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Offener Brief an Dipl.-Ing. Norbert Derksen

von Hans Deyssenroth am 3. Juni 2012

Sehr geehrter Herr Derksen,

ich fordere Sie hiermit auf, die ausgelobten 10 000 € herauszurücken, allerdings nicht an mich, sondern als Spende an die Tierheime in Ihrer Umgebung.

Den Beweis für die Transitivität der Lorentztransformation versuche ich so zu gestalten, dass vom Prinzip her auch Nichtmathematiker ihn verstehen können.

Was bedeutet die Aussage, eine Relation oder eine mathematische Operation (Transformation) sei transitiv? Hier drei Beispiele, bei denen die Transitivitätsbedingung erfüllt ist:

Beispiel 1: Wenn 5 > 3 und 9 > 5, dann ist auch 9 > 3

Beispiel 2: Wenn 5 + 3 = 8 und 8 + 4 = 12 ist, dann ist auch 5 + (3+4) = 5 + 7 = 12

Beispiel 3: Wenn 5*2 = 10 und 10*2 = 20 ist, dann ist auch 5*(2*2) = 5*4 = 20

In den Beispielen 2 und 3 werden mathematische Operationen durchgeführt, die in der geometrischen Bedeutung Transformationen sind, nämlich eine Verschiebung um insgesamt 7 und eine Streckung um insgesamt 4 Einheiten.

Man sieht, dass eine zweimalige gleichartige mathematische Operation (mit Übernahme des ersten Resultats in die zweite Operation), oder Hintereinanderausführung einer Transformation in diesen Fällen zum gleichen Resultat führt, wie die dritte direkte Transformation des ersten Elements mit den zusammengesetzten Transformationsparametern (hier 3+4 und 2*2). Es genügt daher, das Resultat der Hintereinanderausführung der Transformation in die dritte Transformation einzusetzen, um die Transitivität zu erhalten. Entscheidend ist, dass dabei die gleiche mathematische Relation verwendet wird.

Eine solche Beziehung nennt man transitiv. Allgemein: Wenn aRb und bRc => aRc, wobei R eine Beziehung oder mathematische Operation oder Transformation bedeutet.

Beim Beispiel 2 erkennt man, dass man in der dritten Transformation beliebige Werte addieren kann, wodurch zwar die mathematische Relation gewährleistet ist. Aber nur eine dieser Transformationen ist transitiv, nämlich diejenige, bei der das Resultat der dritten Transformation mit der Hintereinanderausführung der Einzeltransformationen (mit 3 und 4) identisch ist. Trotzdem genügt diese Ausnahme für die allgemeine Feststellung, dass diese Relation transitiv ist.

In Bezug auf zwei Geraden und somit auch für Geschwindigkeitsvektoren gibt es sowieso die Transitivitätsregel: Wenn eine Gerade von A nach B führt und eine andere Gerade von B nach C führt, so gibt es immer eine Gerade, die von A nach C führt. Dies gilt natürlich auch für den Minkowski-Raum, mit dem die Effekte der Lorentztransformation grafisch dargestellt werden können.

Bei der Lorentztransformation wird in einem ersten Schritt eine Größe (z.B. Masse, Zeitdauer, Frequenz, Länge …) mit dem Ausdruck √(1 – ß12) transformiert, wobei ß1 = v1/c und v1 die erste relative Geschwindigkeit eines beobachteten Objekts B zu einem per Definition ruhenden Beobachter A sei. Nun setzt man in einem zweiten Schritt einen Beobachter B auf dieses Objekt und lässt ihn diese Größe bei einem zweiten Objekt C beobachten, das sich relativ zu ihm mit der Geschwindigkeit v2 bewegt. Aus Sicht des zweiten Beobachters B, der sich in Ruhe wähnt, ergibt sich daraus die Transformation mit der √(1 – ß22) . Nun stellt sich die Frage: gibt es eine Transformation direkt vom ersten Beobachter A in Bezug auf das Objekt C, also mit der √(1 – ß32), die zum gleichen Ergebnis führt wie die Hintereinanderausführung der Transformation mit ß1 und ß2? Wenn ja, dann ist diese Transformation transitiv. Die Antwort lautet ja, und ß3 setzt sich aus ß2 und ß1 folgendermaßen zusammen:

ß3 = (ß1 + ß2) / (1 + ß1ß2).

Wenn man c herauskürzt, bekommt man übrigens die Formel für die relativistische Geschwindigkeitsaddition. Dieses Resultat ergibt sich aus einer Matrizenmultiplikation bei der Hintereinanderausführung der Lorentztransformation, deren akribisch berechneten Details, in dem Skriptum der Uni Stuttgart zur Speziellen Relativitätstheorie auf Seite 9 nachvollzogen werden können:

http://itp1.uni-stuttgart.de/lehre/vorlesungen/rela1/ss2007/Rela1.pdf

Die Lorentztransformation, soweit sie Einstein für die SRT verwendet hat, ist also transitiv, q.e.d.!

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Geschwindigkeiten kollinear sind oder nicht, weil die korrekte Matrix-Multiplikation auch unterschiedliche Geschwindigkeitsrichtungen berücksichtigt. Es genügt also im Falle der Lorentztransformation das Resultat der Hintereinanderausführung dieser Transformation in die dritte Transformation von A nach C einzusetzen, um die Transitivität zu erhalten. Wenn Sie bei der dritten Transformation Matrixelemente nach Ihren Regeln wählen, wird es verständlich, warum Sie zu einem anderen Resultat gelangen. Aber im Beispiel 2 kann ich auch nicht willkürliche Werte in die dritte Transformation einsetzen, sondern es braucht hier, um die Transitivitätsregel zu erfüllen, das Resultat 7 aus der Hintereinanderausführung der Verschiebungs-Transformation. Bei der Lorentztransformation muss ebenso jeweils so transformiert werden, dass sich das transformierte Element vom nicht transformierten Element um den Faktor 1 / √(1 – ß2) unterscheidet. Bei der Hintereinanderausführung der Lorentztransformation ist dies der Fall.

Der Grund für die ungewöhnliche Zusammensetzung von ß1 und ß2 bei ß3 liegt darin, dass es sich hier um relative Geschwindigkeiten handelt, bei der sich der Beobachter bewegen kann, obwohl er für diese Transformation per Definition als ruhend erklärt wird, und weil die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht oder Schall endlich ist. Man darf hier nicht die ‚absoluten‘ relativ zum Medium auftretenden Geschwindigkeiten einsetzen, wie sie z.B. beim Schall vorkommen.

Bei der Umsetzung dieser Transformation in die grafische Darstellung im Minkowski-Raum wird auch klar, wo Ihr Fehler liegen mag. Im transformierten Raum sind nämlich die Koordinaten schiefwinklig. Für die direkte Transformation von A nach C muss man den schiefen Winkel des Koordinatensystems kennen, das sich mit dem Außenwinkel ß3 für die Raum- und Zeitachsen von den anderen Koordinatensystemen unterscheidet. Zur Erfüllung der Transitivitätsbedingung braucht es also die Kenntnis dieses Winkels, um die Koordinaten des Objekts C berechnen zu können. Siehe Abbildung 1. Die Winkel ß werden typischerweise beim Tangens Hyperbolicus verwendet.

Minkowski Diagramm

Abbildung 1

Ich bitte um die Veröffentlichung der Spendenquittungen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans Deyssenroth

deyssenroth@t-online.de

Dieser Gastbeitrag wurde frendlicher Weise von Hans Deyssenroth zur Verfügung gestellt. Er gibt die Meinung des Autors wieder. Diese muss nicht mit der Meinung von RelativKritisch übereinstimmen.
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