„Spektr-R“ – Blick aufs Schwarze Loch
In der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, startete am 18. Juli vom Weltraumbahnhof Baikonur um 6:31 Ortszeit eine russische Zenit-3F ins All. Als Nutzlast trug die Rakete das zusammengefaltete Radioteleskop „Spektr-R“, das Astronomen in den nächsten fünf bis zehn Jahren ungekannt scharfe Beobachtungen naher und ferner Himmelskörper und physikalischer Prozesse im Universum erlauben wird. Erstmals besteht auch die Chance, Schwarze Löcher, die ultimativen Grenzzustände der Astrophysik direkt abzubilden.
Die Projektidee von „RadioAstron“ ist mehr als dreissig Jahre alt, verzögerte sich jedoch immer wieder durch technische Probleme und wurde durch den Zerfall der Sowjetunion völlig ausgebremst. Nach der Reorganisation der staatlichen und wissenschaftlichen Institutionen wurde das Projekt in das Raumfahrtprogramm für 2006 – 2015 der zivilen russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos erneut aktiviert.
Auch im letzten Anlauf verschob sich der Start noch einmal vom November 2009 um beinahe zwei Jahre. Grund dafür war die Erprobung des neuen „Navigator“ bus, der Versorgungs- und Steuerungeinheit, die aus elementaren Kostengründen für Spektr-R verwendet und zunächst mit dem Wettersatelliten „Elektro-L 1“ erprobt werden sollte.
Hauptinstrument von „Spektr-R“ ist eine entfaltbare 10 m Antenne, die für den Frequenzbereich von 18 bis 25 GHz ausgelegt ist. Das Teleskop wird die Erde mit einem Perigäum zwischen 400 – 65.000 km und einem Apogäum zwischen 265.000 und 390.000 km in einem stark elliptischen Orbit umfliegen, dessen entfernteste Punkte weit hinter der Mondbahn liegen. Und das macht diese im Vergleich zu irdischen Radioteleskopen deutlich kleinere Antenne wirklich interessant. „Spektr-R“ soll nämlich mit einigen Anlagen auf dem Erdboden zu einem Interferometer zusammengeschaltet werden.
Dieses in der Radioastronomie seit vielen Jahren erprobte Verfahren ermöglicht es, mit mehreren kleinen Teleskopen den Durchmesser einer Antenne zu simulieren, der dem Abstand der einzelnen Komponenten entspricht. „Spektr-R“ wird den Astronomem im internationalen „RadioAstron“-Verbund demnach ein Interferometer mit einer Basislänge von bis zu 390.000 km zur Verfügung stehen. Diese riesige Antenne wird in der Lage sein, eine Winkelauflösung zwischen 10 und 7,1 Mikrobogensekunden zu erreichen. Das ist eine etwa 10.000fach bessere Auflösung als beim „Hubble Space Telescope“ im optischen Bereich.
Mit „Spektr-R“, das vom legendären „Konstruktionsbüros Lawotschkin“ entworfen und gebaut wurde, werden die bislang grössten interferometrischen Zusammenschlüsse weit übertroffen. Bestehende irdische Anlagen wie das „Very Large Array“ (VLA), das Very Long Baseline Array (VLBA) oder das Low Frequency Array (LOFAR), die alle nach dem Standard des Very Long Baseline Interferometry (VLBI) funktionieren, sind schlicht durch die verfügbaren Flächen und letztlich den Durchmesser der Erde limitiert. Mit der Konstruktion dieses neuen VLBA unter Einschluss einer im Weltraum installierten Antenne geraten Details astrophysikalischer Ereignisse in Reichweite, deren Beobachtung bisher nur in eingeschränkterer Qualität möglich war. Zu den Aufgaben dieses neuen Teleskopverbunds zählen nach der Projektbeschreibung des federführenden Astro Space Center (ASC) des P.N. Lebedev Physikalischen Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften:
- A study of the central engine of Active Galactic Nuclei (AGN) close to the
events’horizon of the supermassiveblackhole, via their structure and emitting
nuclearregions dynamics, and, also, their spectra, polarization and variability.- Parameters of the cosmological model, dark matter and dark energy in the
Universe determined by means of the redshiftdependence of the AGN para-
meters, and, also, by effects of gravitational lensing.- Structure and dynamics of the star formation regions by the maser and
megamaserspectral line emission.- A structure of the star mass black holes, neutron and possible quark stars in
our Galaxy (particularly, by the “interstellar interferometer”method), and
determination oftheir proper motions and parallaxes.- Structure and distribution of the interplanetary and interstellar matter by the
investigation of fluctuations of the visibility function scintillation of pulsars.- Construction of a high precision celestial coordinate frame.
- Development of a high precision model of the Earth gravitation field, and
General Relativity tests by means of the precision redshiftmeasurements.
Eine der auch für die Öffentlichkeit faszinierendsten Ausblicke stellt der Blick auf die gigantischen Schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien dar. Auch wenn „RadioAstron“ das Schwarze Loch selbst nicht beobachten kann, wird es möglicherweise die Ereignisse direkt am Ereignishorizont messen und abbilden können! Als erstes wird „Spektr-R“ die riesige eliptische Galaxie M 87 im Virgo-Cluster unter Beobachtung nehmen. Eine Woche nach dem Start hat „Spektr-R“ seine Antenne erfolgreich entfaltet. Als erste irdische Partnerteleskope werden das 100-Meter-Radioteleskop bei Effelsberg und das 305-Meter-Radioteleskop in Arecibo in den Interferometerverbund zugeschaltet werden.
„Spektr-R“ ist nicht der erste Anlauf zum Aufbau eines Interferometer unter Einschluss eines Weltraumteleskops. Bereits von 1997 bis 2005 lieferte die japanische Mission „HALCA/MUSES-B“ Beobachtungen und Erfahrungen, allerdings auf einer deutlich geringeren Baseline. Japan plant mit „ASTRO-G“ ein zweites Projekt dieser Kategorie. Mit „Spektr-R“ kehrt Russland in die zivile Weltraumforschung jenseits seines Engagements bei Aufbau und Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS) in die erste Liga der Weltraumnationen zurück. Das nächste spektakuläre Projekt ist „Fobos-Grunt“, eine Landemission zum Marsmond Phobos, die Gesteinsproben zur Erde zurückbringen soll und als erster menschlicher Aussenposten auf dem Mond eines anderen Planeten einen weiteren Meilenstein der Raumfahrt dokumentieren wird.
Es werden noch einige Monate für Checks und Tests vergehen, aber dann … niemand hat bisher die story von „Spektr-R“ besser erzählt als Ethan Siegel auf seinem Blog „Starts With A Bang“: We’re going to see a black hole!!! Schaut rein!
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„Jetzt wurden Radioteleskope in Deutschland, Russland und der Ukraine erstmals mit dem russischen Weltraumteleskop Spektr-R zusammengeschaltet.“
Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie via astronews.com
Gut so ein grosse Baseline. 30 mahl die maximale Erdische Baseline. Wie corrigiert mann fur Anderung der Baseline bei so ein elliptische Bahn?
Gruss Janm
Erdische Grosse Baseline gerate ruhen; wass sind mogliche effecte durch relativgeschwindigkeit und -bescheunigung von telescopen zur Spectr-R?
Drs. J.L.J> Meijer, rein rechnerische, die man in der Astronomie aus dem Effeff beherrscht. Denken sie nur an die Beobachtung von Millisekundenpulsaren. Ich bin mir aber sicher, dass es besonders grenzwertigen Einsteingegnern wie ihnen an dem verstandesmässigen Zugang fehlt, solche rein technischen Aspekte einfach zu respektieren
Grüsse galileo2609
Hallo Galileo2609
Astronomie effeff? Du solltest mein buch lesen uber Cosmologie, Zeit usw.
Ich habe mehr uhren auf universitat studiert an Astronomie als an mathematic vielleicht.
Gruss Janm
Weil’s gerade in der Selektion aufschien.
Hat nach 2 Jahren +1 Tag mal wer was Neues über die Messungen gehört?
Oder schläft das Unterfangen so vor sich hin – Senf
Radioastron hat mit der Beteiligung von 25 Radioteleskopen den „Auswurf“ des SL 3C84 in NGC 1275 (elliptisch), entfernt 222 Mio Lj (Perseus), abgebildet.
Es wurde eine Auflösung von 0,04 Lj erreicht mit Abbildung der Jets.
http://www.asc.rssi.ru/radioastron/news/newsl/en/newsl_29_en.pdf