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Wolfgang Engelhardt und sein Unsinn mit der Potentialtheorie

von Redaktion am 15. September 2013

Engelhardt-Unsinn, Folge 2: Die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) ist Wolfgang Engelhardt ein Dorn im Auge. Sein Angriff auf die SRT und deren angebliche Widerlegung mit Hilfe des Sagnac-Effekts wurde bei RelativKritisch bereits analysiert (siehe „Wolfgang Engelhardt und sein Unsinn über das GPS und die SRT“). In den Kommentarbereichen zu diesem Artikel und zu dem vorgängigen Gastbeitrag von Engelhardt wurde dazu ausführlich diskutiert. Engelhardts Artikel über den Sagnac-Effekt ist nicht sein einziger Versuch, Albert Einstein zu beschädigen. Im Mai 2013, rechtzeitig zum 20. Jahrestreffen der „Natural Philosophy Alliance“[1], reichte er dort eine überarbeitete Version seines Werks „Potential Theory of Classical Electrodynamics“[2] ([Eng13]) ein. Wohl wissend, dass die Elektrodynamik die Grundlage der SRT ist, behauptet Engelhardt, dass die Elektrodynamik widersprüchlich und die Potentialtheorie falsch sei. Sind damit mehr als 200 Jahre Elektrotechnik und Elektronik auf der Müllhalde der Geschichte zu entsorgen? Doch keine Angst, unsere Smartphones und Pads haben den Unsinn von Wolfgang Engelhardt längst durchschaut und funktionieren wie eh und je.

Wolfgang Engelhardt legt sich ins Zeug

Wolfgang Engelhardt legt sich mächtig ins Zeug, um Einsteins Spezielle Relativitätstheorie zu diffamieren. Hier bei einer Tagung des aufgelösten Vereins „Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Physik“ (GFWP) – Credit: Edition MAHAG, Graz 2007

Die Geschichte der Potentialtheorie reicht bis zur Geburtsstunde der Elektrodynamik zurück. Der französische Physiker und Mathematiker Siméon Denis Poisson löste bereits 1812 mit der nach ihm benannten Poisson-Gleichung und mit Hilfe des skalaren Potentials Aufgaben der Elektrostatik. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Potentialtheorie parallel zur Entwicklung der Elektrodynamik verfeinert. Im Jahr 1862 vollendete der schottische Physiker James Clerk Maxwell mit seinen berühmten Maxwell-Gleichungen das theoretische Gebäude der Elektrodynamik. Das skalare Potential war zwischenzeitlich durch das Vektorpotential ergänzt worden. Beide finden sich auch bei Maxwell. Zu diesem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass diese Potentiale nicht eindeutig sind, obwohl sie eindeutige Lösungen der elektromagnetischen Felder beschreiben. Maxwell erwähnt das 1865 und verwendet eine Form des Vektorpotentials, die als „Vektorpotential schlechthin“ bezeichnet wird. Im Jahr 1867 zeigt der dänischel Physiker Ludvig Valentin Lorenz (nicht zu verwechseln mit Hendrik Antoon Lorentz), wie das Vektorpotentials mit dem skalaren Potential zusammen hängen. Der deutsche Physiker Hermann Weyl führte 1929 erstmals den Begriff der „Eichinvarianz“ („Gauge invariance“) für die Freiheiten zur Bestimmung der Potentiale ein. Die Potentiale sind reine mathematische Hilfsmittel, denn messbar sind nur die elektromagnetischen Felder. Daher stört die Eichinvarianz der Potentiale nicht und schmälert keineswegs ihren Nutzen für die Elektrodynamik. Im Gegenteil, die bahnbrechenden Erfolge der Elektrodynamik, aber auch der Quantenmechanik und Quantenelektrodynamik begründen sich nicht zuletzt auf die Potentialtheorie.

Wolfgang Engelhardt behauptet nun, dass die Potentiale der Elektrodynamik nicht eichinvariant sind. Entgegen der Auffassung der Physiker seit 200 Jahren. Er begründet das damit, dass die Maxwellschen Gleichungen für die Durchflutung und für die Influenz widersprüchlich sind. Was von dieser Behauptung zu halten ist, zeigt der folgende RelativKritisch Faktencheck. Nämlich nichts. Unsinn ist und bleibt Unsinn, egal wie wortreich und mit wie vielen mathematischen Formeln gespickt er daher kommt.

Faktencheck

Behauptung 1:

FalschEs gibt in der wissenschaftlichen Literatur keinen Nachweis, dass die Eichtransformation des Vektorpotentials brauchbar ist und zu eindeutigen Lösungen des elektrischen und magnetischen Feldes führt. (Kap. 1, S. 1, letzter Absatz).

Die Literatur ist voll von Nachweisen, dass die Eichtransformation des Vektorpotentials brauchbar ist und zu eindeutigen Lösungen des elektromagnetischen Feldes führt. Von den bekannten Physikern sind beispielhaft zu nennen: Lorenz [Lor67], Lorentz [Lor04] und Weyl [Wey29]. Auch in jedem guten Fachbuch zur klassischen Elektrodynamik findet sich der Nachweis (z. B. [Jac62], S. 179 – 183).

Behauptung 2:

FalschDie folgende Gleichung soll nach Wolfgang Engelhardt eine Wellengleichung für U sein:

\displaystyle\Delta U-\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2 U}{\partial t^2}=\chi+\frac{1}{c}\frac{\partial\phi_2}{\partial t}. (16)

Gleichung (16) ist keine Wellengleichung. Setzt man die Annahmen \nabla\cdot\vec{A}=\chi und die Gleichungen (8) und (14) ein, erhält man

\displaystyle-\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2 U}{\partial t^2}=\nabla\cdot\vec{A}_1+\frac{1}{c}\frac{\partial\phi_2}{\partial t}. (i)

Das ist keine Wellengleichung für U und Gleichung (17) ist keine Lösung von (16). Alle daraus abgeleiteten Folgerungen in Kapitel 2 sind somit falsch.

Die Konstruktion der Gleichung (16) zeigt exemplarisch den grundlegenden Fehler, der sich durch den ganzen Aufsatz „Potential Theory of Classical Electrodynamics“ zieht. Es werden durch neu eingeführte Variablen Poisson- und Wellengleichung gebastelt, die keine sind, da die Quellterme von der gesuchten Lösung abhängen. Auch im Kapitel 3 findet sich dieser Fehler.

Behauptung 3:

FalschNach Wolfgang Engelhardt soll die folgende Gleichung eine Wellengleichung für \phi_L(\vec{x},t)-\phi_C(\vec{x},t) sein:

\displaystyle\Delta\left(\phi_L(\vec{x},t)-\phi_C(\vec{x},t)\right)=\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2 \phi_L}{\partial t^2}. (28)

Gleichung (28) ist keine Wellengleichung, da der Quellterm \frac{1}{c^2}\frac{\partial^2 \phi_L}{\partial t^2} von der gesuchten Lösung \phi_L(\vec{x},t)-\phi_C(\vec{x},t) abhängt.

Behauptung 4:

FalschNach Wolfgang Engelhardt soll die Gleichung

\displaystyle\vec{B}=\frac{1}{4\pi c}\int_V\mathrm{d}^3 x^{\,\prime}\left(4\pi\vec{J}+\frac{\partial\vec{E}}{\partial t}\right)\times\frac{\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}}{|\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}|^3}  (39)

eine Lösung des Maxwellschen Durchflutungssatzes

\displaystyle\nabla\times\vec{B}=\frac{4\pi}{c}\vec{J}+\frac{1}{c}\frac{\partial\vec{E}}{\partial t}  (ii)

sein.

Gleichung (39) ist keine Lösung des Maxwellschen Durchflutungssatzes. Mit den Potentialen \vec{A} und \phi werden die Felder bestimmt mit

\displaystyle\vec{B}=\nabla\times\vec{A},\quad\vec{E}=-\nabla\phi-\frac{1}{c}\frac{\partial\vec{A}}{\partial t}  (1)

In der Magnetostatik lautet der Durchflutungssatz (ii)

\displaystyle\nabla\times\vec{B}=\frac{4\pi}{c}\vec{J}  . (iii)

Setzt man \vec{B}=\nabla\times\vec{A} ein, folgt

\displaystyle\nabla\times(\nabla\times\vec{A})=\nabla(\nabla\cdot\vec{A})-\Delta\vec{A}=\frac{4\pi}{c}\vec{J}  (iv)

und weiter mit der Coulomb-Eichung \nabla\cdot\vec{A}=0

\displaystyle\Delta\vec{A}=-\frac{4\pi}{c}\vec{J}  . (v)

Die Lösung für diese Poissongleichung lautet

\displaystyle\vec{A}=\frac{1}{c}\int_V\frac{\vec{J}(\vec{x}^{\,\prime})}{|\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}|}\mathrm{d}^3 x^{\,\prime}  (vi)

und mit \vec{B}=\nabla\times\vec{A}

\displaystyle\vec{B}=\nabla_{\vec{x}}\times\frac{1}{c}\int_V\frac{\vec{J}(\vec{x}^{\,\prime})}{|\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}|}\mathrm{d}^3 x^{\,\prime}=\frac{1}{c}\int_V\left[\vec{J}(\vec{x}^{\,\prime})\times\frac{\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}}{|\vec{x}-\vec{x}^{\,\prime}|^3}\right]\mathrm{d}^3 x^{\,\prime}  (vii)

Die nur für die Magnetostatik gültige Gleichung (vii) wird von Engelhardt einfach erweitert und er ersetzt nun den statischen Term \vec{J}(\vec{x}^{\,\prime}) durch den zeitabhängigen Term

\displaystyle\vec{C}(\vec{x}^{\,\prime},t)=\vec{J}(\vec{x}^{\,\prime},t)+\frac{1}{4\pi}\frac{\partial\vec{E}(\vec{x}^{\,\prime},t)}{\partial t}.

Diese Erweiterung auf den dynamischen Fall ist jedoch falsch. Wie man in (1) sieht hängt \vec{E} von \partial\vec{A}/\partial t ab. Damit ist (v) keine Poissongleichung mehr, da der neue Quellterm -(4\pi/c)\vec{J}-(1/c)(\partial\vec{E}/\partial t) von der gesuchten Lösung \vec{A} abhängt.

Rechnet man richtig, erhält man für \vec{A} (mit der Lorenz-Eichung) die Wellengleichung

\displaystyle\Delta\vec{A}-\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2\vec{A}}{\partial t^2}=-\frac{4\pi}{c}\vec{J}  . (viii)

für die (vi) keine Lösung und damit auch (vii) ungültig ist.

Zusammenfassung

Der Faktencheck umfasst die vier wesentlichsten falschen Behauptungen, keineswegs alle. Engelhardt verfolgt mit seinem Pamphlet „Potential Theory of Classical Electrodynamics“ einzig den Zweck, der Maxwellschen Elektrodynamik eine Inkonsistenz anzuhängen, die es nicht gibt. Dafür ist ihm das hanebüchenste „Malen nach Zahlen“ gerade gut genug. Natürlich mit dem Ziel, der Speziellen Relativitätstheorie die Grundlage zu entziehen. Die pure Physikpolemik eines Cranks.

  • Diskutiere mit anderen Benutzern über Wolfgang Engelhardt und sein Unsinn mit der Potentialtheorie im Forum Alpha Centauri

Anmerkungen

Literatur

[Eng13] Engelhardt, W., Potential Theory in Classical Electrodynamics, Version 2, arXiv preprints, 2012. http://arxiv.org/abs/1209.3449 (eingesehen am 9. August 2013)

[Lor04] Lorentz, H. A., Weiterbildung der Maxwellischen Theorie.
Elektronentheorie,
Encykl. Math. Wissen., Band V:2, Heft 1, Vol. 14,
p. 145-280 1904

[Lor67] Lorenz, L. V., Ueber die Identität der Schwingungen des Lichts mit den elektrischen Strömen, Ann. der Physik und Chemie, Vol. 131, p. 243-263, 1867

[Jac62] Jackson, J. D., Classical Electrodynamics, Wiley&Sons, p. 179-183, 1962

[Wey29] Weyl, H., Elektron und Gravitation, Zeit. für Physik, Vol. 56, p. 330-352, 1929

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151 Kommentare |
 
  1. #151 | Karl | 23. Oktober 2013, 10:02

    Da Herr Engelhardt zu seinen unbrauchbaren Ausführungen nichts mehr beizutragen hat und ansonsten zum Thema alles gesagt ist, wird diese Kommentarsektion hiermit geschlossen.

    Diesen Kommentar: Zitieren

Kommentare sind geschlossen.