt haben. Aber die Frage, warum man diesen Kapseln mit den Astronauten nicht wenigstens die Eigenschaften eines brandsicheren Schleudersitzes konstruktiv mitgeben konnte, das hat mit der Wertschätzung der NASA für ihre besten und mutigsten Leute zu tun und rein gar nichts mit Verschwörung.
Diese Katastrophe kann man nicht vergessen. Die Aufarbeitung bezüglich der Ursachen hatte aber etwas besonderes an sich, soweit ich mich noch erinnere.
Richard P. Feynman, Nobelpreisträger Physik, hatte die Ehre oder das Pech, dass man ihn als neutralen Ermittler auswählte.
Dieser Mann scheute niemand und hat deutlich und unmissverständlich die technische Ursache aufgezeigt (Dichtungsringe aus Gummi, die bei tiefen Temperaturen spröde und undicht werden). Schlimm ist, dass Verantwortliche der NASA diesen Sachverhalt gemäß vorliegenden Berichten der Techniker hätten wissen müssen, jedoch der Start dennoch plangemäß erfolgte.
Feynman hat nachträglich erkannt, dass er benutzt wurde etwas zu sagen, was die Verantwortlichen Manager bereits vor dem Start wussten. Er hat darüber darüber geschrieben, wie er hereingelegt wurde. Die ganze Sache hat ihm so zugesetzt, dass es bald mit seiner Gesundheit zu Ende ging und er viel zu jung an einem Krebsleiden verstarb.
Ein Mensch seines Kalibers ist unersetzlich.
Sagt man grundlos, dass man die Gunst der Mächtigen scheuen sollte?
[…] von Nutzlast noch die ursprünglich geplanten Startsequenzen erreicht. Dazu haben auch die beiden Totalverluste der Orbiter „Challenger“ und „Columbia“ mit 14 toten Astronautinnen und Astronauten beigetragen. In Folge dieser beiden Katastrophen […]
[…] zu Ende. Es war, wie man weiss, letztendlich zu teuer, zu komplex und zu unsicher, wie die Tragödien der Shuttles „Challenger“ und „Columbia“ demonstrierten. Ein Nachfolgeprogramm, das Amerika einen autonomen bemannten Zugang zum All […]
[…] hat sich der von Carolin ausgegrabene neue Astroblog Astroholls Blog weiter entwickelt. Neben RelativKritisch und Alexander Stirn ist Manfred Holl einer der wenigen Blogger, die 25 Jahre nach der […]