Ekkehard Friebe und sein Unsinn mit dem Gravitationsgesetz
Friebe-Unsinn, Folge 1: Im Juni berichtete RelativKritisch ausführlich zu den pseudowissenschaftlichen Aktivitäten von Ekkehard Friebe. Unter Anderem, dass er in seinem Unverständnis von Physik die wesentlichsten ihrer Theorien für falsch hält. Auch Newtons Gravitationstheorie. Sein alternatives Erklärungsmodell für die Gravitationstheorie hat Unterhaltungswert. Nur mit Physik hat es nichts zu tun. Beim Stöbern im Internet ist nun ein Augenzeugenbericht aufgetaucht, der Friebes ruhmlosen Auftritt am 26. März 1998 bei der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) in Regensburg schildert. So skurril kann Pseudowissenschaft sein.
Zehn Jahre zuvor eröffnete der Ingenieur Harry Kretzschmar am 22. April 1988 den „Ersten internationalen Kongreß für Relativität und Gravitation“ in München mit den Worten:
Aus Sicht der Schulwissenschaft sind alle hier anwesenden Wissenschaftler, und teilweise auch im Publikum sitzende Gäste, Spinner, weil sie unser heutiges Weltbild in Frage stellen wollen. Ein Anliegen von uns ist es, daß die Wissenschaft wieder versucht, etwas intensiver an unserem Weltbild zu arbeiten. Wir wollen versuchen, hier einen gewissen neuen Weg zu wählen. Deshalb wollen wir diesen Kongreß veranstalten, um der Wissenschaft neue Impulse zu geben, neue Anregungen, denn die Probleme, die wir heute haben, sind ja gerade ausreichend genug und man muss endlich wieder einmal aus dem Dornröschenschlaf der Wissenschaft aufwachen und neue Wege gehen. Wenn wir die Probleme der Zukunft lösen wollen, dann können wir nicht den alten Stiefel wie bisher weiter machen, sondern dann muß es wirklich möglich sein, mit der Wissenschaft ins Gespräch zu kommen um unsere Lebensqualität zu verbessern.
Pseudowissenschaftler unter sich und auch Ekkehard Friebe war mit dabei. Ein Schwerpunkt war die Newtonsche Gravitationstheorie. Ganze elf Referate präsentierten „progressive Ideen auf dem Gebiet der Gravitation“. Doch der von den Pseudowissenschaftlern ersehnte Erfolg blieb aus. Sowohl die Medien als auch die Wissenschaft zeigten keinerlei Interesse. Friebe beklagte die Ignoranz der Journalisten, obwohl „auf diesem Kongreß ganz wesentliche Erkenntnisse diskutiert wurden, die einer sensationshungrigen Presse genügend Zündstoff geliefert hätten.“ Er selbst war vom Kongress begeistert und inspiriert. Bereits ein Jahr später präsentierte er auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1989 eine erste „Widerlegung“ der Newtonschen Gravitationstheorie. Bis ins Jahr 2004 veröffentlichte Friebe sechs weitere abenteuerliche Hypothesen zur Gravitation. Eine skurriler als die andere und allesamt purer physikalischer Unsinn. Richtig unterhaltsam werden Friebes Spinnereien als er 1994 über das Buch „Ein Ball mit Drall – Unterhaltsame Experimente aus Spektrum der Wissenschaft“ von Jearl Walker stolperte (Fischer Taschenbuchverlag, 1990). Ab diesem Moment war Friebe felsenfest davon überzeugt, dass die krummen Umlaufbahnen der Himmelskörper nicht durch die Gravitation verursacht werden, sondern durch ihre eigene Rotation, also ihrem Drehimpuls. Schliesslich beschreibt ein Billardball mit Drall am Billardtisch auch keine gerade Bahn. Dass es Friebes Hypothese mit dem Drall zufolge im Alltag höchst verwunderliche Effekte geben müsste, störte Friebe nicht. Es gäbe keine Jahreszeiten, da eine zur Ekliptik geneigte Erdachse nicht möglich wäre. Die Erdanziehung würde nicht zum Erdmittelpunkt sondern normal zur Erdachse gerichtet sein und wäre in ihrer Stärke und Richtung relativ zur Erdoberfläche extrem vom Breitengrad abhängig. Im hohen Norden und im tiefen Süden würde der Boden steil in Richtung des Äquators ansteigen. Und man wäre in der Nähe der Pole viel leichter als am Äquator oder würde gar in den Himmel schweben. Die Begründung warum die retrograd rotierenden Planeten Venus, Uranus und Pluto (er gilt als Zwergplanet) aus der Sicht des nördlichen Pols der Ekliptik trotzdem gegen den Uhrzeigersinn die Sonne umlaufen, bleibt Friebe mit seiner wilden Spekulation komplett schuldig.
Friebe war von der Richtigkeit seiner „Erkenntnis“ überzeugt und trug seine Drallhypothese 1998 anlässlich der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Regensburg am 26. März nach 1996 unbeeindruckt schon zum zweiten Mal vor. Ein Besucher lieferte von der nachfolgenden Diskussion einen aufschlussreichen Augenzeugenbericht:
Friebe, Friebe…?
Ach ja: Der Knabe, der seit zehn Jahren (oder sogar länger?) rumläuft und behauptet, Newtons erstes Axiom(*) sei verkehrt.
Ich hatte mal die Gelegenheit, mir den Mann live[1] anzugucken – ein unvergessliches Erlebnis!
Da kamen dann so tiefgründige Einsichten wie die, dass die scheinbare „Schwerkraft“, die die Planeten ausüben, ja auf dem Verhältnis von Bahnexzentrizität und Eigendrehimpuls beruhen würden und so weiter.
Ich stahl mich während des Vortrages aus dem Saal, suchte unter Mitwirkung einer ortskundigen Studentin die Bibliothek auf, welche glücklicherweise ein passendes Tafelwerk enthielt und konfrontierte den Referenten – ich kam gerade recht zur Fragerunde nach dem Vortrag – mit dem Ergebnis einiger überschlägiger Rechnungen, die klar zeigten, dass seine Behauptungen in krassem Gegensatz zu den allenthalben zugänglichen himmelsmechanischen Eckdaten stehen. Wie er sich diese erklären würde und ob er denn vergleichbare Rechnungen denn auch schon angestellt hätte, wollte ich wissen.
„Nein, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste…“ erwiderte man mir.
Zweite Frage: Wenn man die einzelnen Effekte, die der gute Mann da postulierte, geschickt kombiniert, kommt heraus, dass man das Gewicht eines Objektes reduzieren kann, indem man es in Rotation versetzt. Ich fragte, ob dieser Effekt denn schon mal beobachtet worden sei: Welche Größenordnung hat er? Zeigt schon ein Kreisel auf der Küchenwaage entsprechende Tendenzen, oder muss es schon eine rotierende Rakete auf dem Starttisch sein? Was ist mit Satelliten, die ja – aus Stabilitätsgründen – oft eine Eigendrehung verliehen bekommen? Wären seine Theorien richtig, könnte es messbare Bahnabweichungen geben, die zweifellos bemerkt werden würden.
Nein, experimentelle Befunde dazu gäbe es ebenso wenig wie numerische Abschätzungen über die Größe des zu erwartenden Effekts.
Starke Theorie, kann ich da nur sagen.
Völlig ins Off katapultierte Friebe sich aber, als er darüber räsonierte, dass es ja sehr wohl Luftfahrzeuge gäbe, die durch Rotation schweben würden.
Wer jetzt glaubt, der Referent hätte auf das – hinkende – Beispiel des Helikopters verwiesen, irrt.
Es kam allen Ernstes der Satz: „Zum Beispiel UFOs! “
Alle Schranken fielen. Das Auditorium fiel erbarmungslos und mit allerlei messerscharfen Fragen im Anschlag über den armen Friebe her, bis der Chairman ein Einsehen hatte und den nächsten Referenten aufrief.
Seitdem bin ich etwas skeptisch, wenn ich etwas von ihm und seiner Truppe höre.
Natürlich: Solche Veranstaltungen wie die Tagung damals sind ganz gut geeignet, um dem akademischen Nachwuchs zu zeigen, wie die wissenschaftliche Selbstreinigung funktioniert. Immerhin waren unter den Fragestellern damals auch Hauptstudiumskandidaten ohne Diplom, die merkten, dass auch die Alten (und Friebe war schon damals im Ruhestand!) auch nur mit Wasser kochen und dass dieses im Einzelfalle ungenießbar ist. Nur, weil jemand beim Deutschen Patentamt gearbeitet hat, muss das, was er sagt, nicht richtig sein: Die Qualität einer Idee – oder eben das Fehlen einer solchen – ist das, was zählt.
Und in dem Punkt konnten Friebe et. al. damals ganz und gar nicht punkten.[1] Ekkehard Friebe, Deutsches Patentamt: „Das 1. Axiom Newtons – Ursache der weltweiten Krise der Physik“, Tagungsbeitrag DD 16.3 auf der Frühjahrstagung der DPG in Regensburg am 26. März 1998
(*) Ihr erinnert Euch: „Jeder kräftefreie Körper ruht oder bewegt sich geradlinig gleichförmig.“
Wahrlich ein unvergessliches Erlebnis. Als wäre der Unsinn mit dem Drehimpuls noch nicht lächerlich genug, beruft sich der pensionierte Regierungsdirektor auch noch auf UFOs als „Beweis“ für seine Spinnerei. Etwa um 2004 bringt Friebe seine „Neue Sicht der Gravitation“ mit einem Rechenmodell zum vorläufigen Abschluss. Dieses Modell besagt in einem Satz gefasst: „Nimmt man an, dass sich die Himmelskörper auf Kreisbahnen bewegen, dann bewegen sich die Himmelskörper auf Kreisbahnen.“ Sogar ein selbst verfasstes QBasic-Simulationsprogramm für Kreisbahnen fügt er bei. Mit diesem peinlichen Unsinn kann Friebe wahrlich nicht punkten. Mehr als acht Jahre lang hat sich Friebe mit dem Thema Gravitation befasst ohne auch nur ansatzweise seinen skurrilen Standpunkt aufgrund der offensichtlichen Widersprüche anzupassen. Ob Sturheit, Frechheit oder Unfähigkeit die Gründe dafür sein mögen, Friebe sieht seine Aufgabe darin, zu informieren, nicht zu diskutieren. Der letzte Vortrag Friebes bei einer Veranstaltung der DPG datiert auf das Jahr 2007 zurück. Sehr zur vermutlichen Erleichterung der Organisatoren ist er wohl schon zu betagt um sich mit öffentlichen Referaten weiterhin zu blamieren.
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Heute auf TELEPOLIS http://www.heise.de/tp/artikel/38/38273/1.html der 2.Teil einer interessanten Trilogie u.a. zu den „Erfolgen“ von Friebe, Unzicker und co. mit Hinweis auf die fatalen Folgen von Holzwegbüchern für die Bildung, dafür zwischendurch Lob für relativ-kritisch. Lohnt sich also auch 2013ff.